Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
natürlich nicht. Diesen Teil von Potsdam musste mir Omi vorenthalten haben. »Holländisches Viertel« klang ja auch so gar nicht preußisch und war wohl allein deshalb eines Besuchs nicht würdig gewesen. Heute nun lernte ich es kennen, leider noch im Vorrenovierungsstadium, deshalb ist es auch nicht weiter erwähnenswert. Danach besichtigten wir noch andere historische Stätten, unter anderem die Stelle, an der mal die Garnisonkirche gestanden hatte. Ganz richtig, das war die mit dem Üb-immer-Treu-und-Redlichkeit-Glockenspiel. Danach hatten wir alle Hunger, und Victor musste uns zum Essen einladen. Beim Italiener. Den kannte er, weil er nur zwei Ecken von der »Villa« entfernt war und Victor immer dann beköstigt hatte, wenn Dagi ein paar Tage lang nicht in Nikolassee gewesen war. »Dann kommen einem die Mäuse aus der Küche mit verheulten Augen entgegen«, hatte sie mal gesagt, und Victor hatte es entschieden bestritten. »Knäckebrot ist immer da!«
    Um zehn waren wir wieder in Schöneberg, und eine halbe Stunde später lagen wir alle in den Buntkarierten. Nicki hatte beschlossen, morgen spätestens um acht Uhr abzufahren.
    Weshalb wir erst um halb neun aufwachten, ist mir noch heute ein Rätsel; vermutlich lag es daran, dass die Auto fahrenden Bewohner der Rosenheimer Straße auch alle schliefen. Während Dagi Kaffee kochte und Nicole den Wagen belud, hing ich am Telefon und ließ mir von Victor gute Fahrt wünschen und das Versprechen abnehmen, bald wieder nach Berlin zu kommen und dann mehr Zeit mitzubringen. »Bis dahin ist auch meine Gästewohnung fertig«, sicherte er zu.
    »Gästewohnung? Wo denn?«
    »Na, in Potsdam.«
    ???
    »Ich habe euch doch gestern das grüne Haus gezeigt mit dem Gerüst davor.«
    »Du hast aber nicht erwähnt, dass dir dort eine Wohnung gehört.«
    »Wieso Wohnung? Ich habe das ganze Haus gekauft!«
     
    Wieder einmal bestätigte sich das Gesetz der Autobahnbiologie, wonach das erste Insekt, das gegen die frisch geputzte Windschutzscheibe prallt, genau vor den Augen landet. Es musste mindestens eine Hornisse gewesen sein, die mit lautem Klatschen ihr Leben aushauchte, denn Nicki fuhr sofort auf den Seitenstreifen, schaltete die Warnblinker an, fischte die Mineralwasserflasche unterm Sitz hervor und verlangte ein Taschentuch von mir.
    »Ich hab nur Tempos, die zerkrümeln doch gleich.«
    »Du entsprichst aber auch in keiner Weise dem Klischee einer angehenden Seniorin! Normalerweise musst du ein spitzenumhäkeltes Stofftaschentuch in der Tasche haben oder wenigstens eins mit Hohlsaum.«
    »Du weißt doch gar nicht, was das ist!« Ich konnte mich zwar noch erinnern, im Handarbeitsunterricht so etwas mal angefertigt zu haben (sagen wir lieber, ich hatte es versucht!), doch wie die Sache funktioniert, weiß ich nicht mehr. Ich glaube, es ist erst dann richtig, wenn man kleine Löcher fabriziert hat. »Taschentücher aus Stoff sind unhygienisch«, konterte ich.
    »Dann möchte ich mal wissen, wer die immer noch kauft. Besonders zu Weihnachten liegen sie überall herum, im Dreierset mit Schleifchen obendrauf.« Mit Hilfe von mehreren seltersgetränkten Papiertüchern verteilte Nicki die Reste der geflügelten Leiche über die ganze Scheibe und meinte dann: »Ich werde wohl doch an der nächsten Tankstelle halten müssen!«
    »Das glaube ich auch. Und komm bitte nicht auf die Idee, mir bei passender Gelegenheit so einen Dreierpack zu schenken! In meinem Schrank gilben bestimmt zwei Dutzend Taschentücher vor sich hin. Ab und zu schmeiße ich sie mal mit in die Waschmaschine, bügle sie und packe sie wieder weg, damit sie erneut verstauben. Du kannst sie gerne haben, sie stammen alle aus Geschenkpackungen und sind garantiert unbenutzt.« Aber das wollte sie dann doch nicht.
    Für die Rückfahrt hatten wir die nördliche Route gewählt, weil ich Nicki in Heidelberg absetzen sollte. »Morgen muss ich mich mal wieder in der Uni sehen lassen, und dann sollte ich endlich mit der Zulassungsarbeit anfangen.«
    »Das hast du schon vor vier Wochen gesagt!«
    »Ich weiß, aber es hat doch auch was Gutes, wenn man alles auf die lange Bank schiebt: Man hat immer was vor!«
    So gesehen hatte sie natürlich recht, andererseits kann man eine Arbeit auch so lange ausdehnen, bis sie die zur Verfügung stehende Zeit ausfüllt. Ich kann ein Lied davon singen! Autoren haben nämlich Ablieferungstermine. Die stehen im Vertrag, doch wenn man den unterschreibt, ist das erst mal kein Thema, weil sie noch in

Weitere Kostenlose Bücher