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Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Titel: Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Reist
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mich mit vielen Leuten. Gut möglich, dass Scheidegger auch dabei war; er taucht immer dann auf, wenn es gratis etwas zu trinken und zu essen gibt. Mein Problem ist, dass ich letzte Woche drei verschiedene kulturelle Anlässe besuchte mit dem gleichen Publikum, und ich weiss beim besten Willen nicht mehr, mit wem ich an welchem Abend gesprochen habe.“
    „Gut, danke, das genügt mir. Was hat Scheidegger mit Sabine Scholl zu tun?“
    Steff lachte zynisch. „Deine Naivität ist grenzenlos, lieber Nick. In diesen Kreisen hält man sich einen Künstler zum Zeitvertreib, wusstest du das nicht? Wie genau sie sich die Zeit vertreiben, ausser mit Vernissagen und Ähnlichem, entzieht sich meiner Kenntnis, aber es ist unwahrscheinlich, dass er mit der alten Schachtel ins Bett steigt.“
    Diese Art von Bemerkung widerte Nick zutiefst an. Schwager war eindeutig der falsche Mann für Angela.

    „Hallo Angela. Ich habe hier am Empfang eine Frau Hartmann, sie möchte zu Peter Pfister, aber er antwortet nicht. – Gut, ich schicke sie hinauf, holst du sie beim Lift ab? Danke.“
    Angela schaute zu Nick, der soeben sein Gespräch mit Steff Schwager beendet hatte. „Wir kriegen gleich Besuch von einer Frau Hartmann, die eine Aussage machen möchte. Die Frau des Bauern aus Villnachern?“
    „Mal sehen.“ Er schaute seine Mitarbeiterin forschend an. „Alles in Ordnung?“
    Sie war schon unter der Tür. „Ja. Aber es ist aus zwischen Steff und mir, nur damit du das weisst.“
    Dem Himmel sei Dank, dachte Nick, ein Problem weniger.
    Die gertenschlanke, schon fast hagere Frau, mit der Angela zurückkam, wirkte im ersten Moment alt, und doch wieder nicht. Ihr nachlässig aufgestecktes Haar war schlohweiss, und erst bei näherem Hinsehen sah man das junge Gesicht darunter. Mitte vierzig, schätzte Nick, und somit wahrscheinlich die Frau des Bauern, nicht seine Mutter.
    „Ich habe lange über den letzten Freitagabend nachgedacht“, sagte Frau Hartmann, ohne sich lange mit dem Austausch von Höflichkeiten aufzuhalten, „und es ist mir noch etwas eingefallen. Ich war im oberen Stock und bügelte, da hörte ich, wie die Haustüre zuschlug. Ich schaute aus dem Fenster und sah, wie der Tierarzt über den Hof zum Stall ging. Ich vermutete, er wolle nochmals nach der Kuh sehen und dann nach Hause fahren, obwohl er besser zu Fuss gegangen wäre nach all dem Schnaps. Das habe ich alles schon Herrn Pfister gesagt, aber ich weiss jetzt wieder, wann es war. Die Tagesschau und das Wetter waren gerade vorbei, es muss also ungefähr acht Uhr gewesen sein.“
    Nick und Angela wechselten einen Blick. Das Alibi von Pavel Beniak hatte sich soeben in Luft aufgelöst.

    „Ich habe es von Anfang an gewusst“, freute sich Peter und rieb sich die Hände, „jetzt holen wir ihn und bearbeiten ihn, bis wir ein Geständnis haben.“
    „Gut, reden wir mit ihm. Was mir allerdings fehlt, ist ein schlüssiges Motiv.“ Trotz der erdrückenden Indizien war Nick nicht überzeugt. „Aber ich kann mich auch täuschen, es wäre nicht das erste Mal.“
    „Dann können wir die ganze langweilige Arbeit mit der Gästeliste nämlich vergessen. Pino hat Scheidegger an dem Abend gesehen, also fällt er weg.“ Peter wollte seine Notizen schon in den Papierkorb werfen, da griff Gody Kyburz ein.
    „Halt, nicht so schnell. Ich finde, wir sollten auch noch andere Personen zur Anwesenheit von Scheidegger befragen. Hast du die Gästeliste?“
    Peter verneinte. „Der Anlass wurde von der Allgemeinen Aargauer Bank ausgerichtet, und Pino hat vorgeschlagen, die PR-Abteilung anzurufen. Ich habe einen Namen und eine Telefonnummer, wartet mal.“ Er glättete ein zerknülltes Stück Papier. „Hier, wer will?“
    Angela streckte die Hand aus. „Ich mach das schon. Gody hat Recht, wir müssen beide Spuren weiter verfolgen. Ich habe übrigens herausgefunden, dass Scheideggers Behausung nicht nur von aussen bescheiden ist. Die Wohnungen sind klein und dunkel, statt einer Zentralheizung gibt es nur Ölöfen in den Küchen. Die Mieterstruktur ist gelinde gesagt nicht standesgemäss für unseren Dichter, mindestens zwei Prostituierte wohnen und arbeiten im Haus. Aber es ist billig, und vielleicht fördert das Wohnen im Slum die Kreativität. Ich werde jedenfalls den Eindruck nicht los, dass Anatole Scheidegger eine arme Kirchenmaus mit Hang zum Luxus ist.“
    Nick konnte sich das Lachen nicht verkneifen. „Schön ausgedrückt, Angela, aber dann ist er wohl beim falschen Verlag.“

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