Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
eine feuchte Zeitung und dann in braunes Packpapier wickelte.
    »Nur nach Templin.«
    »Bis dahin werden sie sich halten, doch dann sollten sie gleich ins Wasser. Feldblumen sind empfindlich.«
    »Was hast du denn jetzt dafür bezahlt?«, wollte Steffi wissen, als ich meinen Einkauf auf dem Rücksitz deponiert hatte.
    »Vier Mark zusammen.«
    »Dafür hätt’ste bei uns nicht mal die Margeriten gekriegt. – Hoppla, das wäre beinahe schiefgegangen!« In letzter Sekunde hatte sie noch das Steuer herumgerissen, sonst hätte sie die Ente plattgefahren. »Wo kam die denn plötzlich her?«
    »Frag sie doch!«
    Grimmig sah sie mich an. »Du bist auch schon mal komischer gewesen! – Apropos Ente: Langsam kriege ich Hunger.«
    »Ich auch, aber wir müssen ja bald da sein. Sollten wir nicht überhaupt mal links abbiegen?«
    »Erst in Mümmeldorf oder wie das Kaff heißt. Bisher ist es noch nicht aufgetaucht.«
    Das Kaff hieß Milmersdorf und wurde renoviert. Zumindest hörte plötzlich die Straße auf. Rotweiße Schranken signalisierten Bautätigkeit, von der allerdings nichts zu sehen war. Der Ort schien menschenleer.
    »Mittagspause«, vermutete Steffi. »Bis die zu Ende ist, möchte ich eigentlich nicht warten.«
    »Weshalb solltest du?«
    »Weil ich partout keine Ahnung habe, wie ich jetzt weiterfahren muss. Siehst du vielleicht irgendwo ein Schild? Na also! Und bevor wir eventuell an der Ostsee landen, würde ich doch lieber einen Eingeborenen fragen.«
    »Wie stellst du dir das vor? Willst du an der nächsten Haustür klingeln?«
    »
Ich
nicht!«, kam es prompt zurück.
    Ich sah in ihr erwartungsvolles Gesicht und schüttelte den Kopf. »Denk erst gar nicht daran!« Andererseits hatte ich auch keine Lust, bis zum Erscheinen des ersten menschlichen Wesens auszuharren. Die Länge der Mittagspausen hängt bekanntlich vom Arbeitseifer der jeweiligen Vorgesetzten ab, speziell bei Bauarbeitern, und von denen will der Polier auch erst mal in Ruhe seine Bildzeitung lesen. »Fahr doch einfach weiter! Am besten nach links, da müssen wir sowieso hin.«
    »Auf diesen Trampelpfad? Na, wenn du meinst …«
    Es musste wohl der richtige gewesen sein. Plötzlich waren wir wieder auf einer Straße und wenig später am Ortseingang von Templin. Genau in diesem Augenblick fing es an zu regnen.
    »Scheint ja ein reizendes Städtchen zu sein.« Steffi deutete auf die trostlosen Wohnblocks mit ihren abblätternden Fassaden, die den ersten und letzten Anstrich während der Ulbricht-Ära bekommen hatten. Dazwischen eine Jugendstilvilla, heruntergekommen, beinahe schon baufällig. Neu waren lediglich die Satellitenschüsseln, mal neben dem Fenster montiert, mal auf dem Balkongitter befestigt, selten auf dem Dach – ein Meer von runden Scheiben.
    Bevor wir uns auf die Suche nach der Kreisbibliothek machten, steuerte Steffi ein am See gelegenes Restaurant an. »Die hier scheinen von unserem Solidaritätszuschlag schon was abgekriegt zu haben.«
    Vielleicht war das hübsche Holzhaus früher mal eine HO -Gaststätte gewesen – direkt am See gegenüber von einem Angelsteg gelegen –, ein bisschen sah es noch danach aus, doch hatte man es offensichtlich renoviert und ein kleines Restaurant daraus gemacht. Der verlockende Duft nach Gebratenem trieb uns hinein.
    »Ich nehme die Kohlrouladen«, entschied Steffi nach einem flüchtigen Blick auf die Speisekarte, »du machst ja nie welche!«
    Stimmt. Seit meiner letzten Blamage, die allerdings schon etliche Jahre zurücklag, hatte ich mich an diese sperrigen Dinger nicht mehr herangewagt.
    »Kohlrouladen haben aus Kohl zu bestehen und nicht aus Hackfleisch!«, hatte mein Ehemann gemeckert, als ich ihm das erste Produkt meiner damals noch sehr unzulänglichen Kochbuch-Kenntnisse vorgesetzt hatte. Seitdem musste ich immer mindestens fünf Kohlblätter um die Füllung wickeln, aber dann hält die Klammer nicht, und mit Zahnstochern braucht man gar nicht erst anzufangen. Die Methode unserer Altvordern ist in diesem Fall die beste. Omi hatte früher immer eine Rolle Nähgarn in der Küchenschublade gehabt, ich nehme lieber Zwirn, der reißt nicht so schnell.
    An jenem bewussten Tag – Rolf war nicht da, stattdessen hatte Sascha mal wieder zwei Freunde an den kostenlosen Mittagstisch geschleppt – klingelte das Telefon, als ich gerade das Essen aufgetragen hatte. Während ich noch an der Strippe hing, hörte ich plötzlich aus dem Nebenzimmer die Kommandostimme meines Sohnes: »Eins, zwei, drei!

Weitere Kostenlose Bücher