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Schuldlos ohne Schuld

Schuldlos ohne Schuld

Titel: Schuldlos ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell-Olof Bornemark
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haben«, grinst der Wirt gemütlich.
    »Vielleicht. Vielleicht«, antwortet Martin.

16
    Es sitzt ein fremder Mann an Martins Ecktisch. Woher ist er gekommen?
    Der Mann muss etwa Vierzig sein, und obwohl er ebenso armselig gekleidet ist wie die meisten anderen hier drinnen, sieht man von weitem, dass er sonst nichts mit ihnen gemein hat. Das Bier, das vor ihm steht, hat er kaum angerührt; deswegen scheint er nicht hierher gekommen zu sein. Auf eine unbestimmte Weise macht er den Eindruck, eine kompetente, vielleicht sogar gefährliche Person zu sein. Er wirkt kraftvoll und intelligent. Neugierig und beobachtend ist er auch. Manchmal glänzen die Augen bei einem schnellen, amüsierten Lächeln auf. Dann wird er wieder nachdenklich. Nichts von Nachgiebigkeit ist an ihm, aber auch wenn er sich allen anderen Männern hier überlegen fühlen sollte, zeigt er das nicht. Er könnte ein Polizist sein, nicht von der einfachen, uniformierten Sorte, sondern ein Kriminaler, ein Fahnder.
    Martin bleibt im Raum stehen und blickt verwirrt um sich. Er balanciert den Schnaps in der linken Hand, das Bierglas hält er krampfhaft in der Rechten. Einen Augenblick überlegt er, einen anderen Tisch zu wählen, aber er weiß, die dort Sitzenden wollen am liebsten von ihm in Ruhe gelassen werden, und er will sich nicht blamieren.
    Die Sicherheit von vorhin und die Befriedigung, etwas Besseres zu sein, sind wie fortgeweht. Stattdessen kämpf Martin gegen die Nervosität und die Angst, die aus ihren Verstecken zu kriechen beginnen. Wer kann dieser Mann sein? Warum hat er sich gerade hierher gesetzt? Martin sucht eine Möglichkeit sich zu verdrücken. Hier kann er jedenfalls nicht stehen bleiben. Wenn er sich umschaut, trifft er nur gleichgültige oder ausweichende Blicke, und er begreift, dass er keine andere Wahl hat, als sich an seinen alten Platz zu begeben. Außerdem liegen noch die Zigaretten und das Feuerzeug auf dem Tisch.
    »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen …«, grüßt der Unbekannte.
    Seine Stimme ist melodiös und kultiviert. Das ist ein gebildeter Kerl, man hört ihm aber auch an, dass er nicht erwartet, abgewiesen zu werden.
    »Durchaus nicht«, brummt Martin verdrossen und fuchtelt mit dem Glas, so dass das Bier auf den Tisch spritzt. Martin unternimmt nichts, seinen Missmut zu verbergen. Die ungewöhnlich hohe Stirn – die Haargrenze hat sich mit den Jahren immer höher zum Scheitel gezogen – legt sich in tiefe Falten. Er zeigt in jeder Weise, dass er nichts mit dem anderen zu tun haben will, dass er weder für Gespräch noch für Gesellschaft zugänglich ist. Demonstrativ wendet Martin dem Fremden den Rücken zu und zieht die Schultern hoch, als wolle er ein Schutzschild zwischen sich und dem anderen errichten. Gleichzeitig brummt er leise vor sich hin. Dies ist ein – vorsichtig ausgedrückt – ungehobeltes Benehmen, das die meisten hier in der Kneipe überraschen würde. Martin pflegt sonst nicht nein zu einem Plausch zu sagen.
    Auch Schweigen kann aufdringlich sein. Martin spürt im. Nacken immer stärker, dass der Fremde ihn mustert und taxiert. Als Martin irritiert und hochmütig, mit einer Überheblichkeit, die von seiner Angst herrührt, den Kopf wendet und dem Blick des anderen begegnet, schaut dieser nicht weg, sondern beantwortet Martins unhöfliches Glotzen mit einem beherrschten, aber ungenierten Lächeln.
    »Es gab keinen anderen Platz«, sagt der Fremde.
    Er lässt dies wie eine bedauerliche Feststellung, aber nicht wie eine Entschuldigung klingen. Martin sucht, kann aber keine entwaffnete Antwort finden. Es ist ja außerdem wahr.
    »Wir alle müssen irgendwohin gehen, wenn wir der Trivialität entgehen wollen«, fährt der Fremde nachdenklich fort. »Manchmal müssen wir ausgehen, um andere und vielleicht ganz unbekannte Menschen zu treffen. Besonders wenn man allein lebt. Die Kneipe oder das Gasthaus sind nicht der schlechteste Ausweg. Wenn man sich zu lange isoliert, kann es passieren, dass man anfängt, laut mit sich selbst zu reden, in Ermangelung anderer Gesellschaft. Dann meinen die Leute, dass man sich sonderbar verhält, und damit haben sie vielleicht recht.«
    Der Mann lächelt wieder versonnen. Martin kann keine bewusste Bosheit in seiner Stimme oder in den Blicken entdecken. Trotzdem! Was meint er? Gibt es da nicht einen Unterton von Spott, dieser raffinierten Form der Grausamkeit, die Martin wahrzunehmen gelernt hat, bevor der Spötter selbst sich dessen bewusst ist.
    »Ich pflege nicht

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