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Schuldlos ohne Schuld

Schuldlos ohne Schuld

Titel: Schuldlos ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell-Olof Bornemark
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meinte, gesagt, »dass die Klagen jetzt so zahlreich geworden sind, dass ich sie ganz einfach nicht unberücksichtigt lassen kann.«
    »Wer hat sich denn beklagt?«, fragte Martin.
    »Darauf kann ich keine Antwort geben. Alle Vorgänge unterliegen der Schweigepflicht. Das hat die Krankenkasse verlangt.«
    »Was für eine verdammte Schweinerei!«
    Das war alles, was Martin zu seiner Verteidigung sagte. Er hatte die Worte mit Donnerstimme herausgebrüllt, der Chef war bestürzt und hatte sich hinter dem polierten Schreibtisch verkrochen.
    Was hilft es, sich zu ärgern? Ärger kommt immer zu spät. Was helfen Erklärungen, wenn der Schaden bereits angerichtet ist? Martin begriff sofort, was er sich hatte zu Schulden kommen lassen, aber das war nicht beabsichtigt gewesen. Später hatte er Mühe gehabt, die rechte Stimmlage zu halten. Es gab viele, die zusammenzuckten, wenn er mit ihnen sprach, und Augustson hatte ihn einmal gebeten, nicht so verdammt zu schreien.
    Martin verfügt auch über eine andere Stimmlage. Dieselbe, wie wenn er mit sich selbst sprach. Sie war dagegen zu leise.
    Verzweiflung lag auf Martins Gesicht, als er sich über den Schreibtisch des Chefs beugte. Die Augen waren glänzend geworden. Vielleicht waren es Tränen.
    »Verzeihung«, sagte er mit einem fast unhörbaren Flüstern.
    »Ja, ja«, sagte der Chef und richtete sich auf. Es war ihm gelungen, sich zu fassen, und er presste eine Art Lächeln hervor, das ihn die Zähne zeigen ließ.
    Die Wachsamkeit war noch vorhanden. Der Chef schien einen Anlauf zu nehmen. Jetzt musste er mit fester Entschlossenheit, die dennoch sein Unbehagen nicht verbergen konnte, diese unangenehme Sache zu ihrem vorbestimmten Ende bringen. Er sah Martin gerade in die Augen, und es lag nur Cheffunktion in seinem Blick.
    »Ich habe mit der Gewerkschaft gesprochen, und wir sind uns einig«, fuhr der Chef förmlich fort. »Wir sind zu der Auffassung gekommen, dass es am vernünftigsten ist, wenn Sie sich vorzeitig pensionieren lassen.«
    Sich vorzeitig pensionieren lassen. Welche Heuchelei! Wenn das schon längst hinter Martins Rücken beschlossen war.
    Der Chef erhielt keine Antwort.
    »Für alle Beteiligten«, fügte er deshalb hinzu, und jetzt schien es so, als meinte er es auch.
    So war es gesagt. Das einhellige Urteil des Gerichts war verkündet. Nur dem Angeklagten war nie Gelegenheit gegeben worden, sich zu äußern.
    Martin begriff nichts, außer dass sie ihn zerschmettert hatten. Als er weiter schwieg, geschah dies, weil er gelähmt war.
    Niemand hatte ihm etwas ins Ohr geflüstert. Niemand hatte angedeutet, was im Gange war. Die Verschwörer hatten dicht gehalten.
    Nicht einmal Augustson hatte mit ihm gesprochen.
    Möglicherweise missdeutete der Chef Martins Schweigen oder nützte es ganz einfach aus, um der peinlichen Eröffnung ein schnelles Ende zu bereiten.
    »Wir sind uns also einig.«
    Dies war eine Feststellung, und sie wurde mit Erleichterung in der Stimme getroffen, die sich ein Unterhändler gestattet, wenn er zu einem glücklichen Abschluss gekommen ist.
    Deshalb erhob sich der Chef und lächelte etwas verlegen, als wolle er zeigen, dass auch er eine Mensch wie alle anderen war, wenn er nicht mehr gezwungen wurde, die Rolle des Chefs zu spielen.
    »Ich bedauere es«, sagte er etwas lebhafter und nicht ohne Wärme in der Stimme. »Ich tue es wirklich. Aber manchmal muss man sich den harten Realitäten des Lebens beugen. Das ist nun mal so.«
    Der Chef seufzte, breitete die Arme aus und sah zur Decke hinauf, als bitte er um Nachsicht für die harte Rolle, die ihm das Leben ohne eigenes Verschulden zugeteilt hatte.
    Was soll man darauf antworten?
    Martin schüttelte nur den Kopf. Er merkte, dass er vor sich hin murmelte, und hörte erst damit auf, als der Chef neben ihm stand und eine Hand auf seine Schulter legte.
    »Ich bedauere es«, sagte der Chef wieder, aber jetzt hörte man es klar und deutlich, dass er es nicht mehr so meinte.
    Im selben Augenblick läutete das Telefon. Vielleicht war es eine Absprache mit der Sekretärin im Nebenraum, ein geplanter Trick, um das Gespräch mit Martin beenden und eine sinnlose, möglicherweise sogar erregte Fortsetzung verhindern zu können. Dies nahm Martin später an. Der Chef ging auf seine Seite des Schreibtisches zurück und hob den Hörer ab.
    »Selbstverständlich«, antwortete er energisch und geschäftsmäßig. Sofort wuchs der Abstand zwischen ihm und Martin.
    »Einen Augenblick, bitte.«
    Danach sah der

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