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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Spaziergänger.«
    »Richtig. Aber dieser Zeuge war nicht sehr glaubwürdig. Aus einem halben Kilometer Distanz hat er das Geschehen beobachtet. Angeblich. Er war auf dem Heimweg vom Wirtshaus, wo er zwei Maß Bier konsumiert hatte. Ich bitte Sie. Was soll man von einem solchen Zeugen halten?
    Martina Oberdieck war eine ungeübte Autofahrerin, und sie war zu schnell. Das hat sie damit begründet, Gas gegeben zu haben, um so die Kollision zu verhindern. Hupen hätte doch gereicht. Wenn es damals nach mir gegangen wäre, hätte das alles vor Gericht geklärt werden müssen. Natürlich war ich gegen die Einstellung. Als es dann doch geschah, war das keine Sternstunde der Justiz. Aber das ist Jahre her.« Wieder hob er die Hände in dieser unschuldigen Geste, die Dühnfort ihm nicht abnahm. Zu bemüht, zu demonstrativ entspannt. Den Titel Richter Kein Pardon verdiente man sich nicht mit Großzügigkeit und Nachsicht.
    »Sicher haben Sie Verständnis für meine Frage, wo Sie an den beiden Abenden waren, als Jens Flade und Martina Oberdieck starben.«
    In Schülkes an Mimik armen Gesicht ging eine Veränderung vor sich. Die Pupillen zogen sich zusammen, der Blick wurde kühler. »Ich war bei einer Familienfeier, als Flade überfahren wurde. Etwa fünfzig Personen dürften als Zeugen ausreichend sein. Sie werden eine Liste von mir erhalten.« Er notierte den Namen des Restaurants, in dem die Feier stattgefunden hatte, und reichte Dühnfort den Zettel.
    »Danke. Und an dem Abend, als Martina starb, wo waren Sie da?«
    »Alleine zu Hause. Nach einem anstrengenden Prozess habe ich mich ausgeruht. Möchten Sie vielleicht noch mein Auto besichtigen? Sicher wissen Sie bereits, dass ich einen dunklen Geländewagen fahre.«
    »Gerne. Dann wäre das auch erledigt.« Dühnfort suchte nach einer Reaktion in Schülkes Gesicht, konnte aber keine erkennen.
    »Gut. Gehen wir in die Tiefgarage.«
    Mit dem Lift fuhren sie ins 2. Untergeschoss. Neonlicht flackerte. Grauer Beton. Eisige Kälte. Der Volvo parkte in einer schlechtbeleuchteten Ecke. Schülke holte aus dem Wageninneren eine Taschenlampe und reichte sie Dühnfort. Kein Bullenfänger, kein Kratzer, intakte Scheinwerfer.
    Im Erdgeschoss verließ Dühnfort den Fahrstuhl. Schülke reichte ihm die Hand. »Sie sind gründlich. Das gefällt mir.«
    Ein irritierendes Lob. Dühnfort grübelte noch darüber nach, als er auf die Ausgangstüren zuging, vorbei an einer Gruppe Menschen und zwei Frauen, die an einer Betonsäule lehnten. Hinter einer anderen verschwand eine Gestalt, die Dühnfort bekannt vorkam. Gedrungen, bullig, wieselflink. Helmbichler.

34
    In der spiegelnden Scheibe der Eingangstür entdeckte Dühnfort ihn wieder. Helmbichler lehnte an der Säule, den Blick zum Ausgang gerichtet. Er wartete, bis Dühnfort vorbeiging, um dann … Was zu tun? Sich an seine Fersen zu heften oder ihn hier im Gericht vor zwanzig Zeugen zu erstechen? Unwillkürlich verlangsamte Dühnfort seine Schritte, spürte das Holster, in dem die Dienstwaffe steckte, seitlich an der Brust, änderte seinen Kurs um einige Grad und steuerte die linke Tür an. Dabei behielt er Helmbichler im Auge und passierte die Säule, hinter der er lauerte, mit einigen Metern Abstand. Sein Gegner nahm die Verfolgung auf. Dühnforts Hand glitt zur Waffe. Sicher war sicher. Eine Drehung und er stand dem Mann gegenüber. Ertappt zuckte der zusammen.
    »Herr Helmbichler. Welch eine Überraschung.«
    Das Aggressionspotenzial, das in ihm steckte, stand dem Mann ins Gesicht geschrieben. Ein Hals, so breit wie der Schädel. Ein kräftiger Unterkiefer, der sich nach vorne schob, als er die Zähne aufeinanderpresste. Ein Blick wie Stahl. Eine Hand fuhr zur Tasche der Lederjacke. Dühnfort riss mit der Rechten die Heckler & Koch aus dem Holster. Eine Frau schrie auf.
    »Polizei! Hand aus der Tasche, und zwar ganz langsam.«
    Zuerst Verblüffung, dann ein Grinsen. Helmbichler fixierte Dühnforts Blick und breitete in Zeitlupe die Arme aus. Im Augenwinkel nahm Dühnfort wahr, dass der Eingangsbereich sich leerte. Menschen flüchteten hinter Säulen, auf die Straße und in Fahrstühle. Zwei Kollegen der Sicherheitskontrolle am Eingang näherten sich mit gezogenen Pistolen. »Lassen Sie die Waffe fallen!«
    Dühnfort ließ Helmbichler nicht aus den Augen. »Keine Panik. Ich bin ein Kollege.« Mit einem der beiden hatte er vorher gesprochen.
    »Stimmt. KHK Dühnfort«, sagte der. »Was ist los? Brauchen Sie Unterstützung?« Schultern

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