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Schritte im Schatten (German Edition)

Schritte im Schatten (German Edition)

Titel: Schritte im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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Südafrika die Wahrheit bekannt wurde – zum Teil natürlich durch Leute wie mich. Jetzt gab es etwas, das sich Zentralafrikanische Föderation nannte und Nordrhodesien und Njassaland – die beide immer Protektorate des Colonial Office gewesen waren und in denen die Interessen der Eingeborenen an erster Stelle standen – und Südrhodesien miteinander verband, dessen Vorbild jederzeit die schändlichen Gesetze Südafrikas gewesen waren. Jedermann in Großbritannien und sämtliche Zeitungen einschließlich des guten alten
Guardian
liebten diese Föderation: Hochtrabende Formulierungen haben etwas an sich, das die Briten unwiderstehlich finden. Nur zwei Zeitungen, die
Tribune
und der
Daily Worker
 – die extreme Linke –, wiesen darauf hin, dass Öl und Wasser sich nicht vermischen könnten und »Unruhen« unausweichlich seien. »Unruhen« brachen schon jetzt überall in Njassaland und Nordrhodesien aus – wie ich und einige andere Leute vorhergesagt hatten. Ich erklärte Tom Hopkinson, dass ich in all diesen drei Regionen von einem Menschen zum anderen reisen könne, zu Freunden oder Kontaktpersonen, dass es seine Zeitung nur das Flugticket kosten werde und dass ich in einer wesentlich besseren Position sei als reguläre Journalisten, um wirklich Neues zu berichten. Er war vorsichtig, sagte, er glaube, das ließe sich machen, aber er werde mir Bescheid geben. Er schrieb und sagte, nein, es tue ihm leid. Ganz offensichtlich hatte er sich bei den Geheimdiensten erkundigt, deren Angehörige natürlich Freunde von ihm waren, denn das gilt für das gesamte männliche Establishment, und sicher hatte er dort zu hören bekommen, dass ich nicht nur Kommunistin war, was er natürlich wusste, sondern obendrein gefährlich. (Das war der Kalte Krieg.) Damals wusste ich noch nicht, dass ich in Südafrika und auch in Südrhodesien als »unerwünschte Person« galt. Inzwischen hatten sich Mervyn [11] und Jeanne Jones erboten (aus eigenem Antrieb, ich hatte sie nicht darum gebeten), Peter für sechs Wochen zu sich und ihren eigenen Kindern zu nehmen. Alles, was ich jetzt noch brauchte, war das Geld für den Flug.
    Und nun dachte ich nach, gründlich und nüchtern. Ich ging zur sowjetischen Botschaft und bat darum, den Kulturattaché sprechen zu dürfen – einen anderen –, und fragte, ob sie nicht eine sowjetische Zeitung veranlassen könnten, meinen Flug zu bezahlen und mich als Korrespondentin zu behandeln? Natürlich wusste ich, dass das eine Ungeheuerlichkeit war, und ich riskierte, dass man mich zumindest beschuldigte, ich hätte von Moskau Geld genommen. Meine Unverschämtheit bestand darin, dass ich einfach auftauchte und sie aufforderte, sich wie eine westliche Zeitung zu verhalten, als wäre das völlig normal. Ja, ich fand es sogar lustig und genoss es. Aber ich war auch sehr wütend. Ich hatte das
Gefühl
, meiner eigenen Seite die Chance gegeben zu haben, mir zu helfen; sie hätten es tun müssen, und es war ihre Schuld. Und ich wusste, dass ich für mein Geld etwas liefern würde. Was die Russen anging, so befand ich mich in einer zwiespältigen Lage. Gewiss, ich war Parteimitglied, und sie konnten kaum wissen, dass ich aufrührerische Gedanken gegen die Partei hegte und vorhatte, sie zu verlassen. Aber ich war nicht, wie James Aldridge, »eine von ihnen« – so lautete die russische Formel, damals noch viel gebraucht: Soundso ist »einer von uns« –
»nashe«. Nashe
und deshalb gut. Die
Afrikanische Tragödie
war von ihren Rezensenten als »freudianisch« und wegen Hunderter nicht kommunistischer Fehler, an die ich mich jetzt nicht mehr erinnere, verrissen worden. Die Kurzgeschichten waren paternalistisch, und es fehlte ihnen das Gefühl für das Proletariat. Schon die bloße Tatsache, dass ich in die Botschaft gegangen war, ohne vorher bei der Partei nachgefragt zu haben, war ein Beweis für einen schwerwiegenden Mangel an revolutionärem Bewusstsein.
    Ich vertraute auf mein Glück und fuhr fort, meine Reisevorbereitungen zu treffen. Ungefähr eine Woche vor meiner Abreise, als ich bereits in Panik zu geraten begann, nicht zuletzt deshalb, weil alle Genossen mir sagten, so etwas sei noch nie passiert und werde auch nicht passieren, bekam ich einen Scheck von der Narodny Bank über (ich glaube, denn ich weiß es nicht mehr genau) tausend Pfund. Vielleicht sind es auch nur fünfhundert gewesen, auf jeden Fall war es eine Menge Geld. Ich konnte meinen Flug bezahlen und hatte noch einiges übrig. Bei

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