Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
übertönte für einen Moment den gellenden Schrei, der mir innerlich in den Ohren dröhnte. Nash schob mich an seine Seite, sodass ich die Eingangshalle nicht mehr sehen konnte, und ich reckte den Kopf, um trotzdem durch die Tür zu spähen.
Die Halle füllte sich rasch, doch die Gesichter der hereinströmendenLeute nahm ich überhaupt nicht richtig wahr. Ich konnte den Blick einfach nicht von dieser offenen Klassentür losreißen, während ich angespannt darauf wartete, dass jemand hineingehen und Mrs Bennigan finden würde. Und schließlich, als der unerträgliche Schmerz endlich abflaute und meine verkrampften Kiefermuskeln begannen, sich zu lockern, tat ein ahnungsloser Pechvogel genau das. Ein Mädchen aus der Unterstufe, das ich nur vom Sehen kannte, betrat den Raum.
Ich öffnete den Mund und atmete ein. Nash stand hinter mir, und sein Griff um meine Schultern wurde fester, eine wortlose Geste, mit der er mir zeigte, dass er bei mir war – und die ihn vielleicht auch selbst ein wenig beruhigte.
Nur Sekunden nachdem sie durch die Tür gegangen war, kam die Schülerin wieder herausgestürzt. Ihr Schreien wurde durch die Glasscheiben gedämpft und erreichte auch ohne das nur einen Bruchteil der Lautstärke dessen, was ich hätte entfesseln können, aber es genügte. Die Menge in der Halle stutzte, sämtliche belanglosen Gespräche verstummten wie auf Kommando, und aller Augen waren auf das Mädchen gerichtet.
Nash zog mich von der Glastür weg, als der erste Lehrer angelaufen kam, und ich ließ mich mit dem Rücken an der Ziegelwand hinunterrutschen. Erst jetzt bemerkte ich die Kälte hier draußen und dass mir die Nase lief.
„Bist du in Ordnung?“, fragte Nash erneut. Er kniete sich vor mich hin, und dieses Mal war ich in der Lage zu antworten.
„Nein. Und Mrs Bennigan auch nicht.“
„Wie wahrscheinlich ist es, dass wir es nur mit einem Zufall zu tun haben?“, überlegte Nash, während ich einen gierigen Atemzug von der frischen Luft nahm, als hätte der in mir gefangene Schrei mir sämtlichen Sauerstoff aus den Lungen gesaugt.
„Ich glaube nicht an Zufälle.“ Nicht mehr. „Und selbst wenn ich es täte, das ist unmöglich einer. Zwei Lehrer an einem einzigenTag? Hier ist was faul.“ Ich sah zu ihm hoch und beobachtete den gleichmäßigen, konzentrierten Strudel, der durch das Grün seiner Augen flirrte. „Hast du irgendeine Vermutung, was es sein könnte?“
Er schüttelte den Kopf. „Und ich bin mir nicht sicher, ob ich es wirklich wissen will. Wir haben dieses Jahr schon genug durchgemacht, und ich …“ Seine Stimme verebbte, worauf eine gequälte Stille folgte. Dann blinzelte er und fing noch einmal von vorn an. „Diese Todesfälle haben nichts mit uns zu tun. Irgendwas geht da offenbar vor sich, aber wer sagt, dass nicht einfach ihre Salatsoße schlecht war. Oder vielleicht hat sie sich bei Wesner ein Virus eingefangen. Singen die beiden nicht im selben Kirchenchor oder so was?“
Ich nickte zögerlich, in dem Versuch, mich selbst davon zu überzeugen, dass es genauso gut eine normale Erklärung für all das geben konnte. Nur weil wir vier unserer Klassenkameraden an die Unterwelt verloren hatten, hieß das noch lange nicht, dass bei Mr Wesners und Mrs Bennigans Tod ebenfalls nicht-menschliche Energien im Spiel waren. Bestimmt wurde meine Wahrnehmung bloß von meinen Ängsten beeinträchtigt, sodass ich schon gewohnheitsmäßig das Schlimmste erwartete.
Bitte, bitte, lass mich nur überreagieren.
Aber was, wenn ich es nicht tat?
„Wir sollten lieber reingehen“, sagte Nash, stemmte sich hoch und streckte mir die Hand entgegen, um mir aufzuhelfen.
„Du hast recht“, stimmte ich ihm zu. Noch immer ein wenig benommen, machten wir uns auf den Weg zum Cafeteria-Eingang, der für gewöhnlich bis nachmittags geöffnet blieb. Und es war bereits fast eine ganze Stunde vergangen, die ich in meinem Englischunterricht gesessen hatte, bis mir einfiel, worüber Nash und ich gerade gesprochen hatten, als uns unsere Bean-Sidhe-Herkunft in die Quere gekommen war.
Sabines Spezies.
Dank der erneuten Unterbrechung wusste ich nach wie vor nichts darüber.
Nach der Schule stand ich, die Schlüssel in der Hand, auf dem Parkplatz neben meinem Wagen und versuchte, all meinen Mut zusammenzunehmen, während ich darauf wartete, dass Nash das Schulgebäude verließ. Der Großteil der Lehrer, in deren Unterricht ich an diesem Tag noch gesessen hatte, waren von dem Tod ihrer zwei Kollegen so
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