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Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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ihrer Starre erwacht. Einer bekam die Wissenschaftlerin an der Schulter zu fassen, als sie an ihm vorbeizuhuschen versuchte, der andere erwischte eine Strähne ihres wehenden Haars und riss sie daran zurück. Mit einem spitzen Schrei fiel Susann Dettweiler hintenüber und stürzte zu Boden.
    Der ganze Vorgang hatte nicht einmal zwei Sekunden gedauert. Kurz überlegte Donald Wilkins, ob er umdrehen und seiner Kollegin beistehen sollte, doch ihm war klar, dass er gegen Kroll und seine Handlanger nichts ausrichten konnte. Das Einzige, was noch in seiner Macht lag, war, dafür zu sorgen, dass er und Becca vorläufig auf freiem Fuß blieben.
    Mit einem raschen Seitenblick vergewisserte er sich, dass das Mädchen unmittelbar hinter ihm den Korridor entlangwetzte. Schon lag ein gutes Dutzend Meter zwischen ihnen und dem Eingang zum Magazin, und noch war niemand im Türrahmen aufgetaucht, um ihre Verfolgung aufzunehmen. Rasch richtete er die Augen wieder nach vorn, wo eine Kreuzung in Sicht kam.
    Da erhob sich hinter ihnen ein animalisches Gebrüll. Es war Kroll, der sich von der Löschschaum-Attacke erholt zu haben schien.
    »Wilkiiiiins!«, dröhnte seine Stimme den Flur entlang. »Das wirst du mir büßen. Wenn ich dich in die Finger kriege, mach ich Hackfleisch aus dir!«
    Instinktiv schlug Donald Wilkins an der Kreuzung den Weg nach links ein. Er hoffte, dass ihn sein Orientierungssinn nicht trog und dieser Flur zurück zum Aufzug führte. Sie mussten das A-Deck verlassen, wenn sie an Bord des Habitats noch eine Weile unentdeckt bleiben wollten. Er machte sich allerdings keine Illusionen, dass dies nicht ewig möglich sein würde. Es war ein Spiel auf Zeit, und die Regeln hatten sich seit ihrer Flucht aus der Zelle dramatisch gewandelt.
    Jetzt ging es um Leben und Tod.

36
     
    AM WRACK DER U-196,
    27. SEPTEMBER 2013, 23:46 UHR
     
    Als Henry wieder auf die Plattform des Turms zurückkehrte, sah er, dass Eile geboten war. Ottenthal hatte die Arbeit an der Luke aufgenommen, mit gesenkter Schweißlanze schnitt er den Eingang der U-196 auf. Mit hypnotischer Trägheit fraß sich die weiße Plasmaflamme durch den Stahlwulst, der die Einstiegsluke umgab.
    »Höchste Zeit, dass du kommst«, begrüßte ihn der Taucher über Helmfunk. »Sieh zu, dass der Rest des Schotts frei von Schutt ist, bis ich dort ankomme!« Er löste einen Manipulator von der Lanze und deutete auf die gegenüberliegende Hälfte der Luke, die nach wie vor von Sand, Korallenbruchstücken und Muschelkies bedeckt war.
    Zögernd kam Henry näher. Durch die Sohlen seiner Stiefel spürte er noch immer die regelmäßigen Schläge, die den Rumpf des U-Boots erzittern ließen. Ihr Rhythmus kam ihm noch hektischer vor als wenige Minuten zuvor, möglicherweise eine Reaktion auf das Fauchen des Schweißapparats, das bis tief ins Innere der U-196 zu hören sein musste.
    Ahnte die Kreatur, dass nur noch Minuten sie von ihrer Rückkehr aus der Verbannung trennten?
    Hastig sah sich Henry auf dem Turmdeck um. Ein paar Schritte achtern, in der Nähe des verrosteten Geschützes, lagen Eisenteile auf dem Boden, vom Salzwasser im Lauf der Jahrzehnte abgenagt, darunter Überbleibsel des Handlaufs, der die Kanone einst umgeben hatte. Henry sah ein Metallstück, über einen Meter lang und leicht gebogen …
    Einer spontanen Eingebung folgend, bewegte sich Henry auf das Geschütz zu. Als er sich gerade bücken wollte, um die Stange aufzuheben, verstummte das Hämmern und Trommeln aus dem Schiffsrumpf abrupt. Nach einem Augenblick banger Stille wurde es von einem Laut abgelöst, wie Henry ihn noch nie zuvor gehört hatte.
    Es war ein dumpfes, langsam auf- und abschwellendes Grollen, wie der Motor einer unvorstellbar großen Maschine oder das Brummen eines riesenhaften Tiers. Es bewegte sich an der unteren Grenze des für das menschliche Ohr hörbaren Bereichs, schien diesen ab und zu sogar zu verlassen. Henry standen im Innern des Anzugs am ganzen Körper die Haare zu Berge, als ihm klar wurde, was der Laut bedeuten musste.
    Die Bestie triumphierte in der Aussicht auf ihre baldige Freiheit!
    Henry sah zu Ottenthal hinüber, der ungerührt seine Arbeit fortsetzte. »Hörst du das?«, wollte er mit verstellter Stimme wissen.
    »Was zum Sack soll ich hören?«, giftete Ottenthal zurück. »Ich schweiße, Mann! Und wenn du nicht endlich deinen Arsch hierher bewegst und dich nützlich machst, kannst du deinen Bonus vergessen. Der Chef wird …«
    Wie aufs Stichwort ertönte das

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