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Schuldlos ohne Schuld

Schuldlos ohne Schuld

Titel: Schuldlos ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell-Olof Bornemark
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gefunden hätte. Trotzdem hat er Glück gehabt. Wenn sie voller Drogen oder noch betrunkener gewesen wären, hätten sie nicht geglaubt, was sie sahen. Wenn Menschen in einem solchen Zustand einen Angriff beginnen, kann sie nichts abschrecken. Dann hätte ihn nur eine Kugel ins Bein einem seiner Gegner retten können.
    Martin steht am Tor eines Schrottlagers, als er plötzlich einen Schatten auf sich zukommen sieht. Es ist eine Katze. Sie ist kohlschwarz und sehr zielbewusst in ihrem Verhalten. Mit einem geschmeidigen Satz springt sie durch die Latten des Tores und reibt sich dann einige Male an Martins Bein, bis sie ebenso hochmütig wie zuvor ihre ununterbrochene Wanderung fortsetzt. Die Katze miaut nicht. Sie wendet sich auch nicht ein einziges Mal um, nicht einmal, als sie die Straße einige Häuser weiter überquert.

4
    Die Elstern sind fertig mit dem Nest. Es ist kugelrund und hat einen Durchmesser von vielleicht einem halben Meter. Das Nest befindet sich an der Spitze eines Baumes im Hof, einer Kastanie, auf gleicher Höhe wie Martins Fenster Und in knapp zwanzig Meter Abstand. Es sieht sehr solide aus.
    Draußen ist es grau und diesig, fast ganz ohne Farben, seit der Schnee weggeschmolzen ist. Trotzdem scheint der Frühling auf dem Weg zu sein, und Martin kann an den prallen Kastanienknospen sehen, dass der Baum bald blühen wird. In einigen Wochen wird das Nest von unten und von oben, aber auch von den Seiten vor Einblicken geschützt sein.
    Martin hat lange am Fenster gestanden und darauf gewartet, etwas von den Vögeln zu sehen. Es ist fast die ganze Beschäftigung, die er jetzt hat. Er hat das Nest durch seinen Feldstecher beobachtet, die Zweige liegen aber so dicht, dass er nicht sehen konnte, was sich darin verbarg. Er konnte den ganzen Tag kein Lebenszeichen entdecken. Gestern waren die Elstern fleißig damit beschäftigt, Material in den Bau zu schleppen. Heute scheinen sie verschwunden zu sein.
    Plötzlich erblickt Martin zwei Vögel, die ganz oben auf der Fernsehantenne des Nachbarhauses sitzen. Sie sitzen so nahe beieinander, dass sie ein Liebespaar sein könnten, oder Schurken, die etwas aushecken. Hin und wieder drehen sie die Köpfe, als ob sie miteinander sprächen. Oder ist es möglich, dass sie das Elsternest im Auge behalten? Im Fernglas sieht Martin, dass es zwei Dohlen sind. Eierdiebe also und damit Kindsmörder.
    Vermutlich liegen die Elstern geduckt im Nest. Vielleicht warten sie auf das Aufschlagen des Laubes, das ihr Versteck verbergen und ihre Jungen vor allen Feinden schützen soll. Die Öffnung des Nestes befindet sich an der Unterseite. Das ist umsichtig und ganz natürlich. Wer kein Dach über dem Kopf hat, ist übel dran.
    Die Elstern haben einiges gemeinsam mit Martin. Sie sind nicht die einzigen, die sich verstecken. Seit einem Monat hat sich Martin in seiner Wohnung eingeschlossen. Einige Male in der Woche war er zu einem Gang hinaus gezwungen, um sich im Selbstbedienungsgeschäft mit Lebensmitteln zu versorgen oder Trost im Alkoholladen zu kaufen. Diese Ausflüge haben immer früh am Morgen stattgefunden, wenn fast niemand einkauft. Martin will nicht einem einzigen Bekannten begegnen.
    Die ganze übrige Zeit hat Martin in der Wohnung verbracht, wo er entweder dasaß, auf nichts wartete und die Elstern beobachtete oder traumlos im Bett lag. Im Unterschied zu den Vögeln weiß Martin nicht, worauf er wartet.
    Dagegen weiß Martin sehr gut, warum er sich versteckt.
    Er schämt sich.
     
    Es war eine Verschwörung. Alle hatten sich gegen ihn zusammengerottet. Alle. Die Arbeitskollegen, sogar Augustson, obwohl Martin es anfangs nicht glauben wollte, der Chef, die Gewerkschaft, der Arzt. Zuletzt hatte sich auch die knickerige Krankenkasse überreden lassen. Das Urteil stand schon fest, lange bevor er überhaupt wusste, dass er angeklagt war. Sie behaupteten mit ihren sanften, einschmeichelnden Stimmen, dass das, was sie taten, zu seinem Besten geschehe, was aber eine Lüge war. Sie taten es, weil sie ihn nicht mochten und loswerden, ihn auf den Abfallhaufen kippen wollten.
    Martin konnte dem nichts entgegensetzen. Kein einziger Mensch hatte sich auf seine Seite gestellt. Er hatte es nicht über sich gebracht, um Gnade zu bitten. Das hätte im Übrigen nichts geholfen. In ihren kalten Augen hatte er gelesen, dass es keine Schonung gab.
    »Larsson versteht.«
    Larrson. Nicht Herr Larsson. Nur Larsson.
    »Larsson versteht«, hatte der Chef mit einer bedauernden Geste, die er nicht so

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