Schule versagt
Empfindungen wie z. B. Liebeskummer oder Ähnliches, die mit Schule unmittelbar nichts zu tun haben. Hass, Kummer, Abneigung oder Feindseligkeit behindern Lernvorgänge, eine freundliche Atmosphäre und ein entspannter Umgang miteinander beflügeln sie.
Die zwischenmenschliche Interaktion, das Gegenüber, das sich mir zuwendet, meine Bemühungen unterstützt und fördert und mir ein Feedback gibt, ist ein weiterer Schlüssel zum Lernerfolg. Und dieses Gegenüber ist neben den Mitschülern vor allem der Lehrer oder die Lehrerin. Kein Computer, keines der neuen Medien kann diese aktive Zuwendung ersetzen. Oder die Abwendung kompensieren. Keine der dargestellten Komponenten des Lernensdarf vernachlässigt werden, um den Lernprozess erfolgreich sein zu lassen. Zumal alles, was wir gelernt haben, unbewusst weiterverarbeitet wird, egal ob wir es wollen oder nicht. Und es wird auf eine Weise verarbeitet, die wir nicht beeinflussen können, wie alle unbewussten Vorgänge. Das bedeutet auch, dass die Lernatmosphäre weiter wirkt, das Verhalten des Lehrers, die Emotionen, die man während des Lernvorgangs hatte. Und all diese Elemente wiederum bewirken die Art, in der das Kognitive des Prozesses gespeichert wird. Ist es gelungen, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Konzentration möglich war; sind Motivation und Interesse geweckt oder erhalten worden; war die Möglichkeit zum selbstständig erarbeiteten Lernerfolg gegeben? Der emotionale Eindruck, den wir mit in die unbewusste Weiterverarbeitung nehmen, verquickt sich untrennbar mit dem kognitiv Erfassten und beeinflusst seine Wahrnehmung.
Zehn Jahre Unterrichtstätigkeit haben mich erfahren lassen, in welch hohem Maße die Persönlichkeit des Lehrers mit dem Lernerfolg korreliert. Hier, genau an dieser Schnittstelle, erfolgt die »Durchdringung von Lehre mit Leben«. Und von »Leben mit Lehre«.
III. Konzentration, Kenntnisse, Reife? Die Schülerrolle
Bildung ist nicht das Befüllen von Fässern, sondern das Entzünden von Flammen.
Heraklit
Eine Kollegin, die an einer Hauptschule unterrichtete, sagte mir häufig, wie sehr sie mich darum beneide, in der Sekundarstufe II zu arbeiten. »Du hast bestimmt kaum Disziplinprobleme!«, schwärmte sie, »und deine Schüler sind erwachsen!« Sie war, nachdem ihr ein Schüler ein Messer an die Kehle gehalten hatte, mit den Nerven ziemlich am Ende und stieg schließlich aus dem Schuldienst aus. Ihre Probleme hatte ich zugegebenermaßen nicht. Gemessen an ihren Erlebnissen arbeitete ich im Garten Eden. Das heißt aber nicht, dass es in der Sekundarstufe II tatsächlich keine Disziplin- oder Pubertätsprobleme gibt. Die Aufgabe eines Lehrers, der dort unterrichtet, ist so definiert, dass er seine Schüler zur Hochschulreife führen soll. Diese Aufgabe ist mit der Verwirklichung des Ziels der Informations- und Wissensgesellschaft wichtiger denn je. Gemessen an diesen Ansprüchen gibt es viel zu tun. Eines der Schlüsselprobleme, die viele Schüler mitbringen, ist das der mangelhaften Fähigkeit, sich zu konzentrieren. Konzentriertes Arbeiten ist offenbar sehr schwer. Oder sollte ich sagen: Es ist schwer, wenn man kein eindeutig definiertes Ziel hat? Meine Erfahrung ist, dass Schüler, die eine Ausbildung machen und/oder die Hochschulreife erreichen wollen, ungleich weniger Konzentrationsprobleme haben als diejenigen, die nicht so recht wissen, warum sie in der Schule sitzen. Dafür ist unter anderem eine heute verbreitete Haltung verantwortlich: die hedonistische Lebenseinstellung. Aber es gibt noch andere Gründe. In Schülergesprächen wurde mir klar, dass in den Schulen, aus denen sie in die Sekundarstufe II kamen, also in der Hauptsache Realschulen, das Einfordern und die Betonung von Konzentration als Voraussetzung für den Arbeitserfolg nicht gerade hoch im Kurs standen.
Reizüberflutung ist ein weiteres Stichwort zu dieser Thematik. Zu viele Reize in zu kurzer Zeit prallen ununterbrochen auf das ungeschützteSchülerhirn ein. Versuche, das zu ändern, werden selten unternommen. Wer kann die unzähligen Informationen, mit denen wir täglich konfrontiert werden, noch erfassen, bewältigen, einordnen? Internet, Fernsehen, Printmedien, Radio … Wer ordnet sie nach Wichtigkeit und stellt Unerwünschtes ab? »Das Wichtigste erkennen und zuerst tun« ist eine Maxime, die in der Schule gelehrt und vorgelebt werden sollte. Wie ich bereits sagte, sind Schüler, die den Schulerfolg für sich in den oberen Bereich
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