Schule der Lüfte wolkenreiter1
seiner Mähne vergraben. Der Mond stand jetzt voll und gelb über den Bergen und beleuchtete
den kleinen Hengst, der Kurs nach Osten eingeschlagen hatte. Er sah aus wie ein großer, dunkler Vogel mit langen, schlanken Flügeln, während er sich mit gleichmäßigen Schlägen von ihnen entfernte.
»Sollen wir ihnen folgen, Meisterin Winter?«, keuchte Hester.
»Das müssen wir«, sagte Philippa und rang nach Luft. »Aber hier können wir nicht starten. Ich habe keine Ahnung, wie Seraph das bewerkstelligt hat.«
»Lark hat keinen Sattel, kein Zaumzeug, rein gar nichts! Und geflogen ist sie auch noch nie!«
Wilhelm riss sein Pferd herum, zerrte brutal an seinem Maul. Sein Wallach schnaufte widerwillig und kaute auf seinem Mundstück. »Ich habe Sie zum letzten Mal gewarnt, Philippa!«, knurrte er.
Philippa drehte sich zu ihm um. Sie hatte die Zähne so fest zusammengebissen, dass es fast wehtat. »Hören Sie gut zu, Durchlaucht«, zischte sie und betonte den Titel. »Ich werde Sie beim Rat der Edlen melden, ob Sie nun der Fürst sind oder nicht!«
Sie verlagerte ihr Gewicht unmerklich nach rechts und hob sacht den Zügel an. Soni machte ohne das leiseste Geräusch einen Satz nach vorn, als wollte sie Wilhelms geschundenem Wallach zeigen, wie man es richtig machte. Leichtfüßig trabte sie die Weide hinunter, und Philippa überzeugte sich mit einem Blick über die Schulter, dass Hester und Goldener Morgen ihr folgten. Als sie Beere entdeckte, der aus dem Wald schoss und über die Böschung auf sie zusprang, holte sie tief Luft.
Einen Augenblick später setzte Wilhelm ihnen in einem wütenden Galopp nach. Vor den Stallungen flog er förmlich aus dem Sattel.
Jinson hatte dort auf ihn gewartet und nahm die Zügel des Wallachs in Empfang. Beinahe wäre er das nächste Opfer von Wilhelms Gerte geworden. Der Fürst marschierte an ihm vorbei in den Stall. »Sie fliegen sicher zur Akademie zurück«, vermutete Philippa. »Schwarzer Seraph kennt die Landekoppel.«
»Das hoffe ich sehr.« Aber aus Hesters Stimme sprachen ihre Zweifel. »Ich wüsste nicht, wo sie sonst hin könnten.«
»Beeilen wir uns. Wir starten vom Park aus. Vielleicht können wir ihnen bei der Landung helfen.«
Sie machten einen großen Bogen um den unglückseligen Jinson und trabten durch das Wäldchen zum Park. »Wenn Goldener Morgen müde wirkt, lassen Sie mich vorausfliegen«, sagte Philippa
»Wir schaffen das schon«, erwiderte Hester bestimmt. »Was wird aus Beere?«
»Wir müssen darauf vertrauen, dass er allein den Weg nach Hause findet.«
Sie beeilten sich, und als sie kurz darauf das Wäldchen verließen, sahen sie gerade noch, wie sich ein anderes geflügeltes Pferd in den mondhellen Himmel erhob. Es stieg schwerfällig auf, flog niedrig und nahm dann Kurs gen Westen. Es waren Irina Stark und ihre Starke Lady.
»Bei Kallas Zähnen!«, schimpfte Philippa, als sie und Hester ihre Position einnahmen und den Park hinuntergaloppierten. »Wohin will sie wohl, was glauben Sie?«
Kapitel 34
L arks Herz pochte wie wild, und der kühle Nachtwind trocknete ihre Tränen, als Tup mit ihr hoch über die Baumwipfel flog, selbst über die Bergspitzen, weit weg von Fürst Wilhelm und seiner Gerte. Tups Flügelschläge vibrier ten in Larks Waden, den Schenkeln, Händen und sogar den Füßen, die sie fest an seinen Körper presste, und sie gaben ihr Kraft.
Der Mond schien so hell, dass er Lark fast blendete. Tup schwenkte ab, schaukelte ein wenig, um sich auszurichten, und flog dann in das Licht. Lark krallte sich in seiner Mähne fest. Sie hatte keine Zügel, nicht einmal eine Halfterleine. Selbst wenn sie eine gehabt hätte, hätte sie ohnehin nicht gewusst, wohin sie ihn führen sollte. Tup dagegen flog sicher und zielstrebig, als kenne er sein Ziel genau.
Sie musste ihm vertrauen. Wenigstens war er vorher bereits einmal geflogen. Für sie war das alles neu und verwirrend, trotz des hellen Mondlichts. Die Landschaft sah von oben ganz anders aus. Die kurvigen Wege, die spitzen Dächer und die aus dieser Höhe seltsam perfekt wirkenden Rechtecke der bestellten Felder waren fremd und irritierend. Sie hatte nur eine schwache Ahnung, wo sie war.
Vor allem jedoch hatte sie Angst. Sie hatte nur eines gewollt, Fürst Wilhelm und Meisterin Stark zu entkommen, und hatte keinen Gedanken darauf verschwendet, was sie eigentlich tat. Sie hatte Tup die Flügelhalter abgenommen,
weil sie nicht wollte, dass sie ihn behinderten. Und dann war sie plötzlich wie
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