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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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Ole.«
    »Colin.«
    »Ich weiß. Also, wo war ich?«
    »Bei der Cloud.«
    »Nein. Bei den Leuten. Mit den ganzen überforderten Gehirnen.« Er tippt sich an die Stirn. »Wir haben mit unserem ganzen Technik-Spielzeug die Evolution überholt. Unser Hirn kommt damit nicht klar, deswegen rasten so viele Leute aus. Hat mir so ein außerirdischer Denkberater erzählt. Wirklich ein kompetenter Bursche.«
    Colin hat nicht richtig zugehört, aber er entschließt sich in diesem Moment, in die Offensive zu gehen. Zuerst freundliche Zustimmung heucheln, dann erfüllbare Forderungen stellen … ja, das klingt realistisch für ihn. »Das stimmt vermutlich alles«, beginnt er. »Könntest du die Fesseln lockern? Sie sind etwas unbequem, und selbst wenn ich versuchen würde wegzulaufen …«
    »Würdest du nicht weit kommen.«
    »Genau«, sagt Colin und grinst.
    »Kann ich nicht machen, denn gleich kommt der Arzt und spritzt dir was gegen Sexualität. Danach bring ich dich zur Abendbefragung. Wollte dir eigentlich nur sagen, dass sich das nicht gehört. Einfach zu wichsen. In der Öffentlichkeit und so.«
    »Aber«, beginnt Colin und setzt dazu an, die Unterschiede zwischen einer Zelle und der Öffentlichkeit aufzuzählen. Aber sein Magen hat die Begriffe »Spritze« und »Abendbefragung« gehört und beginnt, heftig zu vibrieren.
    »Wieso soll’s dir besser gehen als mir? Kein richtiger Sex und nie ist man alleine, um sich in Ruhe einen runterzuholen. Klar, das frustet!« Er klopft sich mit der Hand aufs Geschlechtsteil. »Aber komm damit klar! Friss es in dich rein! Irgendwann verlierst du dann schon von ganz alleine die Lust.«
    »Danke«, presst Colin hervor. Ihm ist jetzt wirklich übel.
    »Und hier kommt auch schon Onkel Doktor mit seiner großen Spritze!« Ole steht auf, als ein junger Mann im weißen Kittel eintritt und eine schmale Tasche auf Colins Pritsche stellt. »Einmal Hängeschwänzchen Extra für unseren Kunden«, bestellt der Wächter. »Wenn ich was festhalten soll, Arm oder so, meine ich natürlich, sagen Sie Bescheid.«
    Der Mann im Kittel entgegnet nichts. Mit fahrigen, aber exakten Bewegungen zieht er eine Spritze auf und haut sie Colin in den Unterarm. Er klebt ein Pflaster drauf und verschwindet ohne ein Wort.
    »Der Doktor ist ein netter Kerl, stimmt’s?«, sagt Ole mit kindlicher Begeisterung, die Colin im Moment nicht nachvollziehen kann, denn sein Arm tut weh und seine Ohren rauschen. Von seinem Magen ganz zu schweigen.
    Er ist immer noch leicht benommen, als Ole ihn durch den Gang führt, zur Abendbefragung. An einer Abzweigung kommt ein weiterer Aufpasser hinzu, den Colin bisher noch nicht gesehen hat. Ole bleibt stehen und fängt an, ausführlich über Colins Spritze zu berichten. Der andere kichert albern.
    »Dann woll’n wir mal«, sagt Ole und zieht Colin fort. Der überlegt noch, ob er zuerst kotzen oder umkippen soll, dann liegt er schon auf der eiskalten Befragungsliege.
    Er ist gefesselt, hat eine Art falschen Phantomschmerz in den Hoden, und erzählt einfach drauflos. Das lenkt ab.
        
     

Chemnitz, 7. Juli 2026
     
    Die Straßen waren ausnahmsweise still, als es langsam hell wurde. Amseln flöteten, in einem Gebüsch tschilpten Spatzen um die Wette, in einiger Entfernung heulte ein Martinshorn. An der Ecke holperte die erste Straßenbahn über eine Weiche. Langsam übernahm die Zivilisation die Tagesschicht. Die Band lungerte vor einem bekannten Monument herum. Lars-Peter stand mit Spanisch schräg gegenüber an einem Imbiss, der 24 Stunden geöffnet hatte und gerade mehrere Großportionen Pommes für König Kunde produzierte.
    »Wer ist der Kerl?«, fragte Tier und zeigte auf den riesigen Bronzekopf hinter ihm.
    »Kann die Fresse nicht leiden«, brummte James Bond, der ausgesprochen schlechte Laune hatte.
    »Was soll das heißen?«, grantelte Tier. »Der hat so Haare wie ich. Und die kannste nicht leiden? Is ja ganz was Neues.«
    James Bond winkte ab. »Geh spielen.«
    »Es handelt sich um Karl Marx«, sagte Blondy, dann setzte sie sich neben Colin auf die Treppenstufe unterhalb der überdimensionalen Büste. »Ist doch alles gut gegangen«, sagte sie und legte einen Arm um Colins Hüfte.
    »Richtig«, versetzte Colin. »Hier in Sachsen haben die Sicherheitskräfte keine Hellebarden. Und sie sind … unauffälliger gekleidet.« Er warf demonstrativ einen Blick nach hinten.
    Hinter der Band, im Eingangsbereich eines großen Gebäudes, lungerten zwei Kerle in Trenchcoats herum und

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