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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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wollte nicht mehr sehen, wie sie sich im Badezimmer die Zähne putzte oder wie sie den Kessel auf den Herd stellte. Es war zu normal, das Trugbild einer Ehe. Aber ein anderer Teil von ihm konnte sich nicht mehr erinnern, wer er ohne Laura gewesen war. Ihretwegen war er zu dem Mann geworden, der er heute war.
    Â»Ich glaube, es wäre nicht gut für Trixie, wenn du jetzt ausziehen würdest«, sagte Daniel schließlich.
    Laura drehte sich zu ihm und sah ihm in die Augen. »Und du? Wäre es gut für dich?«
    Daniel starrte sie an. Laura war in sein Leben eingeätzt, so unauslöschlich wie eine Tätowierung. Ganz gleich, ob sie körperlich anwesend war oder nicht, er würde sie immer in sich tragen. Der Beweis dafür war Trixie. Aber er hatte beim Bügeln und Wäschefalten genug Nachmittagstalkshows gesehen, um zu wissen, wie Untreue funktionierte. Ehebruch war ein Stein unter der Matratze, dessen schmerzhaften Druck man immer spürte, ganz gleich, wie man sich bettete. Was nutzte es denn, wenn man es schaffte, dem anderen zu verzeihen, und doch beide zugeben mussten, dass Vergessen unmöglich war?
    Als Daniel nicht antwortete, rollte Laura sich wieder auf den Rücken. »Hasst du mich?«
    Â»Manchmal.«
    Â»Manchmal hasse ich mich selbst.«
    Daniel redete sich ein, er könne Trixies Atem durch die Schlafzimmerwand hören, gleichmäßig und friedlich. »War es denn wirklich so schlimm? Mit uns beiden?«
    Laura schüttelte den Kopf.
    Â»Warum hast du es dann getan?«
    Lange Zeit antwortete sie nicht. Daniel dachte schon, sie wäre eingeschlafen. Doch dann brachte ihre Stimme die Sterne vor dem Fenster zum Flimmern. »Weil er mich an dich erinnert hat«, sagte sie.

    Trixie wusste, dass sie bei der geringsten Provokation aufstehen, den Klassenraum verlassen und hinunter ins Sekretariat gehen konnte, ohne dass auch nur ein Lehrer mit der Wimper gezuckt hätte. Sie hatte das Handy ihres Vaters dabei. Ruf mich an , hatte er gesagt, und ich bin da, ehe du wieder aufgelegt hast . Sie hatte ein peinliches Telefongespräch mit dem Direktor überstanden, der ihr versprochen hatte, alles Menschenmögliche zu tun, um die Schule für sie zu einem sicheren Hort zu machen. Deshalb würde sie nicht mehr zusammen mit Jason Psychologie haben, sondern in der Bibliothek Einzelunterricht erhalten. Sie konnte sich ihr Thema für eine Arbeit aussuchen. Womöglich würde sie sich für Mädchen, die gern verschwinden möchten entscheiden.
    Â»Zephyr und deine anderen Freundinnen freuen sich bestimmt, wenn du wieder in die Schule kommst«, sagte ihr Vater. Keiner von beiden erwähnte, dass Zephyr nicht angerufen hatte, kein einziges Mal, um zu fragen, wie es ihr ging. Trixie versuchte, sich einzureden, dass Zephyr nur ein schlechtes Gewissen hatte, weil sie sich gestritten hatten. Sie erklärte ihrem Vater nicht, dass sie in ihrer Klasse keine anderen richtigen Freundinnen hatte. Sie war zu sehr damit beschäftigt gewesen, ihre Welt mit Jason zu füllen, um alte Freundschaften zu pflegen oder neue zu schließen.
    Â»Und wenn ich jetzt doch nicht mehr will?«, fragte Trixie leise.
    Ihr Vater sah sie an. »Dann bring ich dich nach Hause. So einfach ist das, Trixie.«
    Sie sah aus dem Autofenster. Es schneite, ein zartflockiger Puder hing in den Bäumen und dämpfte die Konturen der Landschaft. Die Kälte drang durch ihre Mütze, wer hätte gedacht, dass Haare den Kopf richtig warmhielten? Sie vergaß immer wieder, dass sie sie sich hatte schneiden lassen, und es passierte ihr noch oft, dass sie den langen, nicht mehr vorhandenen Pferdeschwanz unter ihrem Jackenkragen hervorziehen wollte. Die strenge Frisur passte eigentlich besser zu einem Jungen, aber Trixie gefiel sie. Wenn die Leute sie anstarrten, wollte sie das Gefühl haben, es lag daran, dass sie anders aussah , und nicht, dass sie anders war .
    Jenseits der Scheibenwischer kam das Schultor in Sicht, und rechter Hand lag der Schülerparkplatz. Unter der Schneedecke sahen die Autos aus wie ein Heer gestrandeter Wale. Sie fragte sich, ob das von Jason auch dabei war. Sie stellte sich ihn im Gebäude vor, wo er schon zwei ganze Tage Zeit gehabt hatte, die Saat seiner Version der Geschichte zu säen, aus der bestimmt schon ein wucherndes Dickicht geworden war.
    Ihr Vater hielt am Bordstein. »Ich geh noch mit rein«, sagte er.
    Trixie sah auf. Ein

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