Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schritte im Schatten (German Edition)

Schritte im Schatten (German Edition)

Titel: Schritte im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
Vom Netzwerk:
Haus aus der Viktorianischen Zeit in der Mansfield Road, NW 3 , und füllten es mit ihren Bildern, viktorianischen Möbeln, Nippes, Dingen, die man damals fast geschenkt bekam, weil alles Viktorianische so aus der Mode war. Diese heiß geliebte kleine Schatztruhe, ein Juwel von einem Haus, wurde zusammen mit Hunderten von anderen in der großen Zeit der Architektur, den Sechzigern, abgerissen und durch einige der hässlichsten Wohnblocks in London ersetzt. Während eines besonders harten Winters, als die Sommerfields völlig pleite waren, fing ihr großer Kater für sie Tauben, die sie kochten; er bekam dann die Hälfte von dem, was er gefangen hatte.
    Die Versammlungen unserer Gruppe fanden in meinem Zimmer statt, da es für mich, die ich ein kleines Kind zu versorgen hatte, kaum möglich war, auszugehen. Außerdem hatte ich John Sommerfield erklärt, dass mir Versammlungen zuwider seien und ich schon so viele hinter mich gebracht hätte, dass es mir für mein ganzes Leben reiche. John antwortete, wenn das so ist, kommen wir zu dir, dann kannst du dich nicht drücken. Von ihm stammte auch der Rat, wenn ich in die Kommunistische Partei einträte, täte ich gut daran,
ihnen
zu sagen, es gebe Dinge, die ich nicht tun könne, wie mit dem Bus fahren oder abends ausgehen. Weshalb? Damit
sie
von Anfang an wissen, dass du dir nicht alles gefallen lässt. »Aber du kannst nicht sagen, dass du nicht zu Versammlungen gehen willst.«
Sie?
Die Partei, gewöhnlich King Street genannt.
    Sämtliche Schriftsteller teilten diese Einstellung gegenüber der King Street, die sich ihrem Wesen nach kaum von dem Gewerkschaftspferd in David Lows Karikaturen unterschied, einem Prachtexemplar an halsstarriger Dummheit. Die Loyalität, die sie für »die Partei« nicht empfinden konnten, wurde auf die Sowjetunion übertragen, die natürlich bei Weitem nicht so dumm sein konnte wie die King Street.
    Montagu Slater war ein zierlicher, behänder, lebensprühender, intelligenter Mann und sehr vielseitig. Er hatte das Libretto zu Benjamin Brittens Oper
Peter Grimes
verfasst. Er sah sich großem Druck ausgesetzt, weil er ein Buch über den Krieg in Kenia geschrieben hatte, der sich damals seinem Höhepunkt näherte, und in diesem Buch die Machenschaften und schmutzigen Tricks der britischen Regierung gegen Jomo Kenyatta offengelegt hatte. Die Zeitungen fielen über ihn her: »Was kann man von einem Kommunisten schon erwarten?« Alles, was er schrieb, entsprach der Wahrheit, aber das spielte bald keine Rolle mehr, weil Kenyatta den Krieg in Kenia gewann und über Nacht zu einem Grand Old Man wurde, den alle verehrten, nicht zuletzt die Weißen in Kenia.
    Jack Beeching war ein Dichter mit Frau und Neugeborenem. Ich habe sie in Bristol besucht, mit Peter. Sie waren arm und lebten in einer alten, heruntergekommenen Wohnung in einer Häuserzeile, die heute für jeden, der nicht reich ist, unerschwinglich bleibt. Riesige, wunderschöne, eiskalte Räume. Ich habe nicht viel über die Kälte in jener Zeit berichtet, in der die Häuser oft nur mit ein oder zwei Stäben winziger elektrischer Heizöfen und manchmal überhaupt nicht beheizt wurden. Wir fünf, Jack, seine Frau, das Baby, Peter und ich kauerten dann, von der Zugluft durchgefroren, wie Flüchtlinge unter Pullovern und Decken in der Mitte des großen Zimmers. Jack lebt heute in Spanien und schreibt Gedichte und geschichtliche Abhandlungen.
    Jack Lindsay, der Australier, ist vielleicht das beste mir bekannte Beispiel für einen Schriftsteller, den die Partei zugrunde gerichtet hat. Er war umfassend gebildet und kannte sich in einer Unmenge von Dingen aus. Er schrieb zwei Arten von Romanen. Die eine entsprach der orthodoxen Parteilinie, Fabriken und Arbeiter und das Proletariat, die andere realisierte fantasievolle, amüsante Romane, ähnlich denen von Iris Murdoch, aber bei Weitem nicht so gut. Man hätte annehmen können, dass seine Romane von zwei verschiedenen Autoren stammten. Außerdem schrieb er Biografien.
    Von einigen Literaturwissenschaftlern nach Randall Swingler befragt, habe ich behauptet, er sei kein Mitglied von
The Writers’ Group
gewesen, aber später fiel mir ein, dass er doch dazugehört hatte. Ich konnte mich einfach nicht an ihn erinnern. Vielleicht ist er nie dabei gewesen. Als ich dies hier niederschrieb, erzählte man mir, er habe gesagt,
The Writers’ Group
sei nichts als ein Sammelbecken für gescheiterte Talente gewesen. Was mich an ihm beeindruckte, war, dass er und

Weitere Kostenlose Bücher