Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
unbeeindruckt der Putzaktion an unserem Tisch zuschauend, während mir innerlich das Herz förmlich in die Hose rutschte.
„Dein schlimmster Albtraum“, sagte Todd. „Buchstäblich.“
6. KAPITEL
Ich stapfte durch die verlassenen Flure, mit jedem Schritt die Cafeteria ein Stück weiter hinter mir lassend. Aber meiner Wut und Schmach konnte ich nicht davonlaufen.
Sabine war kein Mensch. Der einzige Vorteil, den ich dachte, gegen sie zu haben, war die enge Bindung zwischen Nash und mir, die auf unserer beider Nicht-Menschlichkeit beruhte, wodurch wir uns von all unseren Mitschülern unterschieden. Ich kannte sein wahres Wesen und seine Fähigkeiten, die er vor anderen versteckte. Ich wusste Dinge über ihn, die er niemandem sonst je hätte erzählen können.
Doch offensichtlich war ich nicht die Einzige. Und Nash hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, mich darüber in Kenntnis zu setzen.
Oh, natürlich, er hatte es mehrmals versucht. Dennoch drängte sich mir der Verdacht auf, dass es ihm wohl nicht so wichtig sein konnte. Sonst hätte er Sabines zeitlich perfekt abgepasstes Dazwischenfunken doch nicht jedes Mal einfach so hingenommen.
Todd war im Begriff gewesen, mir die ganze Wahrheit über sie zu verraten, aber ich hatte ihm das Wort abgeschnitten und ihn gebeten, sich da rauszuhalten. Ich wollte es von Nash hören, sobald wir genug Zeit und Privatsphäre hätten, und ich erwartete dieses Mal ehrliche Antworten. Außerdem hatte ich das starke Bedürfnis, ihn anzubrüllen, und das sollte Sabine auf keinen Fall mitbekommen. Ich konnte nicht zulassen, dass sie erfuhr, wie sehr ihre offene Kampfansage mir zu schaffen machte. Und den Triumph, Nash und mich streiten zu sehen, würde ich ihr schon gar nicht gönnen. Damit gäbe ich ihr Gelegenheit, den Stachel in meinem Herzen noch tiefer in die Wunde zu treiben, worauf sie insgeheim doch nur wartete.
Ich bog um die Ecke und ging missmutig an zwei offen stehendenKlassenraumtüren vorbei, dem Scharren der Stühle und leisen Gemurmel darin keine Beachtung schenkend, denn meine Gedanken kreisten um etwas ganz anderes und ließen meine Wangen vor Zorn brennen. Der Ausgang zum Parkplatz erschien mir wie das Licht am Ende des Tunnels. Nur noch fünf Minuten, dann war die Pause vorbei, und ich konnte in meine Englischstunde flüchten, wo mich niemand zum Duell herausforderte, mich belog oder drohte, mir meinen Freund auszuspannen.
Schon hatte ich beide Hände auf dem Türgriff, als Nash hinter mir meinen Namen rief. „Kaylee, warte!“ Ich erstarrte, dann drehte ich mich langsam um. So viel zu meinem Fluchtplan.
Er lief auf mich zu, und ich verschränkte die Arme vor der Brust, was ihm deutlich meinen Ärger zeigte – nur für den Fall, dass er noch nicht geschnallt haben sollte, was los war.
„Sie ist also nicht menschlich?“, flüsterte ich, als Nash mich eingeholt hatte und direkt vor mir stehen blieb. „Ist es das, was du mir die ganze Zeit sagen wolltest?“
„Das und ein paar spezielle Einzelheiten dazu.“ Er hob entschuldigend die Schultern. „Ich hätte es dir ja schon früher erzählt, aber …“
„Es kam irgendwie immer was dazwischen? Nämlich Sabine. Ja, ist mir aufgefallen. Kann es sein, dass das auch eine ihrer ‚Angewohnheiten‘ ist, bei der ich mir nichts weiter zu denken brauche?“
Nash atmete langsam aus. „Können wir vielleicht woanders hingehen? Wo wir ungestört sind? Bitte. Ich erkläre dir alles, aber das dauert länger als fünf Minuten zwischen Tür und Angel, und ich will auch nicht, dass wir wieder unterbrochen werden.“
Und an der Farbveränderung in seinen Augen, die Frustration ausdrückte, konnte ich ablesen, dass er über mehr als Sabineund ihre Spezies reden wollte. Wir hatten uns seit über zwei Wochen nicht mehr unterhalten – zumindest nicht so wie früher, wo jeder von uns beiden dem anderen bedenkenlos alles anvertrauen konnte, was ihn beschäftigte.
Ich vermisste diese Gespräche.
„Bitte“, wiederholte er. „Es macht doch nichts, wenn du eine Englischstunde sausen lässt.“
Ohne Sabine mit ihm zu reden, nur er und ich, war genau das, was ich jetzt brauchte. Ich öffnete den Mund, um einzulenken – doch dann presste ich blitzschnell die Lippen aufeinander, bevor auch nur ein einziger Ton dazwischen entweichen konnte, schockiert durch den mir inzwischen bekannten Stich in der Brust und das impulsive Drängen, das sich meinen Hals hinaufwand.
Nein!
„Kaylee?“, flüsterte Nash, doch ich ließ
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