Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
Vom Netzwerk:
sanken herab. Die Dienstwaffen wurden eingesteckt.
    »Danke. Nicht nötig. Das mache ich selbst.«
    Dühnfort dirigierte Helmbichler an die Säule. »Umdrehen. Hände an die Wand.« Mit routinierten Griffen tastete er den Mann ab. Er trug weder Messer noch ein anderes Kampfgerät bei sich. Was eigentlich zu erwarten gewesen war. In der Jackentasche steckten nur Schlüsselbund, Handy und Zigaretten. Dühnforts Pulsfrequenz erreichte allmählich wieder das gewohnte Niveau. »Sie können sich umdrehen.«
    Er wandte sich an die Kollegen. »Es ist alles in Ordnung.« Die Stille wich wieder einem normalen Geräuschpegel. Der Eingangsbereich füllte sich. Leute kamen und gingen. Ein paar Neugierige blieben stehen. Helmbichler sah zufrieden aus. »Schwache Nerven, was? Ned gut in deinem Job.«
    »Was tun Sie hier?«
    »Geht dich des was an?«
    Einen Augenblick maßen sie sich mit Blicken. Dann lenkte Helmbichler ein. »Ich hab einen Termin g’habt. Bei meinem Sozialarbeiter.«
    »Weshalb haben Sie sich hinter der Säule versteckt?«
    Helmbichler verschränkte die Arme vor der Brust. Die Mundwinkel senkten sich. »Das dürft ja wohl klar sein.«
    Dühnfort wartete, was noch kommen würde.
    »Einem wie dir rennt man besser nur einmal im Leben übern Weg.«
    »Gut. Dann belassen Sie es auch dabei.«
    »Hast Schiss? Was?« Die Augen wurden schmal, das Kinn stieg in die Höhe. Ein dünnes Lächeln folgte. »Denkst, ich kragl dich ab. Ha?«
    Abkragln? Was auch immer das bedeuten sollte, eine Form von Ableben war damit gemeint. So viel verstand Dühnfort. Er wollte nicht auf diese Provokation eingehen, suchte Helmbichlers Blick und fixierte ihn. »Besser, Sie laufen mir nicht noch einmal über den Weg. Ihre Worte.« Damit wandte er sich ab und ging.
    »Is des a Drohung?«, rief Helmbichler ihm nach.
    Dühnfort trat ins Freie.
    Vom Auto aus rief er Buchholz an, behielt dabei aber den Eingang im Blickfeld. Helmbichler kam heraus und trollte sich Richtung U-Bahn.
    Buchholz erklärte, die Untersuchung der Postkarte würde noch dauern. »Kann ich hexen? Was ich bis jetzt sagen kann: selbst ausgedruckt auf einem Papier der Firma Avery. Nichts Besonderes. Das kannst du in jedem Kaufhaus kaufen.«
    »Und wie sieht es mit DNA aus?«
    »Wir arbeiten daran. Gedulde dich.«
    Dühnfort beendete das Gespräch und fuhr zurück ins Präsidium. Zuerst machte er sich einen Espresso doppio und rief dann im Gericht an, um sich nach dem Sozialarbeiter zu erkundigen, der für Helmbichler zuständig war. Doch der hatte bereits Feierabend gemacht, und so würde die Überprüfung von Helmbichlers Angaben bis morgen warten müssen.
    Dühnfort zog die Schublade auf und eine Tafel Schokolade hervor. 85 % Kakao. Das war genau das, was er jetzt brauchte. Nervenfutter.
    Die Ermittlungen liefen. Sie taten ihr Bestes. Er musste Geduld haben, hatte sie aber nicht. Wie eine kühle Strömung in tiefen Wasserschichten begleitete ihn seit gestern eine Unruhe, die sich stetig verstärkte, einen kalten Sog entwickelte. Als er sich kurz nach sieben auf den Heimweg machte, war sie nicht verflogen. Sie versetzte ihn in eine nervöse Gereiztheit, die ihm sogar die Lust aufs Kochen verdarb. Unterwegs besorgte er gemischte Antipasti, Ravioli und Ciabatta.
    Gina kam zwanzig Minuten nach ihm. Da hatte er den Tisch bereits gedeckt und eine Flasche Pinot Grigio entkorkt. Während des Essens fragte er, ob sie wusste, was das Wort abkragln bedeutete.
    »Jemanden umbringen. Die Redensart kommt daher, dass man früher Hühnern den Kragen, also den Hals umdrehte. Wieso interessiert dich das?«
    Einen Moment zögerte er, Gina von seinem Zusammentreffen mit Helmbichler zu berichten. Sie würde sich Sorgen machen. Andererseits hatte er nicht den Eindruck, dass von dem Mann Gefahr ausging. »Helmbichler ist mir begegnet.«
    Gina ließ ihre Gabel mit der aufgespießten Ravioli auf den Teller sinken. »Wo denn?« Ihre Schokoladenaugen wurden eine Nuance heller, als die Pupillen sich vor Schreck zusammenzogen. »Hat er etwa gedroht, dich abzukrageln ?«
    »Er hat mich gefragt, ob ich Angst hätte, dass er mich abkragln würde.« Um sie zu beruhigen, erzählte er ihr ausführlich von der Begegnung. Auch, dass er seine Waffe gezogen hatte, ließ er nicht aus. Gina würde ihn ohnehin so lange ins Verhör nehmen, bis sie sich ein vollständiges Bild der Begebenheit machen konnte. Da war es besser, sich nicht die Würmer aus der Nase ziehen zu lassen, sondern offen zu sein und so der Begegnung

Weitere Kostenlose Bücher