Schuld war nur die Badewanne
offiziellen landet ja auch manches an der verkehrten Stelle!«
Die Zwillinge hatten sich nun doch entschlossen, erst morgen nach Heidelberg zu fahren. »Dann müssen wir eben mal eine Stunde früher aus den Federn«, sagte Nicki. »Zum Glück wird es ja um fünf schon hell.«
»Ist das vielleicht ein Grund zum Aufstehen?«, konterte ihre Schwester und schaltete den Fernsehapparat ein. »Ich habe heute noch gar keine Nachrichten gehört.«
»Was heißt heute?« Ich kuschelte mich in meinen Sessel und zog die Beine an. Das hatte ich zwei Wochen lang nicht gedurft. »Ich lebe seit vierzehn Tagen hinterm Mond und habe höchstens mal in eine regionale Zeitung geguckt. In Templin war Kirmes und in Dedelow gerade Rinderzählung. Kann auch umgekehrt gewesen sein. Was gibt’s denn Neues im Fernsehen?«
»Eigentlich nichts Besonderes«, gab Katja zurück, »ein Waschpulver und zwei Eiscremesorten.«
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Die große Frage: Leerer- oder Lehrerstuhl
B evor die Zwillinge Pauker wurden, war auch ich der landläufigen Meinung gewesen, dieser Beruf sei ein gutbezahlter Halbtagsjob, der im Wesentlichen aus drei Phasen besteht: Studieren, Ferien haben, Pension beziehen. Das stimmt aber nicht!
Haben angehende Lehrer endlich ihre acht Semester Studium hinter sich und mit viel Glück das erste Staatsexamen geschafft, müssen sie anderthalb Jahre lang beweisen, dass sie in den Vorlesungen nicht nur Pullover gestrickt, sondern auch etwas gelernt haben. Diese Zeit nennt man Referendariat.
Der Frischling – offiziell heißt er Lehramtsanwärter – wird einer Schule zugeteilt, die er sich natürlich nicht aussuchen kann, und bekommt einen Mentor, den er sich erst recht nicht aussuchen kann. Hat er Pech, dann ist dieser Mentor schon in Ehren ergraut, steht kurz vor der Pensionierung, hat von den neuen Lehrmethoden keine Ahnung, und falls doch, dann will er sie nicht mehr einführen. Manchmal ist er wenigstens abgeklärt genug, seinem Schützling freie Hand zu lassen.
Ein Lehramtsanwärter gibt pro Tag nur eine bis zwei Unterrichtsstunden, doch die müssen äußerst gründlich vorbereitet werden, weiß er doch vorher nie, ob sein Mentor zwecks Begutachtung daran teilnimmt. Gelegentlich erscheint auch noch der Rektor, dann passen gleich zwei auf. Von deren Wohlwollen hängt viel ab, denn sie müssen später ein Gutachten abgeben, das wiederum die Endnote beim zweiten Examen beeinflussen kann.
Hatte ich während ihrer eigenen Schulzeit bei den Zwillingen nur beratende Funktion ausgeübt, so wurde ich jetzt zur praktischen Mithilfe aufgefordert. »Kannst du das mal ausschneiden?«
»Das« waren 22 auf Pappe gemalte große N. Hinterher war die Schere stumpf.
»Prima«, sagte Katja, »und nun bohrst du noch mit dem Milchdosenpikser ungefähr zehn Löcher in jeden Buchstaben, ja?«
»Wozu soll denn das gut sein?«
»Damit die Kids das morgen aussticken können. Die meisten schreiben das N immer noch verkehrt herum. Vielleicht kapieren sie es dann!«
Ein anderes Mal saß sie, am Bleistift kauend, auf der Terrasse. »Sag mir mal ein Wort mit zwei M in der Mitte!«
»Kummer«, fiel mir ein.
»Zu schwer. Die wissen doch noch gar nicht, was das bedeutet.«
»Sommer«.
»Das kommt hin, danke.« Sorgfältig schrieb sie das Wort in die bereits aufgezeichneten Kästchen. »Jetzt brauche ich noch eins mit acht Buchstaben und zwei S.«
»Preussen.«
Sie warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. »Das schreibt man mit ß.«
»Was soll das eigentlich werden, wenn’s fertig ist?«
»Einführung von Doppelkonsonanten«, erklärte meine Tochter. »Ich versuche das mal über ein Rätsel. Fällt dir kein anderes Wort mit zwei S ein?«
»Scheisse!«
Ich habe schon Schablonen angefertigt, Herbstblätter gepresst, Tannenzapfen gesammelt und mich vor allen Dingen damit abfinden müssen, dass in regelmäßigen Abständen meine Küche geplündert wird. Die beiden Töpfe hatte Katja gebraucht, um mit den Kindern Vogelfutter zu kochen. »Wir bauen nämlich unsere Futterglocken selber!« Von den Eierbechern, die auch eine Zeitlang verschwunden gewesen waren, bekam ich nur drei zurück, die anderen waren den Weg alles Irdischen gegangen, und die Frühstücksbrettchen habe ich nie wiedergesehen.
Leere Papphülsen von Klopapierrollen darf ich nicht mehr wegwerfen, die muss ich aufheben, damit sie im Winter zu Weihnachtsmännern umgebastelt werden können. Margarineschachteln werden sorgfältig ausgewaschen, denn sie dienen zur Aufbewahrung von
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