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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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dahin brachte, woher ich gekommen war. Niedliche Dörflein waren es, alle beide, nur leider die verkehrten. Das richtige fand ich aber doch noch, und auch gleich den von alten Bäumen umstandenen Platz, an dem die Bücherei lag. Davon war ich sofort begeistert. Mit viel Geschmack hatte man aus dem ehemaligen Weinkeller mit seinen niedrigen, gewölbten Decken zwei urgemütliche Räume gemacht. Ich hätte es nur begrüßt, wenn außer meiner netten Gastgeberin und deren Assistentin noch ein paar andere Leute anwesend gewesen wären. Sie war auch beinahe den Tränen nahe. »Ich verstehe das gar nicht«, beteuerte sie immer wieder, »es müssten mindestens zwanzig Zuhörer da sein. Alle, die in Frage kommen, habe ich einzeln angesprochen, und die meisten haben fest zugesagt.«
    Da ich solch eine Situation noch nie erlebt hatte, stand ich erst mal ratlos herum, plapperte Belangloses und überlegte dabei, wie ich diese verfahrene Sache zurechtbiegen könnte. Mich erschütterte sowieso nichts mehr, doch diese offenbar sehr engagierte Bibliothekarin tat mir leid. »Gibt’s hier in der Nähe eine Kneipe, wo wir gemeinsam ein Bier trinken können?«
    »Die hat heute Ruhetag!«, tönte es von der Tür her, wo eine muntere Mittvierzigerin die letzten beiden Stufen herabstieg. Verwundert sah sie sich um. »Bin ich etwa zu früh?«
    »Im Gegenteil«, sagte ich, meinem offenbar einzigen Gast die Hand reichend, »normalerweise hätte ich mit der Lesung längst anfangen müssen. Es war bloß niemand zum Zuhören da.«
    »Jetzt kommt auch keiner mehr«, behauptete sie sofort, »ich kenne das vom Elternabend her. Entweder stehen sie viel zu früh auf der Matte oder gar nicht.« Abschätzend sah sie mich an. »Auf die heutige Lesung habe ich mich zwar gefreut, doch ein privates Gastspiel nur für uns drei sollte man Ihnen nun doch nicht zumuten. Was halten Sie davon, wenn wir den Schauplatz wechseln? Bier habe ich nämlich auch im Kühlschrank.« Zustimmendes Nicken der beiden anderen Damen. Mein Einverständnis wurde offenbar vorausgesetzt, denn schließlich war ich es gewesen, die nach Bier gerufen hatte. Dabei mag ich gar keins.
    Statt im Kellergewölbe saßen wir wenig später in einer jasminumrankten Laube, tranken Weinschorle (leider nur ein einziges Glas, dann musste ich auf ein harmloses Wässerchen namens »Oderperle«- oder so ähnlich – umsteigen), aßen dick mit Thüringer Landleberwurst bestrichene Brote und quasselten, bis es vom Kirchturm elf Uhr schlug.
    Ein interessanter und zu späterer Stunde ausgesprochen amüsanter Abend war es gewesen, nur nicht geplant und erst recht nicht vorhersehbar. Wäre Frau Bechtel nicht gekommen, dann hätte ich mir wahrscheinlich noch zehn Minuten lang die Buchrücken in den Regalen beguckt und dabei überlegt, wie ich mich am schnellsten verdrücken könnte, während die beiden Bibliothekarinnen sich den Kopf zerbrochen hätten, auf welche Weise sie mich am elegantesten loswerden würden.
    Auf den elf Kilometern Rückweg formulierte ich schon mal die Sätze, die ich morgen früh am Telefon wiederholen würde. »Liebe Frau Wagner«, würde ich sagen, oder das »liebe« besser weglassen? Egal. »Seit beinahe zwei Wochen ziehe ich hier durch die Lande«, würde ich fortfahren, »von einem Kuhdorf ins nächste« – nein, das klang zu herablassend, also »von einer Lesung zur nächsten, und das Einzige, was dabei herauskommt, ist eine Erweiterung meiner Geografiekenntnisse! Nun habe ich einfach keine Lust mehr und fahre nach Hause! Warum? Das erfragen Sie lieber bei Ihren Kolleginnen, denen Sie mich so einfach aufgehalst haben!«
    So oder so ähnlich würde es klingen, und ich bedauerte nur, dass ich zu höflich war, Frau Wagner meinen für sie sicherlich überraschenden Entschluss sofort mitzuteilen. Zwanzig Minuten vor Mitternacht macht man so etwas einfach nicht! (Kann man auch gar nicht, wenn man nämlich im Zimmer kein Telefon hat und das Restaurant längst geschlossen ist!)
    Nicki lief mir schon entgegen, als ich mich zu unserem Bungalow durchwurstelte. Vor jedem Haus stand mindestens ein Auto, und fast alle trugen westdeutsche Kennzeichen. Sogar ein Heilbronner war dabei. Was hatte den bloß hierher verschlagen? Na ja, morgen früh würde er sich beim Anblick meines Wagens vermutlich das Gleiche fragen.
    »Wo bist du denn so lange gewesen?« Nicki riss die Tür auf und sah mir prüfend ins Gesicht. »Gerade wollte ich eine Suchaktion anleiern! Ich habe dich schon abgemurkst im

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