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Schützenkönig

Schützenkönig

Titel: Schützenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Jäger
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Strähnchen leuchteten, sie trug eine hellblaue, taillierte Bluse, dazu einen dunkelblauen engen Rock. Stewardessenchic. Viktoria hatte ihr zugenickt, sie hatte den Gruß nervös erwidert, und als der Schützenbrüdertrupp näher kam, hob sie die Hand. Sie wollte ihrem Ferdi zuwinken. Doch er sah nichts. Wollte nichts sehen. Nur ein paar Sekunden, dann war die Truppe vorbei. Elisabeth trottete langsam hinter dem Zug her, ihre Schultern hingen herab. Viktoria schaute ihr nach.
    Mario grinste und flüsterte: »Ich hab das Foto. Wie sie da steht, so aufgehübscht, und ihm zuwinken will. Das totale Heimatfilmdrama – ich hab’s!«
    »Toll«, sagte Viktoria tonlos. Elisabeth Upphoff wurde immer kleiner. Das Hellblau ihrer Bluse und das Dunkelblau ihres Rocks vermischten sich.
    Viktoria ließ ihre Hand in ihre Tasche gleiten und fühlte das Papier darin. Es war kühl und glatt, trotzdem hatte sie das Gefühl, es würde ihre Hände verbrennen und die Haut ihrer Finger zerfetzen. Es war ein Foto. Es hatte auf ihrem Bett gelegen, als sie nach dem Frühstück noch einmal kurz auf ihr Zimmer gegangen war. Zum Zähneputzen und um die Jacke zu holen. Das Foto war nicht zu übersehen gewesen. Viktoria wusste, dass Harry es dort hingelegt hatte. Sie war ihm auf der Treppe entgegengekommen, er hatte ihr ernst zugenickt.
    Sie hatte das Bild in die Hand genommen und sich auf ihr schmales Bett gesetzt, der Lattenrost quietschte. Drei Frauen waren darauf zu sehen. Sie hatten sich hinter einem goldenen Zapfhahn postiert und trugen Schürzen mit der Aufschrift »Gasthaus König«. Sie strahlten in die Kamera des Fotografen. Eine hatte ein sehr rötliches Gesicht, die Haare waren dauergewellt, sehr viel blonder und etwas länger als jetzt. Es war Rosa in ihren besten Jahren. Daneben stand eine Kurzhaarige. Sie war untersetzt, hatte kräftige Unterarme, und Viktoria schätzte sie auf Ende vierzig. Ihr rechter Unterarm lag auf der zarten Schulter einer schlanken, sehr jungen Frau. Sie hatte lange schwarze Haare, wunderschöne blaugrüne Augen und einen erdbeerroten Mund.
    »Hallo! Aufwachen! Victory!« Mario zupfte Viktoria an ihren Haaren.
    »Autsch!«
    »Träumst du jetzt auch davon, Schützenkönigin zu werden?« Mario grinste breit. Die Trommeln und das Glockenspiel wurden langsam leiser. »Was ist, Chefin? Lass uns doch einfach mitmarschieren.«
    »Du marschierst, ich fahre!«
    Mario schüttelte verständnislos den Kopf. »Wenn du meinst. Wir treffen uns gleich beim Holzvogel.« Viktoria nickte und öffnete ihre Hand.
    »Was ist?« Mario wollte sie nicht verstehen.
    »Der Autoschlüssel! Du willst ja laufen …«
    Mario verzog gequält das Gesicht, warf ihr aber sein Lieblingsstück zu. »Sei lieb zu ihm!« Dann marschierte er im Stechschritt hinter der Meute her.
    Sie hatte nicht gewollt, dass die Reifen quietschten. Aber sie taten es, als sie vor der Tür des Gasthofs König zu schnell und zu hart auf die Bremse trat. War zwar peinlich, aber egal. Viktoria hatte es eilig. Sie riss die Autotür auf und stapfte in die Kneipe. »Harry! Harry, sind Sie hier?« Keine Antwort. Sie öffnete die Schwingtür hinter dem Tresen, in der Küche war es sauber – und ruhig. Sie ging zurück. Auch die Erdkrümel auf dem Fliesenboden waren weggefegt worden, das Frühstück war abgeräumt. Sie rief wieder, keine Antwort. Viktoria steuerte auf die Treppe zu, vorbei am Saal mit den gestapelten Stühlen. Durch die Glasscheiben in der Tür sah sie ihn. Harry trug gerade Stuhl für Stuhl zu den Tischen, die jetzt in der Mitte des Raums in einem großen Viereck angeordnet waren. Viktoria trat ein.
    Harry schaute kurz auf und murmelte: »Ist schon für Montag, Beerdigungskaffee.«
    Viktoria blieb stehen. »Das Foto.« Mehr brachte sie nicht heraus.
    »Was für ein Foto?« Harry sah sie nicht an.
    »Sie sind ’n miserabler Lügner.«
    »Gibt Schlimmeres.«
    »O ja. Zum Beispiel, wenn die eigene Mutter eine sehr begabte Lügnerin ist.«
    »Davon versteh ich nix.«
    Viktoria nahm einen Stuhl vom Stapel und stellte ihn an einen der Tische. »Sie hat hier also mal gearbeitet?«
    Harry schaute immer noch nicht auf, er ging wieder zum Stapel, nahm den nächsten Stuhl, stellte ihn hin. »Wer?«
    Viktoria nahm das Bild aus ihrer Tasche und legte es auf den Tisch, an den Harry gerade den nächsten Stuhl stellen wollte. »Das hier ist meine Mutter, und das hier ist ein Zapfhahn, auf dem Gasthaus König steht. Warum haben Sie mir das Foto gegeben?«
    Harry zuckte

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