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Schützenkönig

Schützenkönig

Titel: Schützenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Jäger
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Engel.«
    »Schnaps auf den Schreck – und du erzählst mir alles?«
    Viktoria nickte. »Aber Harry und Rosa schlafen doch schon.«
    Kai nahm sie fest an die Hand und ging mit ihr zur Eingangstür. Sie schloss auf. Ihre Finger zitterten noch.
    »Gut, dass du hier schläfst, so hast du den vollen Service.« Kai bewegte sich in der Gaststube, als sei er dort zu Hause. Er trat hinter den Tresen, knipste die schummrige Thekenbeleuchtung an, öffnete die Glasvitrine und holte zwei kleine Gläser heraus.
    Viktoria saß auf einem Barhocker gegenüber und schaute ihm zu. Er goss ein. »Ich wusste, dass du das Bild genommen hast. Ich habe dich an deinen Turnschuhen erkannt.«
    Er nickte erneut. »Ja, Miss Marple. Du bist einfach zu clever für mich.«
    »Sehr witzig, Sherlock Holmes. Aber sag, hast du den Lütkehaus wiedererkannt? Weißt du was über ihn?«
    Kai schüttelte den Kopf, sein Blick war auf die Schnapsgläser gerichtet. »Ich weiß eigentlich nicht genau, was ich hier wollte. Wenn ich ehrlich bin, war das mit dem Bild nur ein Vorwand für mich, herzukommen.« Er reichte ihr ein kleines Glas mit einer durchsichtigen Flüssigkeit. »Schätze, es hat was mit dir zu tun …« Sie wich seinem Blick aus und räusperte sich. »Du hast zugehört, als ich meinem Chef von dem seltsamen Todesfall erzählt habe?«
    »Ja. Ich habe zugehört.«
    Der Schnaps rann scharf durch Viktorias Kehle. Sie hustete. »Das mit den Dorfdeppen habe ich nicht so gemeint.«
    Sein Lächeln war umwerfend. Er schenkte nach.
    Sie stießen wieder an.
    »Und jetzt zu dir. Warum rennst du durch diese dunkle Nacht? Warst du auf der Suche nach einem Club, der noch nach zwölf Uhr geöffnet hat?«
    Viktoria lachte und erzählte ihm von ihrem Ausflug zum Bahndamm. Sie habe einfach mal sehen wollen, wo der vermisste Schützenbruder gelebt habe, erzählte sie vage. Das musste an Erklärung reichen.
    »Was wolltest du da bloß finden?«, fragte Kai.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Auf keinen Fall einen unbekannten Typen, der dort rumgeistert.« Der Schnaps wirkte, Viktoria spürte, wie ihre Beine kribbelten, der Kopf leichter wurde. Sie gähnte. »Ich bin müde«, sagte sie und nahm noch einen Schluck. Der Alkohol floss durch ihre Speiseröhre.
    Kai schüttete noch einmal nach. »Na, dann will ich mal gehen.«
    Viktoria nickte. Sie stießen noch einmal an.
    Er nahm die Gläser, spülte sie ab, polierte sie, stellte sie zurück in den Schrank und schaltete das Licht aus. Viktoria und er waren nur noch zwei Schattenrisse. Er trat neben sie. Sie streckte ihre Hand aus, er nahm sie, hielt sie.
    »Tschüss, Kai Westmark.« Er drückte ihre Hand. Sie beugte sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er hielt ganz still. Viktorias Kopf blieb, wo er war. Sie spürte seine Haut, atmete seinen Geruch ein. Kein Aftershave, kein Parfüm, einfach nur ein guter Geruch. Er strich ihr über die Haare. Sie drehte ihr Gesicht. Ihre Lippen, seine Lippen, sie roch den Schnaps, ihre Hände auf seinem Rücken, ihre Finger in seinem Nacken, seine Hände auf ihren Schultern, auf ihren Hüften. Viktoria konnte nicht mehr denken. Sie fühlte nur noch. War es der Alkohol oder der Kuss? Sie wollte mehr davon. Sie flog, sie schwebte, sie fühlte.
    Kai löste sich vorsichtig aus der Umarmung. Er ging einen Schritt zurück, hielt noch einmal ihr Gesicht in seinen Händen und ging.
    »Bleib doch«, flüsterte sie. Doch in dem Moment fiel schon die Tür ins Schloss.
    »Morgen, Victory. Du siehst ja aus wie das blühende Leben.«
    Mario sah schon genauso munter aus wie Harry, dem er zur Begrüßung zunickte.
    »Danke, gleichfalls«, sagte sie mürrisch und schlürfte an dem starken Kaffee.
    »Die können hier aber auch alle saufen …« Geradezu anerkennend klang das aus Marios Mund.
    »Du ja wohl auch«, raunzte Viktoria.
    »Oh, wir sind aber gut drauf, Chefin.«
    »Yes, we are. Außerdem sind wir spät dran. In einer Viertelstunde treten die Schützen auf!«
    »An!«
    »Wie an?«
    »Na, sie treten an, nicht auf. Ludger hat mir das erklärt. Um halb acht bekommen die Schützen ihren Segen vom Pastor, und dann treten sie an. Sie versammeln sich und marschieren anschließend durch das ganze Dorf zum Festplatz. Danach wird auf den Vogel geschossen.«
    »Aha, Ludger hat dir das erklärt. Bist du jetzt Insider oder was?«
    »Genau.«
    »Na dann Glückwunsch!«
    Viktorias Laune war wirklich im Keller. Nicht nur, dass der Schnaps ihr einen schalen Geschmack im Mund beschert hatte. Sie

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