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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Und ziehen … rollen … ziehen … rollen …« Ich warf den Hörer hin und stürzte ins Nebenzimmer. Da stand doch die ganze Meute auf den Stühlen und spulte zwei Meter Zwirnsfaden auf die Gabeln. Ich hatte ganz einfach vergessen, ihn vor dem Servieren zu entfernen. – Seitdem habe ich etwas gegen Kohlrouladen!
    Ganz genau hatte uns die Kellnerin den Weg zur Friedrich-Engels-Straße beschrieben. Die hatten wir auch gleich gefunden, nur die Bücherei suchten wir vergebens. Es gab kein Haus mit der Nummer sieben.
    »Eigentlich kann es nur der Schuppen da hinten sein«, meinte Steffi, nachdem wir ein zweites Mal die Straße rauf- und wieder runtergefahren waren, »etwas anderes steht doch hier gar nicht.«
    Ich sah zu dem zurückliegenden, wellblechgedeckten Flachbau hinüber, betrachtete den aufgeweichten, von Pfützen übersäten Weg und befand, dass er keinesfalls zu einer kulturellen Stätte führen könne.
    »Wetten, dass …?«, fragte Steffi grinsend.
    »Wetten, dass nicht …?«
    Den Wagen ließen wir vorsichtshalber auf der Straße stehen, es genügte, wenn unsere Schuhe im Matsch versanken. »Hat’s denn im Arbeiter- und Bauernstaat nicht mal ein paar Eimer Schotter gegeben?«, schimpfte Steffi, mit einem Papiertaschentuch den Lehm von ihren Tretern wischend. »Und sieh dir mal meine Hosen an! Wenn ich die nachher ausziehe, stehen sie untenrum von alleine.«
    Wenigstens waren wir auf dem richtigen Weg gewesen. Steffis Gemecker hatte die Bibliothekarin vor die Tür gelockt. Offenbar fiel ihr ein Stein vom Herzen, als sie uns sah. »Sie sind doch Frau Sanders, nicht wahr? Wir hatten schon Angst, dass Sie gar nicht kommen. Das wäre für unsere Leser eine große Enttäuschung geworden.«
    Na, so furchtbar viele würden das bestimmt nicht werden. Die beiden Räume waren nicht groß und würden selbst nach einigen Umbauten Platz für maximal zwei Dutzend Stühle haben. Mich wunderte allerdings, dass man damit noch gar nicht angefangen hatte. Ich hatte nämlich festgestellt, dass die einzelnen Regale keine Rollen hatten, und wenn man die erst würde ausräumen müssen, um sie zur Seite schieben zu können …
    Frau Bort musste Gedankenleserin sein. »Die Veranstaltung findet natürlich nicht hier statt, sondern im Gemeindesaal. Der ist aber ganz einfach zu finden. Gleich das zweite Haus rechts am Marktplatz, und da im ersten Stock. Unten ist die Kindertagesstätte drin.«
    Das hörte sich schon besser an. »Vorher würden wir noch gern ins Hotel fahren.«
    »Ja, natürlich«, sagte Frau Bort, »das ist nicht weit weg. Bis zur Unterführung, da biegen Sie links zum Wald ab, und dann sehen Sie es schon.« Bevor wir uns verabschiedeten, drückte sie mir ein Kuvert in die Hand. Den Absender kannte ich schon: Staatl. Fachstelle für öffentliche Bibliotheken. »Frau Wagner war sich nicht sicher, ob der Brief Sie vor Ihrer Abreise noch erreichen würde, deshalb hat sie ihn hierher geschickt. Ich glaube, da hat es ein paar Änderungen gegeben.«
    Die hatten Zeit bis später. Ich wollte endlich raus hier und im Hotel unter die heiße Dusche.
    »Es fängt an zu regnen«, bemerkte Steffi ganz richtig, während wir bei noch geöffneten Türen im Wagen saßen und den klebrigen Lehm von den Schuhen kratzten. »Wären wir später angekommen, hätten wir wahrscheinlich schwimmen müssen.« Sie deutete auf die Pfützen, die sich zusehends zu einem See vereinten. »Im Winter wird man Schlittschuhe brauchen.«
    Selbst bei Sonnenschein würde diese Stadt nicht gerade einladend aussehen, bei Regen wirkte sie einfach trostlos. Grauer Himmel, graue Häuser, Farbtupfer höchstens durch ein beleuchtetes Schaufenster oder frischgestrichene Fensterrahmen. Dazwischen immer mal wieder die verblichenen Buchstaben eines ehemaligen HO -Geschäfts.
    »Hier sieht es ja noch aus wie vor fünfzig Jahren«, murmelte Steffi, »und ich habe gedacht, dass man wenigstens schon ein paar Anzeichen des kommenden Wohlstands erkennen kann. Wenn ich da an Ostberlin denke …«
    »Berlin ist Hauptstadt und hier tiefste Provinz. Von den Solidaritätsmillionen kommen wahrscheinlich bloß ein paar Tausender an.«
    »Und die haben nicht mal für ’ne Kneipe gereicht! Oder hast du schon ein Etablissement entdeckt, wo wir nachher was zu essen kriegen?«
    Darauf hatte ich noch gar nicht geachtet, und außerdem schadet zweimal Essengehen der Taille. »Am besten hältst du vor dem nächsten Supermarkt.«
    »Nach kalter Küche ist mir aber gar nicht«,

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