Schuldig wer vergisst
Stelle.
Peter.
»Callie?«, brummte er vom Bett aus, »wassis los?«
»Ich habe mich gestoßen.« Sie knipste das Licht an.
Peter drehte sich auf die andere Seite und vergrub das Gesicht im Kissen. »Das kommt davon, wenn man so früh aufsteht. Geschieht dir recht.« Die Worte drangen dumpf aus den Daunen.
»Sei nicht albern«, schnaubte Callie. »Das ist mein Beruf. Gott, du erinnerst dich?«
»Dann solltest du vielleicht über deinen Beruf nachdenken.« Peter drehte sich auf den Rücken und legte den Arm schützend über die Augen. »Meiner Meinung nach hätte Gott dafür gesorgt, dass es hell ist, wenn er wirklich gewollt hätte, dass du so früh aufstehst.«
Callie holte tief Luft. Er versuchte sie zu provozieren, sagte sie sich. Das sah Peter ähnlich. Aber sie würde sich nicht in eine Diskussion verwickeln lassen. Schon gar nicht an seinem ersten Tag als ihr Gast, um Himmels willen. »Wie auch
immer«, sagte sie in vernünftigem Ton. »Bella ist die Uhrzeit egal und auch, ob es draußen hell oder dunkel ist. Wenn sie muss, dann muss sie. Und wie war das noch mal mit deinem Versprechen, sie auszuführen?«
»Du machst wohl Witze.« Damit zog Peter sich die Decken wieder über den Kopf.
Yolanda erwachte von einem dumpfen Schrei, der direkt aus dem Raum unter ihr zu kommen schien. Binnen Sekunden war sie aus ihrem provisorischen Bett gesprungen, sah kurz nach, ob Rachels Zimmer leer war, und hastete dann die Treppe hinunter, wobei sie unterwegs die Lichter anknipste.
Der Schrei wiederholte sich und führte Yolanda zur Rückseite des Hauses. »Ich komme«, rief sie schon von Weitem.
Sie fand Rachel in der Küche vornübergebeugt, während sie sich an den Stiel eines Wischmopps wie an einen Rettungsanker klammerte. Ihr Gesicht war bleich und mit einem dünnen Schweißfilm bedeckt. Yolanda eilte an ihre Seite, löste ihren Griff um den Stiel und führte Rachel zu einem Stuhl. »Was ist los, Schätzchen?«, fragte Yolanda in sanftem Ton. »Was ist passiert?«
»Ich glaube, das Baby kommt.« Sie presste die Worte keuchend hervor, während sie sich die Hände seitlich an den Bauch hielt. »Es tut so weh.«
»Schon gut, schon gut.« Yolanda strich ihr übers Haar und rechnete im Kopf nach: Es war möglich. Siebenunddreißig Wochen waren zwar früh, galten aber als Grenzfall im normalen Rahmen. »Hatten Sie das vorher schon mal?«
Rachel stöhnte. »So noch nicht. Es hat noch nie wehgetan.«
»Was haben Sie denn bloß getan?«
»Ich hab den Küchenboden gewischt.«
Yolanda machte sich nicht die Mühe, sie zu fragen, weshalb sie so etwas tat. Sie hatte so etwas schon zu oft gesehen:
Diese rastlose Energie in den Wochen vor der Geburt. Es war ein wohlbekanntes Phänomen. Der Nesttrieb, wie sie es immer nannte. Aufräumen, sauber machen, bereit sein.
»Ich bringe Sie am besten ins Bett rauf«, sagte Yolanda. »Dann schaue ich mal nach. Das wird schon alles«, sagte sie energisch. »Yolanda ist da und passt auf Sie auf.«
Jane gab sich die größte Mühe, Ellie zu mögen. Simon betete sie offensichtlich an. Brian fand sie wundervoll, und Charlie akzeptierte sie schon selbstverständlich als eine Art Familienmitglied, und so beschloss Jane, sich einen Ruck zu geben.
Während sie am Dienstagmorgen den Frühstückstisch deckte, versuchte sie, ihre Gefühle zu analysieren. Wieso war sie die einzige Außenseiterin, wenn alle anderen Ellie vergötterten?
Es war schwer, es beim Namen zu nennen. Natürlich hatte sie erst einmal einen Schock bekommen, das Mädchen so unerwartet in ihrem Haus zu haben. Dann kam der Gedanke hinzu, dass Simon für eine ernste Beziehung noch viel zu jung war. Er hatte immer noch zweieinhalb Jahre Universität vor sich, plus weitere Abschlüsse, die danach anstanden.
Ellie war nicht unhöflich oder unfreundlich zu ihr: Vielmehr war sie ausnahmslos herzlich. Sie war eine wohlerzogene junge Frau, die immer im richtigen Moment ihre Dankbarkeit zum Ausdruck brachte, indem sie Jane für die Mahlzeiten, für eine Tasse Tee und andere Formen der Gastfreundschaft Anerkennung zeigte.
Wieso nur, fragte sich Jane, ging ihr das Ganze so unter die Haut?
Vielleicht lag es gerade daran, dass Ellie derart höflich war. »Danke, Mrs Stanford. Ein wunderbares Essen.« »Das war köstlich, Mrs Stanford.« Es war genau die Art, in der Jane vor vielen Jahren mit ihren älteren Großtanten reden musste. Mit Ehrerbietung vor dem fortgeschrittenen Alter …
Vielleicht war es das. Ellie gab ihr
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