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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Liste der Selbsthilfegruppe. Kaum dachten sie, es gäbe einen Ansatzpunkt, da flutschte ihnen dieser wie Seife aus den Händen.
    Dühnfort dankte Russo. »Hast du aktuelle Kontaktdaten der beiden?«
    Russo zog ein weiteres Blatt aus seinen Unterlagen und reichte es Dühnfort. »Beide wohnen noch in München.«
    »Wisst ihr, welche KIT s bei den beiden im Einsatz waren?«
    »Im Fall der Studentin wurde das Kriseninterventionsteam des Arbeiter-Samariter-Bundes hinzugezogen und in Garmisch … Keine Ahnung.« Russo zuckte die Schultern. »Ich mache mich schlau. Aber ganz sicher nicht Subvento. Die arbeiten nur in München.«

43
    Dühnfort rief Margarethe Hasler um kurz nach zwei an. Als die alte Dame sich nicht meldete, wählte er die Büronummer von Phillip Heitmann, der Sachbearbeiter bei einer Versicherung war. Leider war er heute nicht da. Wie Dühnfort von einer Kollegin erfuhr, war Heitmann zurzeit krankgeschrieben. »Ist er ja häufig, seit der Sache mit Isabella«, meinte sie.
    Doch auch zu Hause ging Heitmann nicht ans Telefon und ebenso nicht an das Handy. Dühnforts Unruhe verstärkte sich. Er fuhr nach Sendling zu einem modernen Wohnblock, in dem Heitmann in der vierten Etage wohnte. Dühnfort klingelte. Nichts rührte sich. Eine junge Frau verließ mit einem Kinderwagen das Haus. Dühnfort hielt ihr die Tür auf und schlüpfte hinein. Mit dem Lift fuhr er nach oben und klopfte an Heitmanns Wohnung. Schritte waren zu hören. Doch niemand öffnete. Er klopfte erneut. »Herr Heitmann? Dühnfort, Kripo München. Ich muss Sie sprechen. Es ist wichtig.«
    Es dauerte einen Moment, dann wurde der Schlüssel im Schloss gedreht und die Tür einen Spaltbreit geöffnet. Verstrubbeltes Haar, Dreitagebart und Ringe unter den Augen, wie Pete Doherty. Mit stumpfem Blick musterte Heitmann ihn. Dühnfort zeigte seinen Ausweis und trat ein.
    Die Wohnung war dreckig, die Luft abgestanden. Es roch nach miefigen Klamotten, verdorbenen Lebensmitteln und Zigaretten. Dühnfort folgte dem schweigenden Heitmann ins Wohnzimmer. Anscheinend hatte er auf dem Sofa geschlafen. Mehrere Decken und Kissen lagen darauf. Die Jalousien waren heruntergelassen. Eine Deckenlampe brannte. Auf dem Couchtisch lag ein Stapel ungeöffneter Post, zwischen Zeitschriften, Medikamentenpackungen und einem ärztlichen Rezept, das offenbar für Nachschub sorgen sollte. Eine Postkarte konnte Dühnfort nicht entdecken.
    Der Mann war nicht auf dem Damm. Besser, man fiel nicht mit der Tür ins Haus. Mit ein paar einleitenden Sätzen pirschte Dühnfort sich an den Grund seines Besuchs heran. Und irgendwann kam er auf den Punkt und fragte, ob Heitmann eine Postkarte mit diesem Schiller-Zitat erhalten hatte, oder anonyme Anrufe oder Mails.
    Heitmann schüttelte den Kopf.
    »Sicher? Sie haben seit Tagen Ihre Post nicht geöffnet.« Dühnfort wies auf den Couchtisch.
    »Sehen Sie nach.«
    Das tat Dühnfort, doch er entdeckte weder eine Karte noch einen verdächtigen Brief. Er bat Heitmann, sich zu melden, falls sich das ändern sollte. »Nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter. Der Mann ist gefährlich. Wir haben bereits zwei Todesfälle.«
    Durch Heitmann, der ihm bisher mehr oder weniger teilnahmslos zugehört hatte, ging ein kleiner Ruck. »Mir wäre das ganz recht. Dann muss ich es nicht selbst tun.«
    »Was nicht tun?«
    Heitmann ließ sich aufs Sofa fallen und starrte zwischen seinen Beinen hindurch auf den Teppichboden. »Ich konnte ihr nicht helfen. Sie ist übers Eis gegangen, und auf einmal war sie weg. Kein Knacken oder Kirschen. Sie war einfach verschwunden. Können Sie sich vorstellen, wie das ist? Fünfzig Meter und doch unerreichbar. Besser, ich hätte es versucht und wäre mit ihr gestorben.« Heitmann schlang die Hände ineinander. »Doch ich habe mich nicht getraut. Ich war feig. Eine feige Sau. Und jetzt muss ich damit leben, und sie ist tot. Soll er nur kommen, dieser Mann, der solche wie mich umbringt. Dann muss ich das nicht selbst tun.«
    Dühnfort besah sich die Medikamentenpackungen genauer. Antidepressiva. Nicht zu knapp. Und dazwischen zwei Schachteln mit rezeptpflichtigen Schlafmitteln. »Sie haben hoffentlich nicht vor, es doch selbst zu erledigen?«
    Ein Schulterzucken war die Antwort.
    »Herr Heitmann, was machen diese Berge von Tabletten auf Ihrem Couchtisch?«
    »Das sind Schläfer.« Ein feines Lächeln umspielte die Lippen.
    Schläfer? Alles, was Dühnfort dazu einfiel, war die todbringende Kraft von Terroristen, die zuvor

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