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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Allgemeinheit sie verstand. Sanne war gespannt, was jetzt kommen würde.
    »Diese Amnesie hat einen Grund. In den Sekunden, an die du dich nicht erinnern kannst, muss etwas Entscheidendes geschehen sein.«
    Ja! Natürlich! Ludwig ist zu Tode gestürzt! Schon vergessen?
    »Etwas, das dich traumatisiert hat. Du wirst erst damit abschließen können, wenn du dich erinnern kannst.«
    »Das weiß ich selbst«, fuhr sie ihn an und schämte sich sofort für diesen unangebrachten Tonfall. Versöhnlich fügte sie hinzu: »Ich bemühe mich doch seit Jahren. Aber es geht nicht. Da ist nur ein schwarzes Loch!«
    Er griff nach ihrer Hand und drückte sie. In seinen Augen lag Sorge. Wie so häufig. »Manchmal, wenn du so in Abwehrhaltung gehst … Sei mir nicht böse, Sanne, ich sage nur, wie ich es empfinde … Kann es sein, dass du dich nicht erinnern willst?«
    Wie bitte?
    Sie wünschte sich nichts verzweifelter, als endlich zu wissen, was geschehen war. An jedem Augenblick dieses schrecklichen Abends. Wie konnte er ihr unterstellen, sie wolle sich nicht erinnern? Glaubte er am Ende …?
    Sie war doch mehr als drei Meter entfernt gewesen. Wieder sah sie das Bild vor sich: ihre Hand auf der Türklinke …
    Weshalb war dieses Bild für sie so wichtig? Weshalb klammerte sie sich daran wie an einen Rettungsring? Panik schlug in einer gigantischen Welle über ihr zusammen. Sie sprang auf. Der Stuhl krachte hinter ihr zu Boden. »Wenn du das glaubst, dann solltest du jetzt gehen.«

41
    Beim Morgenmeeting war Dühnfort auf angenehme Weise ein wenig unausgeschlafen.
    Gestern Abend war es ihm nicht mehr gelungen, mit Lydia van Gierten zu sprechen und eine Liste der Teilnehmer an den Gruppensitzungen zu erhalten. Die Praxis war bereits geschlossen gewesen. Er hatte an der Wohnung geklingelt, die sich im selben Haus befand, und als sich dort nichts rührte, hatte er eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen und um Rückruf gebeten. Das war um zehn vor acht gewesen, und Gina hatte bereits vor dem Filmcasino auf ihn gewartet.
    Der Vorspann lief schon, als sie den Vorführraum betreten hatten und sich in eine der hinteren Reihen setzten. Danach eine Quiche und ein Glas Wein im Oskar Maria, gefolgt von einem Spaziergang durch die Innenstadt zu seiner Wohnung. Die Luft prickelte. Die Schaufenster waren erleuchtet. Weihnachtsdekorationen überall. Verheißung lag über der Stadt. Mit Gina an seiner Seite war das Leben so viel schöner.
    Die Nacht war kurz. Sie liebten sich. Er fragte, ob sie Lust hätte, Weihnachten mit ihm und seiner Familie auf Sylt zu verbringen. Sie hatte. Er warnte sie, dass Julius und Victoria jede Minute durchplanen würden.
    »Wenn uns das zu viel wird, flüchten wir uns in lange Strandspaziergänge«, erwiderte sie, »oder, falls wir ein eigenes Zimmer haben, machen wir einfach die Tür hinter uns zu. Haben wir?«
    »Ja. Das haben wir.« Er nahm sie in den Arm. So schliefen sie ein.
    Und nun saß Dühnfort angenehm unausgeschlafen im Meeting, und sein Ärger, dass Alois zu spät kam, hielt sich in Grenzen.
    Der Stand der Ermittlungen wurde besprochen. Sie gingen nur zäh voran. Die Rekonstruktion der letzten Stunden in Martinas Leben hatte der Soko keinen weiteren Ermittlungsansatz beschert. Schülkes Alibi für den Fall Flade war bestätigt. Er war bei einer Familienfeier in einem Lokal gewesen, das sich allerdings in der Nähe des Tatorts befand. Fünf Minuten mit dem Auto entfernt. War er kurz von der Feier verschwunden? Doch der Fahrer hatte etwa 15 Minuten auf Flade gewartet. Beinahe eine halbe Stunde Abwesenheit wäre den Gästen dieser Feier sicher aufgefallen. Und welches Motiv konnte er haben?
    Gina war noch damit beschäftigt, die Einwohnermeldeämter der Tegernseegemeinden zu kontaktieren, um die Verwandte von Eugen Voigt aufzutreiben und somit ihn.
    Blieb noch die Postkarte. Flade hatte definitiv keine erhalten, berichtete Alois. Dühnfort beauftragte ihn, mit seiner Gruppe Mitarbeiterlisten aller Kriseninterventionsteams in München zu besorgen und diese mit der Namensliste abzugleichen, die Dr. Stefan Neumeier im Laufe des Tages zufaxen würde. Vielleicht hatte jemand das KIT gewechselt.
    Dann informierte er die Soko über die Selbsthilfegruppe Schuldlos schuldig der Psychotherapeutin Lydia van Gierten. »So, wie sich das für mich darstellt, findet der Täter seine Opfer in dieser Gruppe. Falls ich die Mitgliederliste von der Leiterin nicht freiwillig bekomme, werde ich einen Herausgabebeschluss

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