Schuld war nur die Badewanne
nicht nur die Verkäuferin zufriedenstellte, sondern auch Stefanie, weiß ich nicht mehr, ich sah nur gewisse Schwierigkeiten voraus, zu diesem Anzug die Accessoires zu finden. Was, um alles in der Welt, passt zu Vanillepuddinggelb? Das ist diese langweilige Schattierung, wenn man darauf verzichtet hat, in den fertigen Pudding noch ein Eidotter zu rühren. Anderthalb Jahre später wurde dieser Farbton unter der Bezeichnung
Champagner
ein Hit, doch im Sommer ’ 94 kannte ihn kaum jemand. Die Lederwarenindustrie hatte ihn jedenfalls noch nicht entdeckt, denn als Steffi Tage später endlich ein Paar akzeptable Pumps fand, waren es alte Ladenhüter, die man schon dreimal im Preis herabgesetzt hatte. Aber die Farbe stimmte.
Im Übrigen gefiel sie mir in diesem Anzug großartig. Ihre dunklen Haare bildeten einen aparten Kontrast zu dem hellen Stoff, und nachdem wir auch noch eine schicke Seidenbluse gefunden hatten, paradierte sie zufrieden vor dem Spiegel auf und ab. »Siehste, Määm, sooo hab ich mir das vorgestellt! Damit kann ich mich identifizieren, aber nicht mit diesem komischen Kräuselkrepprock. Der hat ausgesehen wie dauergewellt.«
Während die herbeizitierte Schneiderin Stefanie mit Nadeln spickte, weil die Hosen zu lang waren und der Knopf versetzt werden musste, beguckte ich mir das, was da noch so an Hosenanzügen aufgereiht war. Und plötzlich sah ich doch tatsächlich …
Die Stecknadeln reichten nicht, denn bei mir mussten auch noch die Ärmel gekürzt werden, aber als dann alles auf die erforderliche Länge abgesteckt war, sah mir aus dem Spiegel eine Frau entgegen, deren Outfit mir ausnehmend gut gefiel. Bis auf die Schuhe! Zu diesem hellen Glencheckanzug sollte ich statt der ausgelatschten und deshalb äußerst bequemen Treter wohl doch besser etwas Eleganteres mit hohem Absatz anziehen! Seit meinem Oberschenkelbruch vor etlichen Jahren gehe ich nicht mehr so gerne auf Stelzen, doch ein paar Stunden Hochzeit würde ich wohl durchhalten können, zumal man die meiste Zeit sitzen kann.
»Was machen wir denn jetzt?«, fragte Steffi ratlos, als wir wieder auf der Straße standen. »Ich hab doch nicht damit gerechnet, dass wir so schnell fertig sind. Nicht mal Tüten müssen wir abladen gehen.«
»Wenn du nichts Besseres vorhast, dann könntest du mir eigentlich mal eure künftige Wohnung zeigen«, schlug ich vor, denn neugierig war ich natürlich, »oder geht das jetzt nicht?«
»Warum soll das nicht gehen? Hannes fährt jeden Tag mindestens einmal hin. Der Bauleiter kriegt schon die Krise, wenn er ihn bloß von weitem sieht.«
Das konnte ich mir lebhaft vorstellen. Mein Schwiegersohn ist ein netter und hilfsbereiter Mensch (wenn er will), höflich und entgegenkommend zu seinen Kunden (wenn er sie leiden kann), sogar verständnisvoll, wenn jemand mal Mist baut, aber wehe, man will ihn für dumm verkaufen. Dann ist er gar nicht mehr höflich, und was er von dem jeweiligen Kontrahenten hält, kriegen die Nachbarn auf der anderen Straßenseite auch noch mit. Anscheinend war es mal wieder so weit.
»Dreimal habe ich gesagt, wo die Mauer hin soll«, hörten wir ihn brüllen, »zusätzlich habe ich es aufgezeichnet, und wo steht sie jetzt??? Zehn Zentimeter zu weit links. Soll ich vielleicht ein Stück von der Sauna abhacken, oder wie haben Sie sich das gedacht? Das ist doch alles millimetergenau geplant!«
Wer sich was gedacht beziehungsweise nicht gedacht hatte, blieb unklar, denn wenig später kam Hannes aus der Tür geschossen und hätte uns beinahe über den Haufen gerannt. »Diese Idioten! Jetzt ist die Badewanne schuld, dass sie die eine Wand von der Duschkabine an der falschen Stelle hochgezogen haben. – Hallo, ihr beiden, habt ihr denn schon das ganze Geld ausgegeben?«
»Wieso Badewanne?«, wollte Steffi sofort wissen. »Die ist doch noch gar nicht da.«
»Eben drum! Wenn die Wand schon dort steht, wo wir sie haben wollen, können sie angeblich die Wanne nicht mehr installieren.«
»Und deshalb haben sie …?« Ungläubig sah Steffi nach oben, wo hinter den zwei großen Dachfenstern ein lauter Wortwechsel zu hören war.
»Jawoll, genau deshalb haben sie die Wand da hochgezogen, wo es ihnen angebracht erschien.«
»Und was jetzt?«
»Wird sie versetzt!«, sagte Hannes gleichmütig. »Herr Warnke hat sich davon überzeugen lassen, dass wir ja keinen Swimmingpool haben wollen, sondern nur eine etwas größere Badewanne, die selbst dann einzubauen wäre, wenn die Dusche doppeltes
Weitere Kostenlose Bücher