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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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und wir fahren nach Hause?«
    Genau das hätte ich am liebsten auch getan. Aber ich bin nun mal von meiner Großmutter in preußischem Sinn erzogen worden, und weil das nicht genügte, hatte ich auch noch einen preußisch beamteten Großvater gehabt, für den »Pflichtbewusstsein« die wichtigste Vokabel gewesen war. So was färbt ab! Außerdem hatte ich mich freiwillig auf dieses Unternehmen eingelassen, also würde ich es auch zu Ende bringen. Egal, wie!
    »Da ich annehme, dass K. über nicht mehr als fünfunddreißig Häuser und eine Kneipe verfügt, schlage ich vor, wir verbringen die Zeit bis zu deinem Auftritt in Prenzlau«, meinte Steffi, als vor uns das Ortsschild auftauchte.
    »Und was sollen wir da?«
    »Weiß ich doch auch nicht«, erwiderte meine Tochter. »Mal sehen, was sich bietet. Ein bisschen herumbummeln, irgendwo was essen, vielleicht sogar Schaufenster begucken, in denen etwas anderes liegt als Brötchenattrappen oder eine angeschnittene Salami … Irgendwo muss es doch mal ein paar Boutiquen geben, Schuhgeschäfte, Krimskrams-Läden …«
    »Du meinst eine Fußgängerzone?«
    »Genau! Mir ist bloß das Wort nicht eingefallen!«
    Nach einer halben Stunde Herumkurverei kannten wir zwar sämtliche Ausfallstraßen Prenzlaus, nur das Zentrum hatten wir nicht gefunden. Dabei sollte es eins geben, das hatten uns sowohl der Tankwart als auch die Dame mit Schleierhut versichert, die eine Tüte mit der Aufschrift »Modebasar« in der Hand getragen hatte. »Jetzt stellen wir den Wagen hier auf dem Parkplatz ab und versuchen es mal ohne Auto. Fußgängerzonen heißen deshalb so, weil man sie zu Fuß betritt!«
    »Da drüben ist ein Restaurant. Komm, lass uns mal sehen, was die haben.«
    Das Etablissement machte einen recht ordentlichen Eindruck, nur mit der Speisekarte kamen wir nicht so ganz klar. Die Brathähnchen hießen nämlich immer noch Broiler, unter »Krusta mit versch. Belag« hatte man wahrscheinlich eine Abart von Pizza zu verstehen, doch was sich unter den übrigen Bezeichnungen versteckte, blieb rätselhaft. Es gab jedoch auch Schnitzel und Sauerbraten. »Willst du denn jetzt wirklich schon wieder was essen?«
    Steffi sah auf die Uhr. »Halb zwölf ist noch zu früh, aber nun weiß ich wenigstens, dass es hier eine akzeptable Futterquelle gibt.«
    Die Fußgängerzone fanden wir auch noch. Sie erstreckte sich über zweieinhalb Straßen (eine halbe deshalb, weil die gegenüberliegende Seite keine Geschäfte mehr aufwies), die in der Länge zwar nicht mit dem Kurfürstendamm konkurrieren konnten, aber doch eine ganze Menge Läden zeigten. Die meisten Gebäude hatten sogar schon einen frischen Anstrich bekommen, und wer noch keine Markise über dem Schaufenster hatte, konnte wenigstens mit einem Sonnenschirm glänzen.
    Ohnehin hatte ich den Eindruck, dass so ziemlich alle Getränkehersteller und sämtliche Zigarettenfirmen ihren Bestand an Reklameschirmen nach Ossiland geschickt und dort kostenlos verteilt hatten. Egal, ob vor einem Obstladen oder einem Wäschegeschäft etwas beschirmt werden sollte, Cola und Camel waren immer dabei.
    Wir besuchten eine Buchhandlung, deren Inhaberin bedauerlicherweise kein Werk von Evelyn Sanders vorrätig hatte, es jedoch gern besorgen würde (»Siehste«, flüsterte Steffi, »hier kennt dich sowieso kein Mensch, weshalb soll dich also jemand kennenlernen wollen?«), kauften im Spielwarengeschäft eine Wasserpistole für Peter und eine Benjamin-Blümchen-Kassette für seinen Bruder, fanden weder im Modebasar noch in den anderen Läden etwas, das uns gefallen hätte, und landeten schließlich auf der Terrasse einer hübschen Eisdiele, die wohl hauptsächlich von Jugendlichen frequentiert wurde. »Zu meiner Zeit sind es die Milchbars gewesen«, erinnerte ich mich wehmütig, »Eis gab es damals nur vom Wagen – Schokolade, Vanille und Erdbeer – oder in einem richtigen Café. Ich kann dir nicht mal sagen, wann der Übergang von der Milchbar zur Eisdiele eigentlich stattgefunden hat.«
    Das wollte Steffi ohnehin nicht wissen. Schon seit einigen Minuten starrte sie zu der Sparkasse hinüber, vor der ungefähr ein Dutzend Leute standen. »Was ist denn da los? Banküberfall?«
    »Quatsch! Dann wäre längst Polizei da.«
    »Vielleicht ist es ja eben erst passiert«, meinte sie hoffnungsvoll. »Jedenfalls sollten wir die Augen offen halten, es könnte ja sein, dass wir wichtige Zeugen werden.«
    »Du siehst zu viele Krimis!« Außer uns kümmerte sich niemand um den

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