Schuldig wer vergisst
sie schon oft zusammen gegessen hatten, wenn es ihr Dienstplan erlaubte. Eli wartete schon an ihrem Lieblingstisch in der Ecke auf sie. Er stand auf, um sie zu begrüßen und sie so fest in die Arme zu schließen, dass sie keinen Zweifel daran hegen konnte, wie sehr er sich freute, sie zu sehen.
»Hey, Süße«, sagte er. »Ich hab dich vermisst.«
»Und ich dich erst.«
Ach, es tat so gut, mal wieder bei ihm zu sein. Sie lächelten sich stumm über den Tisch hinweg an, bis die Kellnerin kam, um ihre Bestellung entgegenzunehmen.
»Schinkensandwich«, sagte Eli, ohne auf die Speisekarte zu gucken. »Und einen Teller Fritten.«
»Backkartoffel, mit Thunfisch und Mais«, wählte Yolanda.
Als die Kellnerin gegangen war, griff Eli über den Tisch und drückte ihre Hand. »Ist wirklich toll, dich wiederzusehen, Süße. Und welchem Umstand verdanke ich noch gleich die Ehre?«
»Ach, Schatz.« Plötzlich bildete sich ein dicker Kloß in ihrem Hals. »Es ist was passiert. Ich wollte mit dir reden, bevor … na ja, bevor ich was unternehme. Um mir deinen Rat einzuholen.«
»Schieß los«, sagte Eli und fügte hinzu, »Ich hab die Zeitungen gelesen, wenn das irgendwie von Hilfe ist.«
»Zeitungen?«, fragte Yolanda irritiert.
»Die Tageszeitungen«, präzisierte er. »Gestern, die Sache über dich. Nimm’s mir nicht übel, aber das war nicht besonders diplomatisch.« Eli grinste sie an. »Stimmt natürlich jedes Wort, ist aber nicht unbedingt dazu angetan, Evans’ Herz zu erobern.«
»Ich hab nur gesagt, was ich dachte.«
»Und heute«, fuhr Eli fort, »auf der Titelseite des Globe .«
»Heute? Was hab ich denn heute schon wieder verbrochen?«
»Nicht du«, beruhigte er sie. »Es war ein Foto von Rachel drin, nach der gerichtlichen Untersuchung. Ich hab dich hinter ihr erkannt. In dem Bericht ging es um den üblichen Mist über Rowdytum und die Polizei, die nicht ausreichend dafür sorgt, dass die Straßen sicherer werden.«
»Oh, das wird Evans gefallen«, sagte Yolanda mit einem sarkastischen Grinsen. »Aber deswegen bin ich nicht gekommen.«
»Also, dann schieß mal los.« Wieder drückte er ihre Hand.
Sie gab ihm, soweit sie sich erinnern konnte, den Teil des Telefongesprächs wieder, den sie belauscht hatte. »Ich weiß einfach nicht, was ich davon halten soll«, sagte sie am Schluss.
Eli runzelte die Stirn. »Sie liebt jemanden. Nicht ihren Mann. Es sei denn, er hätte aus dem Jenseits angerufen.«
»Oder …« Einen Moment lang saß sie stumm da und versuchte, dem Gedanken nachzugehen. »Und wenn Trevor nun gar nicht wirklich tot ist?«
»Nicht tot? Aber sie haben doch seine Leiche aus dem Kanal gefischt«, erinnerte Eli sie.
» Eine Leiche. Sie ist diejenige, die ihn identifiziert hat.«
Er strich sich mit der Hand über den glatt rasierten Schädel. »Oh, verstehe.«
»Wir haben nichts weiter als ihr Wort dafür, dass es sich um Trevor handelt.« Yolanda schien immer aufgeregter. »Er hatte keinerlei Ausweispapiere dabei. Er war schließlich joggen. Da ist das zu lästig.«
Die Kellnerin stellte das Essen vor sie auf den Tisch.
»Danke«, sagte Eli mit einem Lächeln.
In der Hoffnung, er würde es nicht merken, griff Yolanda schnell über den Tisch und schnappte sich eine Fritte.
»Hey! Das sind meine!« Eli legte die Hände schützend um den tiefen Teller.
»Klar, aber was dein ist, soll auch mein sein, so ist das nun mal in der Ehe.« Die Fritte war heiß; sie knabberte vorsichtig daran, während sie noch immer über die neue Möglichkeit nachdachte. »Also, nehmen wir mal an, Trevor muss aus irgendeinem Grund für eine Weile abtauchen. Er ist vielleicht in ein Geschäft verwickelt, das schiefgegangen ist. Oder er hängt finanziell in den Seilen – hat sich übernommen und kann nicht alle Gläubiger bezahlen.«
»Hmhmhmhm …« Eli nickte und ermunterte sie, weiterzureden, während er sich Ketchup auf seine Pommes spritzte.
»Wenn ihm alles ein bisschen zu viel wird und er sich einfach verdrückt, hinterlässt er eine schwangere Frau, die seine Suppe auslöffeln muss. Falls sie an dem Geschäft beteiligt ist, kann es sogar sein, dass sie finanziell haftet. Das wäre nicht fair gegenüber Rachel. Besonders, wenn er sie liebt.«
»Und deshalb«, sagte Eli, »inszeniert er seinen eigenen Tod?«
»Genau. Und sie ist eingeweiht. Sie meldet ihn als vermisst, sagt, er wäre joggen gegangen. In der Zwischenzeit taucht er ab. Alle denken, er ist tot. Er hält sich eine ganze Weile
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