Schule der Lüfte wolkenreiter1
feilbot. Lark hatte Nikh um ein paar Münzen gebeten, damit sie ein Geschenk kaufen konnte.
Sie nickte einigen Leuten zu, die sie kannte, und wechselte ein paar Worte mit ihnen. Sie ging am Teeladen vorbei, wo Meister und Meisterin Bickel Teeblätter sowie gebrühten Tee und Kekse an ihre Kunden verkauften. Gerade kam sie an der Tür der Fleischerei vorbei, als sie plötzlich stehen blieb, als wären ihre Füße auf dem Kopfsteinpflaster festgefroren.
Ein Mann stand im Eingang der Weberei. Sein wehender Herrenmantel mit dem Umhang wies darauf hin, dass er nicht aus dem Hochland kam. Seine Schultern waren breit und auffällig krumm. Er hatte sein Pferd an einen Pfahl in der Straße gebunden und öffnete gerade Meisterin Kateliss’ Tür.
Lark kannte den Mann. Sie war ihm in Oscham begegnet, wo er ihr aus der Tür des Kräuterladens nachgeschaut hatte, nachdem ihr die Frau den Stein von Kalla geschenkt hatte.
Sie erinnerte sich daran, wie sie mit Hester, Anabel und Baronin Beeht im Ladenfenster der Hutmacherin gestanden
und hinausgesehen hatte. Und Baronin Beeht hatte die Mädchen ein Stück weg vom Fenster gezogen und ihnen verboten hinauszugehen, bevor der Mann verschwunden war. Dann hatte sie ihnen von Prinz Wilhelm und den Geschichten über ihn erzählt und sie eindringlich gewarnt...
Dies hier war Prinz Wilhelms Diener, der Mann mit den fettigen Haaren und den schmalen Augen, von dem Schande und Gefahr ausgingen. Lark konnte sich nicht erklären, was er in Willakhiep suchte, wieso er mitten im Winter eine Weberei im Hochland aufsuchte … Bei Kallas Fersen, was hatte dieser Slathan hier vor?
Sie verschwand hastig in der Fleischerei. Der Fleischer begrüßte sie, und sie sah sich gezwungen, ihn nach etwas zu fragen. Sie entschied sich für etwas Außergewöhnliches, das er sicher nicht hatte, trödelte herum und betrieb unendlich lang Konversation, bis sie sah, dass dieser Slathan aus der Weberei herauskam, auf sein Pferd stieg und davonritt. Erst dann trat Lark bedrückt und unsicher wieder auf die Straße.
Kapitel 24
A m späten Nachmittag schlenderte Philippa langsam die Hecken entlang. Es war ihr letzter freier Tag, und sie hatte das Bedürfnis, jeden Augenblick zu genießen. Morgen würden sie alle zurückkommen, die Mädchen würden lachen und sich Geschichten von Festen und Tänzen erzählen, und die Pferde würden voller Energie herumtollen. Und auch die anderen Pferdemeisterinnen würden nach und nach eintreffen. Sogar Margret war im Ostreich auf dem Anwesen ihrer Familie gewesen.
Beere trottete neben Philippa her und lief gelegentlich zu den trockenen Hecken, um einen Geruch oder ein Geräusch zu erforschen. Der Schnee, der am Morgen gefallen war, glitzerte auf den Zweigen und den Steinen entlang des Weges. Der Himmel hatte am Nachmittag aufgeklart, und nun senkte sich die Sonne auf die Türme der Weißen Stadt. Der Winter hatte ernsthaft begonnen.
Beere trottete vor ihr in den Stall. Philippa nahm sich die Zeit, das Wasser in Sonis Eimer zu wechseln und ihr eine frische Gabel Heu zu geben, dann schlenderte sie zum Wohnhaus. Es war noch eine Stunde bis zum Abendessen, wo sich die wenigen Frauen, die an der Akademie geblieben waren, zu einem ruhigen Mahl in der Küche der großen Halle trafen. Bis dahin konnte sie sich im Lesesaal entspannen, ein Feuer anmachen und ein bisschen lesen.
Als sie die Tür öffnete, war sie überrascht, dort bereits Irina Stark vorzufinden, die vor der Feuerstelle kniete. Irina legte ein Stück Holz auf die Asche und stocherte mit dem Schürhaken in den Kohlen, bis es brannte. Sie stand auf und klopfte sich die Hände ab.
»Guten Abend, Irina«, begrüßte Philippa sie. »Bist du gerade zurückgekommen?«
Irina nickte. »Vor einer Stunde.«
Philippa setzte sich in einen der Armsessel neben dem Feuer, öffnete ihr Buch und streckte die Beine in die Wär me. »Ich hoffe, deiner Familie geht es gut.«
Irina sagte so lange nichts, dass Philippa die Brauen hochzog und zu ihr aufsah. Die Pferdemeisterin starrte ins Feuer und mahlte mit ihrem eckigen Kiefer. Schließlich sagte sie mit tonloser Stimme: »Meine Familie hat letztes Jahr ihr Haus verloren. Ich habe die Ferien bei einer Freundin in Oscham verbracht.«
Philippa holte Luft. »Oh, Irina. Das tut mir leid … ich hatte ja keine Ahnung.«
Irina verschränkte die Arme, drehte sich um und sah auf Philippa hinunter. »Nein«, erwiderte sie. »Das hattest du nicht, oder? Niemand weiß etwas über eine
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