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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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brauche ich eine Liste aller Telefonate, die Hilmer in den letzten drei Wochen geführt hat.«
    Mit einer müden Geste stellte Behnke den Kaffeebecher ab. »Sie bekommen all diese Daten umgehend, sobald Sie mir einen Herausgabebeschluss präsentieren.«

62
    Hilmer entpuppte sich als der sture Hund, für den Dühnfort ihn von Anfang an gehalten hatte. Die wenig komfortable Gesprächsatmosphäre im Präsidium beeindruckte ihn nicht. Er blieb dabei, Voigt das letzte Mal beim Kegeln im September gesehen und gesprochen zu haben. Das taten sie ab und an. Nicht regelmäßig, sondern nach Gusto, vielleicht zwei oder drei Mal im Jahr.
    Ebenso wenig beeindruckte ihn Dühnforts Sorge, Voigt könnte sich in Lebensgefahr befinden, weil er einem Mörder in die Quere gekommen war.
    Hilmer hörte nicht zu, machte dicht. Er ließ Dühnforts Worte an sich abperlen, als sei sein Gewissen imprägniert. Nur nicht den Job riskieren, die Pension, den gesicherten Lebensabend mit Kegelrunde und Campingurlaub am Gardasee. Herrgott! Und dann verlangte Hilmer nach einem Anwalt. Als Zeuge! Das kam selten vor. Da schickte Dühnfort ihn heim. Ein Anwalt würde ihm raten, den Mund zu halten. Er musste sich nicht selbst belasten. Aber auch als Beschuldigter konnte er schweigen. Sackgasse.
    Wenn er nur einen Hauch von Beweis hätte, dass Hilmer die Halterabfrage gemacht hatte, dann könnte er ihn als Beschuldigten vernehmen und vielleicht zum Reden bringen.
    Dühnfort ging zu Leyenfels, um den Herausgabebeschluss für die von Hilmer abgefragten Datensätze zu beantragen.
    »Wurde Voigt in der Zulassungsstelle gesehen?«, fragte Leyenfels.
    »Nein. Angeblich war er nicht da.«
    »Aber Hilmer und Voigt sind nicht nur ehemalige Kollegen, sondern beste Freunde. Wenn einer ihm diesen Gefallen getan hätte, dann Hilmer. Oder?«
    »Er ist der Einzige, zu dem er einen besseren Kontakt hatte.«
    Leyenfels warf einen Blick auf die Uhr. Die reguläre Dienstzeit war längst vorüber. »Gibt es einen Grund, weshalb Hilmer für seinen ehemaligen Kollegen, den er nicht sehr geschätzt hat, gegen alle Dienstvorschriften und das Datenschutzgesetz verstoßen sollte? Noch dazu, wo seine Personalakte eine Abmahnung aus demselben Grund enthält?« Leyenfels sah genervt aus. »Wenn du mich fragst, ich denke, Hilmer wäre genau der Mann, zu dem Voigt nicht gegangen wäre.«
    »Wie soll er sonst an das Kennzeichen gekommen sein? Jemand muss ihm geholfen haben.«
    »Ist er denn an das Kennzeichen gekommen? Weißt du das?«
    »Meine Güte! Sein Rechner ist weg. Seine Kamera ist weg. Alle Datenspeicher sind weg. Die Liste mit seinen Aufzeichnungen vom Unfalltag ist weg. Voigt ist weg. Aber seine Klamotten sind da. Sein Koffer ist da. Sein Rasierzeug ist da. Seine Unterhosen sind da und sein Sparbuch auch.«
    »Das kann andere Gründe haben, als du vermutest. Wie soll ich den Antrag zur Herausgabe begründen? Kein Richter gibt uns einen Beschluss, in den Daten der Zulassungsstelle zu wühlen, wenn du nichts in der Hand hast. Hilmer ist nicht Voigts bester Kumpel und Busenfreund, oder habe ich dich da falsch verstanden? Er ist ein ehemaliger Kollege. Mehr nicht. Sie haben sich seit Monaten nicht gesehen. Voigt hat seinem alten Arbeitsplatz keinen Besuch abgestattet. Beweise das Gegenteil, und du bekommst den Wisch.«
    Dühnforts Kiefer mahlten. Herrgott! Er wusste, was er wusste. Damit er es beweisen konnte, brauchte er den Beschluss zur Datenherausgabe. Wortlos verließ er Leyenfels’ Büro und beherrschte sich, um die Tür nicht hinter sich zuzuknallen.
    Es war dunkel geworden. Die Turmuhr schlug achtmal mit hellem Klang, als Dühnfort in sein Büro zurückkehrte. Mit einer Hand schaltete er die Espressomaschine an, mit der anderen warf er die Tür hinter sich ins Schloss.
    Giamaica. 100 % Arabica. Feinste Röstung. Sein derzeitiger Lieblingsespresso. Cremig, ein Hauch von Nougat. Der Geschmack versöhnte Dühnfort nicht und vertrieb auch nicht den Zorn. Mistiger Datenschutz! Scheiß Bürokratie! Sie waren so kurz davor. So kurz!
    Er griff zum Telefon und rief Meo an. Die Verbindungsdaten von Voigts Telefonen lagen vor. Kein Kontakt zu Hilmer. Kein Anruf bei der Kfz-Zulassungsstelle. Gut, dann war das so. Dann war Voigt vorsichtiger gewesen, als Dühnfort vermutet hatte, und hatte Hilmer nicht angerufen, sondern persönlich aufgesucht. Nach Feierabend. Daheim.
    Dühnfort trat ans Fenster, sah in die lichterflirrende Dunkelheit und dachte, wie paradox das doch war. Scharf

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