Schuld war nur die Badewanne
weiter Ferne liegen. Dann fängt man mit dem Schreiben an, das geht auch ganz flott vorwärts, bis die erste längere Unterbrechung kommt – Logierbesuch, eine Schönwetterperiode, die man lieber im Garten verbringt als an der Schreibmaschine, eine Einladung zur Silberhochzeit, vierhundert Kilometer entfernt mit anschließendem Herumgereichtwerden bei Verwandten, die einem endlich mal den neuen Anbau (oder Traktor, Schwiegersohn, Kamin usw.) zeigen wollen, und wenn man sich nach zwei Wochen wieder an die Schreibmaschine setzt, hat man den Faden verloren und erst mal keine Lust, ihn zu suchen. Natürlich findet man ihn wieder, dann geht’s ja auch weiter – bis zur nächsten Unterbrechung. Und plötzlich fallen die Blätter von den Bäumen, es ist Oktober, das hat man gar nicht so richtig registriert, das Buch ist erst halb fertig, und bis April ist es nicht mehr lange hin! Dazwischen liegt noch der Dezember, den muss man sowieso abhaken wegen der zu backenden Plätzchen und der Kartenschreiberei, um die man nicht herumkommt, weil es die einzige Möglichkeit ist, die im Laufe eines Jahres angesammelte Post zu beantworten.
Dann ist auch Weihnachten vorbei, für Mitte Januar hat man seinen Urlaub gebucht, also lohnt es sich gar nicht, vorher noch an dem Manuskript weiterzuarbeiten, und wenn man zurückkommt und sich endlich wieder im Alltag zurechtfindet, ist der Februar auch schon wieder herum. Es fehlen aber immer noch zirka hundert Seiten!
Die Familie wird mit Tiefkühlkost oder Mikrowellen-Futter abgespeist, bringt ihre Pullover zur Reinigung, weil ich für die langwierige Handwäsche keine Zeit habe, muss die Betten selber abziehen und – Gipfel der Zumutungen – sogar sonntags das Frühstück machen. Hund Otto jault Arien, weil Frauchen so selten mit ihm spazieren geht, Gatte Rolf jault ebenfalls, weil er jetzt abends raus muss, aber zwei Tage vor dem Ablieferungstermin ist es tatsächlich geschafft! Das Manuskript ist fertig, die Familie atmet auf, und wenn man sein Werk beim Verlag abliefert (es mit der Post zu schicken, ist riskant, das kann schon mal sechs Tage dauern), kriegt man zu hören: »Schade, dass Sie nicht früher geliefert haben. Vor vier Wochen hatten wir noch freie Kapazitäten, jetzt sind wir erst mal voll!« Im Klartext heißt das: Man hätte noch einen Monat oder sogar länger Zeit gehabt!
Kurz vor sechs waren wir in Heidelberg, und eine Viertelstunde später wieder auf der Autobahn. Dazwischen lagen 87 Stufen bis zur Mansardenwohnung der Zwillinge, die Feststellung, dass Katja nicht da war, ein Anruf bei Tom, der auch nicht da war, ein zweiter Versuch bei uns zu Hause, und da hockten sie anscheinend alle und warteten auf unsere Heimkehr.
»Eigentlich ist es idiotisch, jetzt runter- und nachher wieder raufzufahren«, meinte Nicki, »aber ich habe keine Lust, hier allein rumzuhängen.«
Otto war der Erste, der unsere Ankunft mitbekam. Er schaffte es wieder mal, sich durch die kleine Lücke zwischen Zaun und Regenrinne zu quetschen, was ihm eigentlich nur dann gelingt, wenn der Kater von gegenüber provozierend vor dem Gartentürchen sitzt. Die Mischung zwischen Quieken, Winseln und Jaulen, mit der Familienmitglieder nach längerer Abwesenheit begrüßt werden, kann bis zu zehn Minuten dauern. Deshalb ist es auch empfehlenswert, etwas griffbereit in der Tasche zu haben, das man Otto in die Schnauze schieben kann. Diesmal hatte ich einen Büffelknochen gekauft, der vermutlich für einen Bernhardiner bestimmt gewesen ist, denn das Ding hätte man notfalls auch als Waffe verwenden können. Allein mit dem Abtransport in sein Vorratslager war Otto erst mal eine Weile beschäftigt.
Zum Empfang hatten sich nicht nur Katja nebst Tom eingefunden, auch Nickis Thomas war gekommen, Steffi natürlich mit Horst Hermann, sogar Sven hatte sein Erscheinen in Aussicht gestellt, musste aber unterwegs verlorengegangen sein. Das war schon öfter vorgekommen und kein Grund zur Beunruhigung. Auf halber Strecke gibt es nämlich einen Darts-Club.
Und dann mussten wir Bericht erstatten! Das ging diesmal ganz gut, denn Nicki erzählte das, was wir tagsüber erlebt hatten, und ich schilderte den Rest, womit ich immer sehr schnell fertig war. Das Ganze variierte eigentlich nur in der Zahl meiner jeweiligen Zuhörer.
»Die Tour war also alles in allem eine ausgemachte Pleite, oder?«, fragte Rolf schließlich.
Ich brauchte nur einen Moment zu überlegen. »Eher ein freiwilliger Solidaritätsbeitrag! Vom
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