Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
sind die meisten ausgebildet, viele haben an der WHU in
Vallendar studiert und dazu Auslandserfahrung gesammelt, oft in den USA. Auch
Kemper hat an der WHU studiert, drei Jahrgänge über denen der Gründer.
Was macht das Arbeiten bei Zalando aus? »Wir mögen hier keine
Statussymbole. Ich sitze nicht in einem Chefbüro, sondern inmitten meiner
Leute. Zu Beginn habe ich alle sechs Monate den Raum gewechselt, um alle
Kollegen kennenzulernen«, sagt Kemper. Auch die Geschäftsführer haben keine
eigenen Büros, sondern ein großes, gemeinsames. Zusammen mit den
Assistentinnen.
Freiraum und Entwicklungschancen für die Mitarbeiter gehörten
zu den wesentlichen Motivationsinstrumenten hier, sagt der Finanzmann. »Wir
wollen jungen Leuten die Möglichkeit geben, sich freizuschwimmen und
Verantwortung zu übernehmen.« Das hört man bei Zalando oft. Ob es wirklich so
ist, können wohl nur die Mitarbeiter beurteilen. »Wir haben Spaß an der Arbeit
und daran, morgens herzukommen in diese dynamische Atmosphäre. Und das haben
unsere Mitarbeiter auch«, behauptet Rubin Ritter.(Gespräch 15.01.13, WamS)
Der Bedarf an neuen, hungrigen Leuten ist groß, aber das
Angebot ist es auch: »Wir bekommen sehr viele Bewerbungen. Unser Onlineshop ist
24 Stunden an sieben Tagen in der Woche geöffnet, zwischen Nordnorwegen und
Süditalien, für viele Hundert Millionen Kunden. Das kann kein stationärer Laden
bieten«, sagt Robert Gentz (Gespräch 15.01.13, WamS). Und das macht Zalando als
Arbeitgeber hoch attraktiv. In jungen Jahren bei einem solchen Projekt dabei zu
sein, das ist doch was. Zudem macht sich die Station gut im Lebenslauf eines
jeden, der im Konsum Karriere machen will.
»Was wir hier aufbauen, soll nachhaltig sein und auch noch in
zwei, fünf oder mehr Jahren funktionieren«, behauptet Kommunikator Radke. Er
spricht von einer »offenen Kultur« und das sei eben gerade »keine
Militarisierung der Organisationskultur«. Die wird Amazon immer mal wieder
nachgesagt.
Die Belegschaft wird nicht nur größer, sie verändert sich auch
in ihrer Struktur. Denn genau wie das Unternehmen werden die Mitarbeiter immer
erwachsener. Sie bekommen Kinder, nehmen Erziehungsurlaub, kaufen Wohnungen
oder bauen Häuser, werden gesetzter. Und das ist eine ganz neue Erfahrung für
ein junges Unternehmen in einer Szene, in der der Wechsel und die Veränderung
bisher die Konstante ist. Aber jetzt beginnen immer mehr Mitarbeiter, in
Zalando eine Perspektive für die nächsten Jahre zu sehen. Andere dagegen wollen
lieber weg und noch einmal etwas Neues probieren – vielleicht sogar ein eigenes
Start-up.
Mancher in der alten Handelswelt missversteht das als
Job-Hopping oder Unzufriedenheit mit dem Arbeitgeber. Berater Hafner dagegen
sieht darin eine kulturelle Eigenart der Start-up-Szene: »Die Leute bleiben für
ein, zwei oder drei Jahre in einem jungen Unternehmen. Wenn sie dann hipp
bleiben wollen, ziehen sie weiter und suchen neue Herausforderungen bei ganz
kleinen, sehr jungen Firmen mit einer vielversprechenden Idee. Da sucht keiner
seine Stelle auf Lebenszeit.«
Die gewachsene Komplexität und die Größe von Zalando erfordert
aber inzwischen zugleich mehr Mitarbeiter mit klassischem Werdegang, vor allem bei
den klassischen Backup-Funktionen. Etwa im Beritt des Finanzvorstandes. »Wir
müssen einen Spagat bei der Mitarbeitersuche machen«, sagt Kemper. »Zum einen
brauchen wir die jungen Wilden, die experimentierfreudig sind. Bei Logistik,
Einkauf oder Recht aber brauchen wir Leute, die Erfahrung mitbringen. Sie
müssen aber dennoch in unser junges Team passen und hungrig sein. Die
klassische Dienstwagenkultur hilft uns nicht weiter«, sagt Kemper. »Natürlich
schauen wir uns sehr genau an, was die Leute vorher gemacht haben, aber in
erster Linie müssen sie zu unserer Unternehmenskultur passen. Und das ist nicht
immer einfach, das ist oft eine Gratwanderung.«
Was das konkret bedeutet? »Derjenige der den Ansatz hat ›Das
habe ich schon immer so gemacht!‹ ist wahrscheinlich nicht der Richtige für
uns. Es sind nicht immer die Standardlösungen, die für uns passen«, meint der
Finanzmann. Später sagt er: »Wir brauchen Leute, die sich ihre kindliche
Neugierde erhalten haben.«
Accenture Berater Hiemeyer sieht es ähnlich. Erfolgreiche
Onlineunternehmen lebten von ihrer Schnelligkeit und Innovationskraft und vom
Einsatz der neuesten Technologie. »Dafür braucht man sogenannte ›Digital
Natives‹ und eine entsprechende
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