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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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zurückgezogen?«
    »Nach der Trennung war das besser so.«
    »Wenn ich eine Liste der Mitglieder haben will, wende ich mich also am besten an Ihre Ex. Können Sie mir die Adresse geben?«
    »Sie wird die Namen aber nicht freiwillig herausrücken. Und ich würde das auch nicht ohne richterlichen Beschluss tun. In unseren Reihen nach einem Mörder zu suchen, ist geradezu lächerlich. Wir helfen den Leuten. Wir gehören zu den Guten, wenn Sie so wollen.«
    Interessanter Aspekt, dachte Dühnfort. »Wie kommen Sie auf die Idee, ich würde dort den Täter suchen?«
    »Tun Sie das nicht?«
    »In erster Linie wollen wir potenzielle Opfer ausfindig machen und schützen.«

40
    Sanne saß an der Werkbank und nahm behutsam den alten Cellobogen auseinander. Der Frosch aus Schildpatt hatte Risse und war an zwei Stellen gebrochen. Unterhalb des Schiebers war eine Metallschiene zur Stabilisierung eingebaut worden. Wer machte denn so etwas? Der Frosch war vermutlich nicht zu retten. Sie würde ihn ersetzen müssen.
    Es war schon nach acht, als sie den Bogen in seine Bestandteile zerlegt und diese gereinigt hatte. Sie räumte die Werkstatt auf und wollte gerade das Licht löschen, als es an der Haustür klingelte. Vielleicht Laura.
    Doch es war Niklas Domegall. Unrasiert, das lange Haar im Nacken zusammengefasst und die Ärmel des Flanellhemdes aufgekrempelt, stand er im Nieselregen. »Sie werden das jetzt für einen plumpen Annäherungsversuch halten. Aber haben Sie ein Pflaster, das Sie mir borgen könnten?« Auf den linken Daumen drückte er ein Papiertaschentuch, das bereits mit Blut vollgesogen war. »Ich habe mich geschnitten und finde den Erste-Hilfe-Kasten nicht. Steckt vermutlich noch in einem Umzugskarton.«
    Wenn das ein Annäherungsversuch war, dann war der Highlander bereit, Opfer zu bringen. Und mit einem Pflaster war es nicht getan. Das sah man ja auf den ersten Blick. »Kommen Sie rein.« Wieder einmal klang sie unfreundlich. Sie bugsierte ihn in die Küche und holte Verbandszeug aus dem Bad.
    Ein paar Minuten später war der Schnitt gesäubert und verarztet. »Danke.« Domegall stand auf. »Sie kriegen den Verband frisch gewaschen und gebügelt wieder.« Ein Grinsen konnte er sich nicht verkneifen.
    »Nicht nötig. Wirklich nicht.«
    Auf dem Weg zur Haustür kamen sie am Wohnzimmer vorbei. Herr Kater, der dort auf dem Sofa lag, blickte auf und spitzte die Ohren.
    »Ach, da fällt mir ein, für Herrn Kater habe ich ja etwas.« Domegall zog aus einer der zahlreichen Taschen seiner Hose einen Katzenstick. »Den trage ich schon seit Tagen mit mir rum. Auch er hat eine Entschuldigung verdient. Darf ich ihm den geben?«
    Irgendwie war Domegall nicht der Kotzbrocken, den Sanne gerne in ihm gesehen hätte. Eigentlich war er ganz nett. Sie nickte und folgte ihm ins Wohnzimmer.
    Herr Kater reckte sich, als Domegall ihn begrüßte, und sprang hoch, als er die Folie vom Stick zog. Ratzfatz war der leckere Happen verschlungen und die Entschuldigung offenbar angenommen. Doch Domegall ging noch nicht. Ihm fiel der Sekretär ihrer Urgroßmutter auf. An mehreren Stellen hatte das Furnier Risse. Er bot ihr an, das bei Gelegenheit zu reparieren. »Natürlich zu einem Freundschaftspreis.«
    Ehe sie es sich versah, saß er auf ihrem Sofa und erzählte von seiner Arbeit, die ursprünglich ein Hobby gewesen war, und dass er eigentlich Zahnarzt war und die Praxis zugunsten der alten Möbel aufgegeben hatte. Seine Ehe hatte diese Entscheidung nicht überlebt. »Monikas Zuneigung galt wohl eher meinem Bankkonto. Vor drei Wochen hat sie wieder geheiratet. Den Finanzvorstand eines Konzerns. Ende gut, alles gut. Wenigstens Hamlet ist bei mir geblieben.« Lächelnd erhob er sich. »Ich halte Sie schon zu lange auf und sollte jetzt langsam mal gehen.«
    Diese Gelassenheit, die er ausstrahlte, war irgendwie faszinierend. Wie gelang einem das?
    Ein Bild tauchte aus ihrer Erinnerung hervor. Eine schemenhafte Figur im Morgengrauen auf der Wiese. Weiche, fließende Bewegungen. War das Tai-Chi oder Chi Gong? Vielleicht wäre das etwas für mich, überlegte Sanne, während sie Domegall zur Tür brachte.
    »Danke fürs Verarzten.« Er hob die verbundene Hand zum Gruß und wechselte auf die andere Seite der Straße, zu seinem Haus. Während sie ihm nachsah, kam ein Auto den Weg vom Dorf heruntergefahren. Die Lichter schaukelten in der Dunkelheit. Wer mochte das sein? Die Straße endete hier. Vermutlich jemand, der zu Domegall wollte, denn sie erwartete

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