Schuld währt ewig
5793.
»Machen Sie das bei Ihrer Bankkarte auch so?«
»Wo denken Sie hin! Natürlich nicht. Da könnte mir ein finanzieller Schaden entstehen, wenn sie gestohlen wird.«
»Beim Handy aber auch. Der Mann telefoniert auf Ihre Kosten.«
»Aber nur so lange, bis die Prepaid-Karte leer ist. Viel kann nicht mehr drauf sein. Vielleicht zwanzig Euro. Mein neues Handy läuft jetzt mit Vertrag. Zwei Jahre. Der Verkäufer hat mir das aufgeschwatzt. Wer weiß, ob ich überhaupt noch so lange lebe. Wenn nicht, dann hat er halt Pech gehabt.« Vergnügt zuckte sie die Schultern.
»Die PIN sollten Sie trotzdem geheim halten.« Dühnfort reichte ihr das Smartphone zurück. »Sind Sie sicher, dass Sie das Handy im Trachtenvogl haben liegenlassen?«
Ihre Stirn kräuselte sich zu Falten. »Was ist schon sicher? Ich habe es dort zuletzt benutzt, und als ich es das nächste Mal benutzen wollte, war es weg. Vielleicht habe ich es liegenlassen. Vielleicht hat es mir aber auch jemand in der Straßenbahn aus der Tasche geklaut oder in der U-Bahn.«
»Dass es aus Ihrer Wohnung verschwunden ist, schließen Sie aus?«
»Das Personal ist korrekt. Ich wohne jetzt seit einem Jahr hier, und noch nie ist etwas gestohlen worden. Ich denke, ich habe es in dem Lokal liegenlassen.«
Dühnfort begleitete Irma Freude bis zum Lift, der sie nach oben zu ihrer Wohnung brachte. »Danke für das nette Gespräch.« Zum Abschied reichte er ihr die Hand. Die Türen schlossen sich. Er zog das Handy aus der Tasche und rief Gina an, um sie zu bitten, eine Aufstellung aller Telefonate zu veranlassen, die von Irma Freudes Handy geführt worden waren. Sie hatte es bereits getan. Da es noch immer ausgeschaltet war, konnte Meo es nicht orten, versuchte es aber immer wieder.
Der Lift kehrte zurück ins Erdgeschoss, die Türen glitten auseinander, und Thorsten Languth betrat die Eingangshalle.
Hoppla, dachte Dühnfort. »Herr Languth?«
Languth stutzte. »Herr Dühnfort. Was machen Sie denn hier?«
»Meine Arbeit, und Sie?«
»Ebenfalls.«
Jetzt fiel es ihm ein. Languth war stellvertretender Pflegedienstleiter einer Seniorenresidenz. Dieser also.
Languth zog einen Autoschlüssel aus der Jackentasche und wollte weitergehen.
»Haben Sie eigentlich nur zu den Heimbewohnern Kontakt, die auf der Pflegestation betreut werden?«
»Die meisten Bewohner leben in ihren eigenen vier Wänden. Bei einer leichten Erkrankung kümmern wir uns dort um sie.«
»Gibt es für Notfälle Zweitschlüssel?«
»Natürlich. Die liegen bei der Heimleitung.«
»Ist Frau Freude in den letzten Wochen in ihrer Wohnung betreut worden?«
Languth überlegte und schüttelte den Kopf. »Weshalb fragen Sie?«
»Ihr Handy ist verschwunden.«
Es dauerte einen Moment, bis Languth verstand. »Und jetzt denken Sie, ich oder einer meiner Kollegen hätte es geklaut? Verstehe ich nicht. Das kann ein Besucher gewesen sein, oder sie hat es verloren oder verschusselt, was ich für wahrscheinlicher halte. Wenn es tatsächlich gestohlen wurde, dann sicher nicht von einem Angestellten des Heims. In diesem Haus gelten hohe Ansprüche an die Mitarbeiter, und daher werden sie sehr genau ausgewählt. Das sind Vertrauensstellungen.« Mit einem Blick auf die Uhr wandte Languth sich Richtung Ausgang. »War’s das? Ich habe einen Termin und muss los.«
67
Dühnfort wollte Gina und Alois in ihrem Büro aufsuchen. Doch dort war niemand. Im Flur lief ihm Alois über den Weg. Er kam gerade von Voigts Obduktion. Der unverwechselbare Geruch des Sektionssaals stieg aus seiner Kleidung wie eine schwache Mahnung, sich der eigenen Vergänglichkeit bewusst zu sein. »Hat sich dabei etwas Neues ergeben?«
»Nichts, was wir nicht schon wussten.«
»Wie sieht es eigentlich mit Languths Alibis aus?«
»Die sind überprüft. Im Fall Flade hatte er Dienst und bei Martina einen Arzttermin. Ich habe nachgefragt. Er war da. Bei der Hasler war er angeblich in der Stadt, um Weihnachtseinkäufe zu machen. Was ist mit ihm?«
»Er arbeitet in der Seniorenresidenz, aus der das Handy verschwunden ist. Mir taucht er zu häufig in unseren Ermittlungen auf. Den sehen wir uns jetzt genau an.«
»Ich rede mit seiner Ex, dieser Sozpäd.«
Nachdem Alois gegangen war, vertiefte Dühnfort sich in die Unterlagen. Alle Mitarbeiter von Subvento waren unter die Lupe genommen worden. Nichts Ungewöhnliches bei Languth. Dühnfort sprach mit den Mitgliedern der Soko, die die Daten zusammengetragen hatten, und erhielt keine Informationen,
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