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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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solche hatte, ertappte sie sich dabei, den Moment zu fürchten, in dem Jane Stanford ihr die Tür öffnete.
    Tatsache war, dass Jane sie nicht leiden konnte. Callie war sich dessen im selben Maße bewusst, wie sie hinsichtlich der Gründe ratlos war. Marco behauptete, Jane sei eifersüchtig auf sie, aber sie konnte nicht erkennen, warum: Sie hatte wirklich nicht das geringste Interesse daran, Jane den Mann zu stehlen. Brian war als Chef und Kollege vollkommen akzeptabel, aber sie fand ihn als Mann nicht auch nur annähernd attraktiv. Selbst wenn sie noch so verzweifelt wäre, selbst wenn es nicht bereits einen wunderbaren und sehr begehrenswerten Mann in ihrem Leben gäbe, könnte sie niemals auch nur das Geringste an Brian finden. Weshalb also hatte Jane Stanford eine solche Abneigung gegen sie?
    Im Allgemeinen äußerte sich diese Haltung in einer eisigen Höflichkeit. Das war immerhin noch besser als die andere, seltenere Variante – ihre gehässigen, schnippischen Bemerkungen. Bei einigen Gelegenheiten hatte sich Jane sogar ganz besonders ins Zeug gelegt, Callie aus der Fassung zu bringen, und so war es kaum verwunderlich, dass Callie diesen Begegnungen immer mit höchst gemischten Gefühlen entgegensah.
    Bevor sie den Klingelknopf drückte, holte sie tief Luft und fragte sich, während sie sich wappnete, nicht zum ersten Mal, weshalb Brian nie selber an die Tür kam.
    Diesmal allerdings erschien in der Diele weder Jane noch Brian. Vielmehr war es ein junger Mann mit Janes dunklem Haar und Brians leicht fliehendem Kinn. Einer der Zwillinge,
die über Weihnachten aus Oxford nach Hause gekommen waren, war ihr augenblicklich klar.
    »Oh, hallo. Charlie, richtig? Oder Simon?«
    Der junge Mann grinste sie an. »Das Erste war richtig. Ich bin Charlie. Wir sind zwar eineiig, aber derzeit kann man uns leicht auseinanderhalten. Mein Bruder ist der siamesische Zwilling – an der Hüfte mit seiner Freundin verwachsen. Sie kriegen ihn nicht mehr ohne sie zu Gesicht.«
    »Ach so – ich wusste nicht, dass er eine Freundin hat. Dann ist sie auf Besuch?«
    Charlie ruckte mit dem Kopf in Richtung Treppe. »Oben. In seinem Zimmer. Beim Knutschen zweifellos. Zumindest besitzen sie so viel Sitte und Anstand, es nicht in der Öffentlichkeit zu tun und die Pferde scheu zu machen.«
    Was wohl Jane davon halten mochte, musste Callie unwillkürlich denken. Sie war in Bezug auf ihre Jungen sehr besitzergreifend; Callie hatte sie bis dahin noch nicht persönlich kennengelernt, doch nach allem, was sie je von Jane über ihre Söhne gehört hatte, nahm sie äußerst regen Anteil an deren Leben.
    »Sie müssen die Kuratin sein«, sagte Charlie. »Dad erwartet Sie.« Er musterte sie von oben bis unten. »Er hat mir gar nicht erzählt, dass Sie so hübsch sind.«
    Callie merkte, wie sie errötete. Lächerlich, in ihrem Alter.
    »Aber«, fügte Charlie hinzu, »das würde er natürlich auch vor Mum nicht wagen.«
     
    »Ich muss mal für’ne Stunde oder so weg. Kommen Sie so lange klar, oder soll ich Ihnen für die Zeit jemand anders schicken?« Yolanda gab sich Mühe, nicht verletzt zu sein, als sie in Rachels Gesicht einen Ausdruck der Erleichterung wahrnahm. Es erinnerte sie an das Einzige, was sie aus ihren Grübeleien tunlichst ausgeklammert hatte – die verletzenden Dinge, die Rachel über sie gesagt hatte. »Sie lässt mich
nie allein …« Und das, nachdem sie fast eine Woche lang ihr eigenes Privatleben für sie auf Eis gelegt hatte!
    »Ich komme schon klar«, sagte Rachel.
    Yolanda reichte ihr einen Zettel. »Hier haben Sie meine Handynummer, für den Notfall.«
    »Ich komme schon klar«, wiederholte Rachel.
    Gestern noch wäre es Yolanda äußerst schwergefallen, sie auch nur für wenige Minuten allein zu lassen. Auch jetzt noch kostete es sie einen Hauch Überwindung, als sich das irrationale Gefühl breitmachte, sie würde ihre Pflicht vernachlässigen.
    Dennoch stellte sie fest, dass sie sich darauf freute, ihren Mann wiederzusehen. Sie war jetzt fünf Nächte lang von zu Hause weg gewesen, und das war für sie entschieden zu lange. Yolanda und Eli hatten sich immer sehr nahegestanden, so wie man es bei vielen kinderlosen Ehepaaren beobachten konnte; der Umstand, dass sie jetzt auch noch in derselben Berufssparte arbeiteten, hatte sie einander noch nähergebracht.
    Sie hatten verabredet, sich während des Mittagessens zu treffen, in einem gemütlichen Café nicht weit vom Polizeirevier entfernt; es war ein Stammlokal, in dem

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