Schule der Liebe
an.
Morgana wirbelte herum und packte die junge Frau an den Oberarmen. „Lucy, ich habe eine Idee! Du brauchst von keiner Bordellbesitzerin und keinem Zuhälter abhängig zu sein. Du konntest wie diese Frau leben, die gerade vorbeigefahren ist!"
Lucy sah sie mit großen Augen an, als habe sie nun endgültig den Verstand verloren. „Unmöglich, Miss! Das war doch wirklich eine feine Dame."
Morgana lachte. „Nein, Lucy, eben nicht! Das war keine feine Dame, sondern eine Kurtisane!"
Lucy schaute verständnislos drein.
Auf dem Heimweg erklärte Morgana ihr, was eine Kurtisane war. Sie führte aus, dass die Herren solche Frauen für ihre Gunst großzügig bezahlten und dass Kurtisanen schone Kleider und Juwelen besaßen. Eine Kurtisane musste sich nicht den Befehlen einer Bordellwirtin beugen. Sie brauchte sich nicht jedem beliebigen Mann hinzugeben. Eine Kurtisane konnte ihre Gönner sorgfältig auswählen, und niemand konnte ihr Vorschriften machen. Eine Kurtisane konnte so fröhlich und unbeschwert wie Harriette Wilson aussehen, anstatt ausgebrannt und verzweifelt wie das portugiesische Mädchen.
„Aber ich verstehe doch gar nichts davon, eine Kurtisane zu sein", protestierte Lucy.
„Ich werde es dir beibringen", versprach Morgana.
„Sie, Miss?", rief Lucy voller Entsetzen.
„Nun, alles werde ich dich nicht lehren können", räumte Morgana ein. „Aber ich kann dir immerhin zeigen, wie eine vornehme Dame spricht, wie sie sich bewegt und sich kleidet. Was den Rest angeht, werden wir andere Lehrerinnen finden." Morgana wusste, dass dies der richtige Weg war. Wie sie das alles erreichen würde, war zwar ungewiss, doch sie war fest entschlossen, Lucy vor dem trostlosen Dasein einer gewöhnlichen Dirne zu bewahren. Wenn sie die junge Frau schon nicht zu einem tugendhaften Leben überreden konnte, dann konnte sie ihr wenigstens dazu verhelfen, ebenso frei und wohlhabend zu sein wie Harriette Wilson.
Sie waren bei ihrem Haus angekommen, und Morgana blieb vor der Eingangstür stehen. „Was meinst du, Lucy?"
Lucy senkte den Blick. Als Cripps ihnen die Tür öffnete, antwortete sie schließlich: „Einverstanden, Miss."
Morgana drückte ihr die Hand, dann führte sie sie an dem verblüfften Butler vorbei ins Haus.
Sloane stand vor der Stadtresidenz der Cowdlins und klopfte an die Tür. Als der Butler ihn einließ, reichte er diesem seinen Hut, die Handschuhe und den Spazierstock.
„Darf ich Ihre Ankunft melden, Sir? Lady Cowdlin ist im Salon", sagte der Butler.
„Ist Lord Cowdlin zu Hause? Wenn ja, mochte ich ihn um ein kurzes Gespräch bitten.”
Sloane hatte Lady Hannah versprochen, mit ihr und ihrer geistlosen Freundin Miss Poltrop im Park spazieren zu fahren. Er war früher als verabredet erschienen, um vorher mit Lord Cowdlin sprechen zu können.
Der Butler nickte und stieg würdevoll die Treppe hinauf. Während Sloane wartete, klopfte es erneut, und ein Lakai öffnete die Tür.
David trat in die Eingangshalle und gab dem Lakaien seine Karte. „Lady Cowdlin, falls sie heute Besucher empfängt."
Sloane hätte sein neues Haus darauf verwetten mögen, dass Davids Besuch nicht der Mutter galt.
Da bemerkte ihn der junge Mann. „Ach, Onkel. Wie schon, dich zu sehen." Mit ausgestreckter Hand ging er auf ihn zu.
Sloane unterdrückte ein ironisches Schmunzeln, als er David die Hand schüttelte. „Wie ich höre, mochtest du Lady Cowdlin besuchen?"
„Das hatte ich vor", bestätigte David verlegen. „Und du?"
Sloane sah zur Treppe hinüber. Es dauerte verflixt lange, bis der Butler mit Lord Cowdlins Antwort zurückkehrte. „Zuerst werde ich mit Lord Cowdlin sprechen."
David zog rasch die Augenbrauen hoch. „Willst du Lady Hannah einen Heiratsantrag machen, Onkel Cyprian?"
„Im Augenblick noch nicht", erwiderte Sloane. Eigentlich sollte er es tun. Er pflegte in wichtigen Angelegenheiten sonst zügig zu handeln, doch in diesem Fall schob er den entscheidenden Schritt immer weiter hinaus. Wie er sich einredete, zögerte er nur, damit Lord Cowdlin Zeit hatte, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass er sich mit Lady Hannah vermählen würde.
Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Er warf seinem Neffen einen prüfenden Blick zu. „Willst du ihr einen Heiratsantrag machen?"
David schüttelte den Kopf. „Eine Heirat
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