Schule der Lüfte wolkenreiter1
Vorderbein zum ersten Schritt aus.
Doch Larks schweißnasse Hände rutschten von den seidigen Strähnen seiner Mähne ab. Jetzt verlor sie auch den Halt mit ihrem linken Fuß.
Aber es ging nur noch um Tup. Er musste sicher auf allen vieren landen und brauchte Platz zum Galoppieren, damit er die gefährliche Geschwindigkeit bei der Landung abfangen konnte. Der Boden war jetzt ganz nah, nur noch Augenblicke entfernt, doch Tup war aus dem Gleichgewicht. Er versuchte, ihr zu helfen und legte sich immer weiter nach links, während sie nach rechts rutschte.
Lark ließ seine Mähne los, hob ihr linkes Bein über den Widerrist und rutschte von Tup herunter. Sie schlug einen Purzelbaum, und die Spitze seines Schweifs wischte über ihr Gesicht. Hastig versuchte sie sich zusammenzurollen, damit der Aufprall nicht so schlimm wurde. Es dauerte einen Herzschlag, dann landete sie mit Schulter, Hüfte und Knöchel auf dem harten Boden. Sie hatte die Luft angehalten und stieß sie jetzt keuchend aus. Dann blieb sie auf dem Rücken liegen und betrachtete beinah staunend die Sterne, die sich zu drehen schienen.
Sie lauschte Tups Hufschlägen; der Takt seines Galopps wurde langsamer, dann fiel er in einen Trab, und schließlich hörte sie, wie sein Hufgetrappel wieder lauter wurde. Er hatte gewendet und kam zu ihr zurück.
Sie lag im Gras und rang nach Luft. Tup stupste mit dem Maul sanft gegen ihren Kopf, blies ihr den warmen Atem in
den Nacken und stieß sein vertrautes Wimmern aus, als wolle er sie fragen, ob sie aufstehen könne und wieder aufsteigen wolle.
Schließlich vermochte sie wieder zu atmen, schnappte nach Luft, einmal, zweimal, dreimal. »Ach, Tup«, krächzte sie, als sie wieder etwas sagen konnte. »Das tut vielleicht weh.« Ihr rechtes Bein und die Seite schmerzten, und sie ahnte, dass sich dieser Schmerz schon bald deutlich verstärken würde.
Als sie den Arm hob, um Tups Schnauze zu streicheln, schoss ein heftiger Schmerz von ihrer Schulter durch die Rippen bis hinab in ihre Hüfte. Der Mondschein spiegelte sich in Tups glänzenden Augen, und er stupste sie erneut behutsam mit der Schnauze an.
»Tup!«, stöhnte Lark. »Lass mich hier einfach ein bisschen liegen.«
Sie waren gelandet, und Tup war wohlauf. Lark versuchte sich einzureden, dass das alles war, worauf es ankam.
Aber es tat so weh! Der Schmerz pochte in ihrer Hüfte, und obwohl sie flach atmete, bereitete ihr jeder Atemzug Pein in der Brust. Ihr Knöchel brannte wie Feuer, und die Flammen schienen durch ihre Wade bis zu ihrem Knie zu lodern. Allein konnte sie unmöglich aufstehen. Und wenn doch, konnte sie bestimmt keinen einzigen Schritt gehen. Ihr schoss ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf.
Wenn … wenn sie nun nie wieder reiten konnte? Dann wäre Tup genauso verloren, als wenn Fürst Wilhelm ihn eigenhändig getötet hätte.
Sie hatte keine Wahl mehr. Der Morgen würde bald dämmern, und sie waren auf einer Weide im Hochland gestrandet, hilflose Flüchtlinge, die ihren Verfolgern wehrlos ausgeliefert waren.
Kapitel 35
N och bevor sie die Landekoppel der Akademie er reicht hatten, war Philippa klar, dass Larkyn und Schwarzer Seraph einen anderen Weg gewählt hatten. Während sie und Hester vor der Landung im Mondschein über den Anlagen kreisten, konnten sie nirgends ein Zeichen von den beiden entdecken.
Philippas Muskeln zuckten vor ohnmächtiger Wut auf Wilhelm, auf Jinson und ganz besonders auf Irina Stark. Nachdem Hester und sie die Pferde gefüttert, ihnen eine Decke gegen die Kälte übergelegt hatten und über den Hof zur Halle gingen, wünschte sie sich sehnlichst, einer von den dreien würde jetzt, wo ihre Wut am größten war, vor ihr stehen. Am nächsten Morgen, wenn sie Wilhelm im Palast erreichen würde oder versuchen konnte herauszufinden, wo Irina steckte, würde ihr Ärger durch ihre Erschöpfung und Sorge wahrscheinlich schon wieder abgeklungen sein.
Als sie sich der Halle näherten, öffnete sich das Portal, und zu Philippas Überraschung tauchte Margret dort auf. Die Leiterin trug ihre Tracht und hatte anscheinend auf sie gewartet.
»Margret! Es ist doch mindestens drei Uhr! Du solltest längst im Bett sein!«, erklärte Philippa.
»Es ist bereits vier«, erwiderte Margret grimmig. »Wie könnte ich wohl schlafen, wenn eines unserer Mädchen verschwunden ist und ihr Pferd gestohlen wurde?«
Philippa nickte resigniert. »Du hast Recht. Heute Nacht wird wohl keine von uns ein Auge zumachen.«
Margret schloss die
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