Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
Kärtchen, Kügelchen, Fähnchen und ähnlichem Kleinkram – alles Hilfsmittel, um Grundschulkinder zum Lernen zu bewegen.
    Damit die Damen und Herren Referendare wegen ihrer vielen Freizeit nicht übermütig werden, müssen sie zweimal in der Woche Seminare besuchen. Nachmittags! Praktischerweise finden die nicht in der Schule statt, sondern ganz woanders. Eine Zeitlang tagten sie sogar im Sitzungssaal vom Finanzamt. Sie können aber auch sechzig Kilometer weit entfernt veranstaltet werden, wenn der Seminarleiter krank ist und sein Vertreter nicht kommen kann, weil er selber Seminaristen zu betreuen hat.
    »Bekommt ihr wenigstens die Fahrtkosten erstattet?«, wollte der immer sehr realistisch denkende Vater wissen.
    »Na ja, später vielleicht«, sagte Nicki, »erst mal zahlen wir das von unseren vierzehnhundert netto. Wenn wir Glück haben, kriegen wir es mal über den Lohnsteuer-Jahresausgleich zurück. Ich hab neulich gefragt, wie die sich das eigentlich vorstellen. Miete plus Nebenkosten, Auto und so weiter. Ein bisschen was zum Essen brauchen wir ja auch noch. Und weißt du, was ich zur Antwort bekommen habe? Das sei alles bekannt, leider nicht zu ändern, und wer nicht von den Eltern gesponsert würde, sei wirklich arm dran. Als angehender Beamter darfste ja nicht mal nebenbei jobben.«
    »Stimmt!«, sagte Rolf sofort. »Damit musst du warten, bis du Bundestagsabgeordnete geworden bist!«
    Zum Referendariat gehören auch die gefürchteten Unterrichtsbesuche. Dazu erscheint ein sogenannter Lehrbeauftragter, der meistens von der Praxis nicht mehr viel Ahnung hat, jedoch ganz genau weiß, wie die von ihm zu prüfende Stunde aussehen soll.
    Das Thema ist vorgegeben und selten das, was der Prüfling gern gehabt hätte.
    Die beiden kommenden Nächte verbringt der Referendar überwiegend am Schreibtisch. Er muss ja nicht nur den Unterricht besonders sorgfältig planen, er muss dazu auch noch bis ins Kleinste schriftlich aufschlüsseln,
was
er tut,
warum
er es tut, und was er damit erreichen will.
    »Kannst du mir mal sagen, was dieser Blödsinn eigentlich soll?« Kurz vor Mitternacht saß Katja immer noch an der Schreibmaschine, neben sich den Papierkorb mit zerknüllten Entwürfen, vor sich die fast leere Kaffeekanne.
    »Das frage ich mich schon lange«, seufzte sie. »Warum wohl muss ich die Silbentrennung einführen? Weil die Hefte nicht breit genug sind? Oder weshalb sonst? Und was ich damit bezwecken will? Soll ich vielleicht hinschreiben, ›damit die Kinder das Wort Schlappschwanz nicht nach dem Sch trennen?‹«
    Hat der Prüfling seine Unterrichtsanalyse – so heißt das offiziell – grammatikalisch und stilistisch einwandfrei zu Papier gebracht, dann muss er noch eine Art Klassencharakteristik zusammenstellen. Welcher Schüler hat welche Macken, wer ist vorlaut, wer ist schüchtern, und warum fehlt Peter so häufig?
    Bricht der gefürchtete Tag heran, ist der Referendar übermüdet, gereizt und ein Nervenbündel. Frühstücken will er nicht, hat überhaupt keinen Hunger, die mitgegebene Banane findet sich später zerquetscht in der Mappe, an den ebenfalls eingepackten Traubenzucker hat er nicht mehr gedacht.
    Die Schüler, sowohl von dem Prüfling als auch von seinem Mentor entsprechend geimpft, sind guten Willens. Natürlich wollen sie niemanden in die Pfanne hauen, aber sie können auch nicht aus ihrer Haut heraus. Der Schulamtsabgeordnete erscheint, in seinem Kielwasser Rektor und Mentor. Sie nehmen ganz hinten auf den bereitgestellten Stühlen Platz. Das Spektakel kann beginnen.
    Eine dreiviertel Stunde später ist alles vorbei. Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Dauert sie länger als fünfzehn Minuten, sinken die Chancen des Prüflings, dann sind sich nämlich die Herrschaften nicht einig. Der Mentor kämpft um jeden Zehntelpunkt hinterm Komma, der Herr Lehrbeauftragte ist anderer Meinung, der Rektor sagt am liebsten gar nichts, weil er zwischen zwei Stühlen sitzt. Die besten Aussichten für ein schnelles Ende einer solchen Beratung bestehen, wenn die Prüfung in der vierten oder fünften Schulstunde stattgefunden hat. Der Herr vom Schulamt will pünktlich zum Mittagessen zu Hause sein.
    Am Morgen des gefürchteten letzten Examens erschien Katja zur Endabnahme. »Kann ich so gehen?«
    Richtig bieder sah sie aus mit Rock, Weste und der braven Hemdbluse. »Seit wann knöpfst du dich bis zur Halskrause zu?«, staunte Rolf.
    »Ich habe noch den Body mit dem Spitzeneinsatz drunter«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher