Schritte im Schatten (German Edition)
Komisches finden, ebenso wenig wie am Verkaufen des
Daily Worker
durch sie in Cheltenham, und wenn sie es doch taten, dann gaben sie es jedenfalls nicht zu.
Eine andere Hochzeit war die zwischen Arnold und Dusty Wesker. Arnolds gesamte Familie war dabei, von wohlhabenden Geschäftsleuten bis hin zu Menschen, die noch nicht weit vom East End entfernt waren. Dustys Angehörige waren Farmarbeiter und Kleinbauern aus Norfolk; Arnold porträtierte sie in seinem Theaterstück
Tag für Tag
. Da waren auch Schauspieler, Regisseure und ein paar Dutzend von uns Autoren vom Royal Court Theatre. Blonde, massige, langsame, rotgesichtige Farmersleute, behände, dunkle, dunkeläugige Juden und wir, der Haufen vom Royal Court – diese unwahrscheinliche Mischung saß in drei voneinander geschiedenen Teilen eines großen Raumes und beäugte sich gegenseitig, bis wir am Ende doch alle ein Herz und eine Seele wurden, vereint durch das Tanzen des Hora, immer rundherum und weiter und weiter.
Nicht alle meine Bekannten hatten sich dem sozialen Fortschritt verschrieben. Eine Besucherin aus Kanada wohnte ein paar Wochen bei mir. Sie schenkte mir einen gelben Seidenschirm, einen zierlichen kleinen Schirm mit einem Elfenbeingriff. Er kam aus einem völlig anderen Leben. Er lehnte an einer Wand in meiner Küche, und ich betrachtete ihn und dachte: Wenn ich den benutzen will, muss ich mir andere Kleidung kaufen, in einer anderen Art von Wohnung leben und ganz bestimmt in einem anderen Teil von London. Der Schirm erinnerte mich an eine wundervolle Kurzgeschichte in
New Writing
. Sie handelte von der Nachkriegszeit in London, wo hochgesinnte Flüchtlinge von überall her ihr unsicheres Leben in kalten, schäbigen Zimmern verbrachten und kaum wussten, wo sie ihre nächste Mahlzeit herbekommen sollten. Ein Dichter – ein Ungar, glaube ich – sagte zu einem Freund: »Wenn du diesen Mantel wegwerfen willst, dann gib ihn mir. Ich friere.« Der Mantel war elegant, aber abgeschabt. Er trug ihn Tag und Nacht. Seine Genossen sagten: »Wir lassen uns nicht mit dir sehen, wenn du diesen Mantel anhast, wir müssen an unseren Ruf als ernsthafte Menschen denken.« Der Dichter trug den Mantel bei einer Verlagsparty, und dort fiel er der Tochter des Verlegers auf. Er sagte zu seiner damaligen Freundin: »Weshalb kaufst du dir kein neues Kleid?« Sie sagte: »Früher hast du mich um meiner selbst willen geliebt. Jetzt bist du nur ein weiterer widerlicher Bourgeois geworden.« Er musste einen neuen Job annehmen, den er verachtete, um sich eine neue Garderobe und neue Freunde leisten zu können, und dann zog er mit der Tochter des Verlegers in eine neue Wohnung. Seine Genossen redeten von ihm wie von einer verlorenen Seele, aber er war lediglich seiner Zeit voraus.
Und nun wieder die tückische Frage nach der Zeit: Ich war seit fast acht Jahren in London. Was sind schon acht Jahre, würde ich heute sagen, das ist überhaupt nichts, ein bloßer Atemzug; aber ich lebte immer noch in der Zeit einer jungen Erwachsenen, und es schien mir, als wäre ich bereits seit einer Ewigkeit in London, bis zum Bersten angefüllt mit neuen Leuten, Ereignissen, Vorfällen, Ideen. Freunde in Südrhodesien – Mrs. Maasdorp, die Zelters, die Genossen ganz allgemein, aber keineswegs mein Bruder, mit dem ich höfliche Briefe tauschte – drängten mich, dorthin zurückzukehren und Artikel zu schreiben, die »die Wahrheit« berichteten. Ich musste dorthin zurückkehren, weil meine rhodesischen Jahre mir so fern vorkamen, so von mir abgeschnitten, und ich träumte jede Nacht lange, traurige Träume von Grenzen und Exil und verlorenen Landschaften. Es gab zwei Gründe, die eine Rückkehr schwierig machten. Ich hatte kein Geld, und da war Peter, den ich kaum die ganze Zeit über bei den Eichners lassen konnte. Ich brauchte sechs Wochen. Ich fing mit dem Geld an.
Picture Post
, eine wundervolle Zeitung, eine der ersten, die Bildberichte brachten, immer im Kampf gegen den Besitzer, der feige war, wurde von Tom Hopkinson herausgegeben, der mutig war. Am Ende siegte jedoch die Feigheit über den Mut. Ich versuchte es zuerst mit der
Picture Post
. Ich suchte Tom Hopkinson auf und fragte ihn, ob die Zeitung meine Reisekosten nach Südrhodesien zahlen würde. So wie ich die Dinge sah, gab es kaum jemanden, der dazu besser geeignet war als ich. Ich hatte mir Unsinn über das südliche Afrika anhören müssen, seit ich nach London gekommen war, wenn auch allmählich über
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