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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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stecken mussten.
Denn wir konnten nur das anbieten, was wir zuvor eingekauft hatten. Aber wir
hatten bis dahin offenbar bewiesen, dass wir ein System skalieren konnten«,
glaubt Gentz.
    Aber um den Markt aufzurollen, brauchten sie sehr viel mehr
Geld, um sehr viel mehr Ware für ihren virtuellen Schuhladen zu beschaffen. Und
sie mussten investieren, um alle Systeme und Prozesse so gut wie möglich auf
den zu erwartenden Umsatzanstieg vorzubereiten. Sie mussten zudem ein größeres
Managementteam aufbauen. Denn mit zwei Gründern an der Spitze, die alles wissen
müssen und sich im Zweifel um alles kümmern und alles entscheiden, würde es mit
dem Marktführer-Anspruch nicht mehr gehen, das wäre zu wenig. Also war klar:
»Um unser Ziel zu erreichen, brauchten wir zu dem Zeitpunkt erst einmal weitere
Investoren«, erinnert sich Gentz.
    Die Aufgabe, sie zu besorgen, übernahm vor allem Oliver Samwer.
Und der Geldbesorger hatte Erfolg – ausgerechnet bei Karl-Erivan W. Haub, dem
Chef des über 140 Jahre alten Handelsunternehmens Tengelmann in Mülheim/Ruhr,
das bisher weitgehend an seinen Läden hing und nicht als herausragend
internetaffin galt. Den Haubs gehörten nicht nur die Supermarktkette
Kaiser’s/Tengelmann, sondern auch eine große Beteiligung an Obi als
Deutschlands größtem Baumarkt sowie Anteile am Textildiscounter KiK, an der
Ein-Euro-Kette TeDi sowie zahlreiche Einzelhandelsimmobilien. Klassischer
Handel also, wenig oder gar kein Online-Geschäft.
    Haub hatte gerade nach einem heftigen Bieterduell zwischen
Edeka und Rewe seine Discounterkette »Plus« – damals die Nummer drei hinter
Aldi und Lidl – an Edeka verkauft. Nur plus.de , die Onlinesparte, hatte er
behalten. Die Milliardäre aus Mülheim wurden durch diesen spektakulären Deal
noch reicher. Samwer hatte Haub angerufen, den er bei einem Vortrag an der WHU
kennengelernt hatte, nd ihn gefragt, ob er nicht bei ihm in einen jungen, aber
ambitionierten Online-Schuhhändler investieren und eine Firma für seine Kinder
aufbauen wollte (mehr dazu im zweiten Kapitel).
    Die Firma Tengelmann war es, laut eigener Angaben, gewesen, die
in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts als erster Händler aus den USA die
Idee eines Selbstbedienungsladens nach Deutschland, nämlich nach München,
gebracht hatte. Den aktuellen Evolutionssprung vom stationären Handel zum
Onlinehandel vergleichen viele Branchenexperten in ihrer Bedeutung und im
Ausmaß der Veränderung des Einkaufsverhaltens der Kunden mit der damaligen
Entwicklung vom Geschäft mit Tresen und Bedienung zum Selbstbedienungs-Supermarkt.
Ob Haub es seinen Vorgängern in puncto Innovationsbereitschaft jetzt, Ende
2009, gleichtun wollte?
    Tatsächlich sagte Haub bei Samwer zu, »weil er wohl ebenfalls
die Grundüberzeugung hatte, dass die Zukunft des Handels Online sein würde«, meint
Gentz. Haub stand auch hinter dem Konzept, das Sortiment von Schuhen auf Mode
auszuweiten. Im Textilhandel kannte er sich durch seine KiK-Beteiligung ja aus.
    Zum ersten Mal investierte damit ein erfahrener Händler in
großem Umfang bei Zalando. Das war etwas Neues, denn bisher hatten sich mit
Rocket Internet und Holtzbrinck Ventures nur typische Internet-Investoren
finanziell am Schuhgeschäft für das 21. Jahrhundert beteiligt. Kurz vor
Weihnachten hatte Haub unterschrieben. »Das war ein tolles Signal für uns als
Start-up im Handel und für alle, die uns beobachteten. Wir haben uns in den
Weihnachtsurlaub verabschiedet, mit dem Gefühl: Jetzt geht es richtig los mit
Zalando«, sagt Gentz. Denn Haub investierte richtig viel Geld: mehrere
Millionen Euro.
    Nach dem Beschluss ein paar Wochen zuvor, das Unternehmen
richtig groß zu machen, war der Einstieg von Haub wohl so etwas wie der
entscheidende »Zalando-Moment«. Der Augenblick, in dem in Gedanken und
Businessplänen tatsächlich jenes Unternehmen entstand, über das bald alle reden
würden. Gentz und Schneider sollten nun unter Beweis stellen, dass sie Pläne
und Beschlüsse ähnlich schnell, konsequent und effektiv umsetzen können wie die
Samwer-Brothers. Gentz tat, was er überhaupt am liebsten tut: Systeme »skalieren«,
also ausrollen. Allen voran die IT, das Marketing und nicht zuletzt das bisher
noch sehr spärlich besetzte Management.
    Zalando musste angesichts der neuen, überaus ehrgeizigen Ziele
jetzt auf ganz neue Füße gestellt werden. Damit organisierten Gentz und
Schneider faktisch bereits das vierte Unternehmen innerhalb von knapp drei
Jahren:

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