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Schritte im Schatten (German Edition)

Schritte im Schatten (German Edition)

Titel: Schritte im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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einander zugetan und konkurrierten miteinander, und bei jeder Versammlung waren sie der Mittelpunkt, wegen der Spannung, die von ihnen ausging. In seinen Erinnerungen hat John es eine
mariage blanche
genannt, aber ich finde, sie waren eher wie Brüder, und wie bei Geschwistern steckten hinter allem, was gesagt oder nicht gesagt wurde, Andeutungen langjähriger, intensiver, gemeinsamer Erfahrungen, obwohl sie sich damals noch nicht lange kannten. Wie unsicher, zufällig und kurz diese Freundschaften waren; was ich sehe, wenn ich zurückschaue, ist, dass wir alle in schnelle, intensive, vertrauensvolle Kameradschaften hineingewirbelt wurden, als wären wir Mitglieder einer Großfamilie: ein Schütteln des Kaleidoskops, und wir lebten – scheinbar grundlos – ein neues Arrangement von Leuten. Ich traf John hier und da, mit Penelope, mit Jill Bennett. Er entwickelte ein Faible für zweideutige Postkarten und schickte mir mehrere davon, ich glaube, das war nach seiner Zeit mit Penelope, aber noch vor Jill, oder vielleicht war es auch nach Jill und vor seiner letzten Frau. Die Postkarten zogen einen an und stießen zugleich ab. Zum Beispiel das Foto einer düsteren Straße in einem Badeort mit Häusern, an denen »Zimmer frei« oder »Zu vermieten« stand. Er schrieb: »Ich wollte, Du wärest hier.« Ein paar Küsse, aber auf den ersten Blick hätte man denken können, es wären Kreuze auf Gräbern. Ohne Unterschrift. Oder nur wenn, dann »J«. Dann: »Weshalb hast Du nicht angerufen?« Worte nach langem Schweigen. Ich habe nichts unternommen. Ich hatte John sehr gern. Aber wenn es je einen Mann gegeben hat, dem man nicht nur Zugeständnisse machen und Aufmerksamkeit widmen, sondern bei dem man immer auch auf der Hut sein und Angst haben musste, dass man etwas sagen könnte, das er als verletzend empfand, dann war das John, und ich hatte damals selbst so viele Probleme, dass eine Beziehung mit ihm zu viel des Guten gewesen wäre. Ich habe gesagt, dass ich mit einer zu dünnen Haut auf die Welt gekommen bin, aber John schien überhaupt keinen Schutzschild zu haben. Er erinnerte mich an einen jungen Hund, den man schlecht behandelt hatte. Er stellt sich tapfer der Welt, leckt einem die Hände, ist dankbar für eine Liebkosung, aber sein Fell zittert, und wenn ihm eine Hand zu nahe kommt, weicht er ängstlich vor einem möglichen Schlag zurück. Ich habe jahrelang von John geträumt. Es waren interessante Träume. Eindeutig sexuelle Träume sind nicht interessant: Man wacht auf und denkt: Ach, einer von denen. Aber es gibt eine Art von Traum über einen Mann, der zärtlich ist, freundschaftlich, mit einer Spur Verliebtheit, ungefähr so, wie wenn sich alte Liebende wiedersehen, und in ihnen Bedauern, Humor und Zauber schwingt. Zauber – die Hauptsache; Landschaften, die zu lächeln scheinen und nichts mit dem gewöhnlichen Leben zu tun haben.
     
    Zwei Geschichten gehen auf diese Zeit zurück,
Zwischen Männern
, die später die Vorlage für ein brillantes, halbstündiges, sehr lustiges Fernsehspiel abgab, das einen Preis erhielt, und
Nebenerträge eines ehrbaren Berufs
.
     
    Ich fand all diese Leute, die sich links gaben, weil es gerade Mode war, aufreizend, einerlei, wie sehr ich sie persönlich mochte. Es gibt so etwas wie einen revolutionären Snobismus: Welches Recht hast du, dich als Soundso zu bezeichnen? Sie hatten sich alle den Marxismus wie das allermodernste Jackett angezogen und genossen es, Leute zu schockieren. Sie hatten keine Ahnung von der Geschichte des Kommunismus und dachten nicht daran, jemandem zuzuhören, der tatsächlich in der Partei gewesen war.
    Sie waren Romantiker, sentimental. Bei allen möglichen herzzerreißenden Themen füllten sich ihre Augen mit Tränen. Da war ein Roman über die Armut in Süditalien,
Christus kam nur bis Eboli
, von Carlo Levi. Er lag auf Tony Richardsons Schreibtisch immer ganz obenauf. Ken Tynan war tief bewegt von Dr. Schweitzer, wie alle Leute damals. Ich wies darauf hin, dass Leute wie Schweitzer in Hospitälern in ganz Afrika arbeiteten und gearbeitet hatten, ohne dass jemand Notiz von ihnen nahm, aber wir brauchen eine Galionsfigur, ein Vorbild; eine Vielzahl von bewundernswerten Persönlichkeiten können wir nicht verkraften. Irgendein bescheidener Arzt oder eine Nonne oder ein Missionar, die jahrelang in einem kahlen und schlecht ausgerüsteten Hospital im Busch arbeiten, ohne Spendengelder, isoliert – das ist nicht aufregend. Wir brauchen

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