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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Mal im Schnee gespielt hatte.
    Früher hatte ihre Mutter diese Art von Schnee als Schneemannschnee bezeichnet: feucht und pappig. Trixie formte einen Schneeball und fing an, ihn über den Rasen zu rollen, hinterließ eine lange braune Spur aus verfilztem Gras, wie ein Verband.
    Trixie nahm wieder eine Handvoll Schnee und rollte die nächste Kugel und dann eine dritte. Sie staunte, wie schnell die Kugeln so groß geworden waren. Sie würde es niemals schaffen, sie aufeinanderzusetzen. Wie hatte sie es bloß je fertiggebracht, einen Schneemann zu bauen, als sie noch kleiner war? Vielleicht hatte sie ja noch nie einen gebaut. Vielleicht hatte das jemand anderes für sie erledigt.
    Plötzlich ging die Haustür auf, und ihre Mutter stand da, schrie ihren Namen und versuchte durch das Schneegestöber zu spähen. Sie sah verstört aus, und Trixie brauchte einen Moment, bis sie begriff: Ihre Mutter wusste nicht, dass sie hier draußen war. Ihre Mutter hatte noch immer Angst, sie würde sich umbringen.
    Â»Ich bin hier«, sagte Trixie.
    Eigentlich war so ein Tod im Schneesturm gar keine unangenehme Vorstellung.
    Ihre Mutter trat aus dem Haus und versank knöcheltief in Schnee. Sie trug Trixies Boots, die sie offenbar aus dem Chaos im Schrank geborgen hatte, nachdem ihre eigenen Stiefel von Trixie beschlagnahmt worden waren. »Soll ich dir helfen?«
    Trixie wollte eigentlich nicht. Aber sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie sie den blöden Schneemannbauch auf die untere Kugel heben sollte. »Meinetwegen«, sagte sie.
    Ihre Mutter stellte sich auf die andere Seite der Schneekugel und schob, während Trixie versuchte, sie vom Boden hochzuwuchten. Aber selbst zu zweit schafften sie es nicht. »Willkommen im vierten Höllenkreis«, sagte ihre Mutter lachend.
    Trixie stolperte und setzte sich in den Schnee. Typisch ihre Mutter, aus so was gleich ein Dante-Seminar zu machen.
    Â»Da sind die Geizkragen auf der einen Seite und die Verschwender auf der anderen«, sagte ihre Mutter. »Und sie wälzen in alle Ewigkeit schwere Lasten gegeneinander.«
    Â»Ich hoffe doch, dass das hier nicht ganz so lange dauert.«
    Ihre Mutter drehte sich um. »Meine Güte, Trixie Stone. Hab ich da eben einen Scherz gehört?«
    Seit Trixies Rückkehr aus dem Krankenhaus hatte Unbeschwertheit im Hause Seltenheitswert. Es war, dachte Trixie, als warteten sie alle drei darauf, dass irgendwer seinen Zauberstab hob und sagte: Jetzt ist gut. Macht weiter wie vorher. Aber vielleicht war sie es ja, die den Zauberstab in der Hand hielt …
    Ihre Mutter machte sich daran, eine Schneerampe zu bauen. Trixie half mit, und dann schob sie die mittlere Schneekugel darauf hoch, bis sie auf die größere kippte. Sie klopfte sie fest. Dann hob sie den Kopf des Schneemanns und setzte ihn obendrauf.
    Ihre Mutter klatschte in die Hände … und im selben Moment kippte der Schneemann um. Der Kopf kullerte auf einen der Gitterroste vor den Kellerfenstern; sein Rumpf zersprang wie ein rohes Ei. Nur das dicke Unterteil blieb intakt.
    Enttäuscht feuerte Trixie einen Schneeball dagegen. Prompt ging ihre Mutter in die Hocke und fing an, ein ganzes Arsenal von Schneebällen zu formen. Und Sekunden später nahmen sie beide die Schneekugel unter Beschuss, bis sie in der Mitte einen Riss bekam und in dicke Eisbergbrocken zerfiel.
    Trixie ließ sich keuchend auf den Rücken fallen. Sie hatte sich schon lang nicht mehr so – normal gefühlt. Ihr kam der Gedanke, dass sie sich so darauf konzentriert hatte, was sie in dieser Welt hinter sich lassen wollte, dass sie nicht einen Gedanken an die Dinge verschwendet hatte, die sie verpassen würde.
    Wenn du stirbst, kannst du keine Schneeflocken mehr mit der Zunge fangen. Du kannst den Winter nicht mehr tief in die Lunge einsaugen. Du kannst nicht so lange an einem Eiszapfen lutschen, bis dir die Stirn wehtut.
    Trixie starrte in die wirbelnden Flocken hinauf. »Irgendwie bin ich ganz froh.«
    Â»Worüber?«
    Â»Dass es nicht … nicht geklappt hat.«
    Sie spürte, wie die Hand ihrer Mutter sich über ihre legte und sie drückte. Beide Handschuhe waren durchnässt.
    Gleich würden sie in Haus gehen und ihre Sachen in den Trockner stopfen. Zehn Minuten später wären sie so gut wie neu.
    Trixie hätte heulen können. Es war so schön, wenn man wusste, was als Nächstes kam.

    Wegen des

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