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Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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der Professor irgendwann auf die aktuellen Forschungsergebnisse amerikanischer und italienischer Neurowissenschaftler zu sprechen kam, die seit den Neunzigerjahren die Auswirkungen der Zirbeldrüse auf den Alterungsprozess von Menschen und Tieren erforschen«, erklärte sie. »Außerdem verriet er uns endlich, was der U-196 damals höchstwahrscheinlich zugestoßen ist. Er hatte alte nautische Aufzeichnungen und jüngst entdecktes Archivmaterial über irgendwelche Morsesignale durchgesehen, die damals angeblich aufgefangen worden waren. Laut seiner Theorie hatte das Boot kurz vor seinem geplanten Treffen mit einem Schwesterschiff im Indischen Ozean technische Probleme bekommen. Die Tauchtanks ließen sich nicht mehr freiblasen, das Boot sank immer tiefer, bis es schließlich auf Grund lief.« Susann Dettweiler hielt kurz inne, als müsse sie sich für das Finale ihres Berichts wappnen. »Bevor der Besatzung der Sauerstoff ausging, soll Striegler seine okkulten Kenntnisse genutzt und seine Mannschaft sowie sich selbst einem nie zuvor erprobten Ritual unterzogen haben: einer Kombination aus arkanen Beschwörungsformeln, den erwähnten ›Ewigkeitsstrahlen‹ sowie einem minimalen chirurgischen Eingriff, bei dem die Zirbeldrüse mithilfe einer zirka zehn Zentimeter dünnen, haarfeinen Nadel stimuliert wird. Angeblich existieren geheime Aufzeichnungen Strieglers aus der Zeit vor seinem Auslaufen in Batavia, aus denen hervorgeht, dass er alle erforderlichen Materialien für eine Operation namens ›Ewiges Licht‹ mit an Bord genommen hatte.«
    McKenzie schüttelte ungeduldig den Kopf. »Ich sehe nicht, worauf das hinauslaufen soll.«
    »Das ging mir nicht anders«, erwiderte die Genetikerin ernst. »Der Zusammenhang erschloss sich mir und dem Rest unseres Teams erst, als Professor Hauschildt in triumphalem Ton verkündete, hinter den Fenstern des seit nahezu siebzig Jahren unberührt am Meeresgrund liegenden U-Boots seien Bewegungen gesichtet worden. Was das zu bedeuten habe, könnten wir uns ja gewiss ausmalen.«
    Henry dämmerte mit einem Mal, worauf der Historiker offenbar aus war. Er schnappte nach Luft – die Vorstellung war einfach zu verrückt!
    Sein Vater schien seine Ahnung zu teilen. »Sie wollen uns allen Ernstes erzählen …«
    »Das Team reagierte, wie kaum anders zu erwarten, mit Hohn und Spott. Mehrere Kollegen machten sich offen über den Professor lustig. Doch nachdem wir vor Anker gegangen waren und die Techniker sich daranmachten, Neuschwabenland auf den Meeresgrund hinabzulassen, bot Hauschildt jedem von uns Gelegenheit, an Bord der Walküre zum Wrack hinabzutauchen und selbst einen Blick durch die Fenster zu werfen.« Ihre Stimme kippte, sie musste sich mehrmals räuspern, bevor sie fortfahren konnte.
    »Dort stellten wir fest, dass er recht hatte! Hinter den Fenstern war etwas Lebendiges zu sehen, und es machte absolut nicht den Eindruck von Fischen oder sonstigen Meeresbewohnern. Während meines Tauchgangs sah ich mit eigenen Augen, wie sich etwas gegen eine Scheibe presste, das … Ich kann es nicht anders beschreiben, aber es sah aus wie ein aufgeweichtes, weißes Gesicht! Daraufhin ging der Professor mit einem Teil des Teams an Bord von Neuschwabenland.«
    Becca machte noch immer ein ratloses Gesicht. »Aber was befindet sich denn nun nach Hauschildts Meinung im U-Boot?«
    Henry sah sie mit gehobenen Brauen an. »Weißt du das wirklich nicht?«
    »Falls du eine Idee hast, hilf mir bitte auf die Sprünge«, verlangte auch McKenzie. »Ich habe nämlich verdammt noch mal nicht den leisesten Schimmer, was der Spinner vorhat.«
    Zögernd wandte sich Henry der Wissenschaftlerin zu. »Professor Hauschildt hofft, dass Strieglers Ritual Erfolg hatte, nicht wahr? Dass der Kommandant und seine Besatzung im U-Boot irgendwie am Leben geblieben sind … bis heute.«
    McKenzie und Becca starrten erst ihn mit großen Augen an, dann die Genetikerin.
    Susann Dettweilers Miene verriet Erleichterung – Erleichterung darüber, dass es ihr jemand abgenommen hatte, den absurden Sachverhalt in Worte zu fassen. Sie öffnete gerade den Mund, um etwas zu sagen, als auf dem Flur plötzlich Geräusche laut wurden.
    Schwere Schritte näherten sich im Eiltempo der Tür, dann bellte eine Stimme, in der Henry die von Artur Kroll erkannte, laut und unbeherrscht mehrere Sätze. Henry verstand die Worte »… drin verloren?«, »… das heißen, ›Befehl von oben‹?« und »… dich Penner lehren, von wem du Befehle

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