Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
sagen können, was sie gerade bestellt haben. Bestellen
Kunden oft bei mehreren Online-Händlern, sind sie oft tatsächlich freudig
überrascht über das, was der DHL- oder Hermes-Mann dann bringt. Obwohl sie
genau dieses Paar Schuhe oder diese Hose erst wenige Tage zuvor ausgewählt und
bestellt hatten. Keine Sorge also, liebe Leserin oder lieber Leser, wenn Sie
diese Symptome an sich beobachten: Sie sind ganz normal, Sie leiden nicht an
digitaler Demenz!
Der »Schrei vor Glück«, der maßgeblich zur Image- und
Markenbildung von Zalando beigetragen hat, scheint selbst seine Schöpfer noch
zu begeistern. »Zalando ist pures Konsumentenglück. Frech, unberechenbar und
aufregend, wie Mode idealerweise ist«, frohlockt Dörte Spengler-Ahrens von der
Hamburger Werbeagentur Jung von Matt, die sich schon den Slogan »Geiz ist geil«
der Elektronikhandelskette Saturn ausgedacht hat. »Der Schrei wurde Kult und
die Marke zur Kultmarke im Fashion Retail!« (Quelle: http://etailment.de/thema/e-commerce/mehr-als-kreischalarm-die-erfolgsrezeptur-von-zalando-1104 09.05.2013). Der verwirrte Mann im Kleiderschrank, der
angezogene Zalando-Bote auf dem FKK-Campingpatz, die Langhans-WG oder die
männlichen Zalando-Kunden in der Kneipe, die sich nicht sprechend, sondern nur
brummend verständigen, diese Spots kennt in der Zielgruppe wirklich jeder.
Dass Werbeleute ihre eigenen Ideen gerne zu »Kults« erklären,
ist nun nichts Besonderes. Bei Zalando und dem Schrei ist diese Kategorisierung
aber durchaus treffend. Dass Fans ständig Ideen für neue Spots an das
Unternehmen schicken, auch dass die Reklame bei Facebook gerne persifliert
wird, passt da gut ins Bild. Ebenso wie die Szenen bei der Eröffnung des
Outlets in Berlin, als so viele Kundinnen in den Ladenhüter-Laden wollten, dass
seither nur noch Einlass bekommt, wer sich zuvor über die Homepage eine Art
Mitgliedsausweis besorgt hat. Anzeichen eines solchen Kult-Status sind auch andere
Aktionen, die mit dem Verstand von erwachsenen Menschen nur schwer zu erklären
sind. Wie beim beim Weihnachtsmann-Hype von 2012: Nachdem der oben schon
angesprochene Jahresend-Werbespot ein paar Male im Fernsehen gelaufen war,
entstand – mutmaßlich auf Facebook – die Idee, den Generationenwechsel im
Bescherungsmanagement in Schokolade zu gießen und in buntes Papier zu
verpacken. Und tatsächlich gab es plötzlich die Figur eines
Schokoladen-Weihnachtsmannes in Gestalt des Zalando-Paketboten! Zunächst allerdings
gab es nur sehr wenige davon tatsächlich, dafür aber eine stets wachsende
Fangemeinde im Internet, die sich rege über ihr Verlangen nach den
Schoko-Zalando-Männern austauschte: »Ich brauche welche!!! Mein Mann ist
Postbote und das ist das beste Geschenk, was man ihm machen könnte«, schrieb
etwa »Petra« am 16. November 2012 unter http://www.wuestenigel.com/2012/11/16/wo-kann-man-den-zalando-schokomann-kaufen/ .
»Mein Mann besteht auf dem Zalando-Weihnachtsboten aus Schokolade. Ist das
einzige, was er sich zu Weihnachten wünscht«, verrät »Britta«. Und »Icke« weiß
bereits: »Wird es bald bei Kaiser’s und Tengelmann geben«. Nur blöd für
»Sonja«: »Ich wohne in der Nähe von Bamberg in Bayern und bei uns gibt es im
Umkreis von 180 km keinen Tengelmann. Toll!« Ein Zalando-Mitarbeiter teilt mit,
dass er bereits bei der Geschäftsführung nachgefragt habe. »Sobald ich weitere
Infos habe, kann ich ja Bescheid geben.
Und obwohl es am Geschmack des schokoladenen Zalando-Mannes
durchaus Kritik gab, verkaufte Kaiser’s/Tengelmann, die Supermarktkette von
Zalando-Investor Haub, rund 200 000 dieser Figuren. Auf der Zalando-Seite gab
es zudem welche zu gewinnen. Und noch lange nach dem Fest schien es einen Markt
dafür zu geben: »Ich hab noch welche«, schrieb »jonas« am 25. Januar 2013 auf wuestenigel.com .
»Einfach per Mail melden. Ich verschicke ihn für vier Euro plus Porto«. So
irrational das auch alles erscheinen mag, so gnadenlos rational arbeitet die
Marketing- und Verkaufsmaschinerie, die hinter der Marke Zalando steht und die
solche Exzesse wie die mit dem Schoko-Weihnachtsmann erst möglich macht.
Die Marketing-Könige
»Was Zalando bisher an operativen Fähigkeiten gezeigt und
insgesamt auf die Beine gestellt hat, ist beachtlich. Es definiert Märkte neu
und setzt Rahmenbedingungen. Vor allem sind die Dynamik und die
Entschlossenheit bemerkenswert, mit der das Unternehmen innerhalb von vier
Jahren praktisch von Null auf eine Milliarde Euro Umsatz
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