Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis
Stille und versuchte, wach zu bleiben, da mich Eisleys Zustand so sehr beunruhigte. In den frühen Morgenstunden schlief ich dennoch ein.
Als ich aufwachte, waren Bilk und ich nur noch zu zweit.
Meine Verstörung verwandelte sich in Panik, als ich im Licht meiner Taschenlampe erkannte, dass auch Bilks Gesicht zwischenzeitlich eine unverkennbar graue Färbung angenommen hatte. All meine Versuche, ihn aus seiner stummen Lethargie zu reißen und mit ihm über seinen Zustand oder den Verbleib Dr. Eisleys zu reden, schlugen fehl.
Gegen Abend stellte ich auch bei ihm Ansätze von Backenwülsten und Kehlsack fest, wie bei einem haarlosen Orang-Utan. Seine Haut war grau wie Fels, und er erwachte nur noch alle paar Stunden kurz aus seinem Dämmerzustand, ohne dabei jedoch etwas Sinnvolles von sich zu geben.
In dieser Nacht war meine Angst so groß, dass es mir ohne Mühe gelang, wach zu bleiben.
Irgendwann, laut den Leuchtziffern meiner Uhr war es gegen zwei Uhr in der Frühe, nahm ich eine Bewegung in der Dunkelheit wahr. Lautlos griff ich zur Taschenlampe, holte tief Luft und knipste sie an.
Brian Bilk stand in der Mitte der Felskammer, die Arme vorgestreckt wie ein Schlafwandler. Seine Augen waren offen – weit offen, zum ersten Mal seit gut zwei Tagen – und starrten in eine Ferne, die jenseits der engen Felswände unseres Verstecks zu liegen schien. Als der Strahl meiner Lampe in sein graues, aufgequollenes Gesicht fiel, blinzelte er nicht.
Ich sprach ihn an, flüsternd zunächst, dann lauter, doch er reagierte nicht. Taumelnd setzte er sich in Bewegung, auf den Durchgang zum Korridor zu. Zunächst war ich versucht, ihn aufzuhalten, entschied mich jedoch dagegen. Stattdessen beschloss ich, ihm zu folgen. Vielleicht würde er mich zu Goldstein und Eisley führen.
Draußen auf dem Korridor wandte er sich nach links. Obwohl wir diese Richtung nie erforscht hatten, schritt er zielstrebig durch die Finsternis voran, ganz so, als würde er sich hier bestens auskennen. Ich folgte ihm, den Strahl meiner Lampe ängstlich hierhin und dorthin schwenkend.
Bilk durchquerte eine lange Halle mit spitz zulaufender Decke und machte Anstalten, einem Tunnel am gegenüberliegenden Ende zu folgen. Doch plötzlich erscholl aus der Öffnung ein ohrenbetäubendes Geheul – anscheinend waren unsere unirdischen Widersacher nur wenige Gangbiegungen entfernt!
Ohne mein bewusstes Zutun machten meine Beine kehrt und trugen mich mit Höchstgeschwindigkeit den Weg zurück, den ich gekommen war. Zurück in der Felskammer, verbarg ich mich zitternd unter einer Decke, das auf- und abschwellende Heulen der Bestien nach wie vor in den Ohren.
Es sollte die ganze Nacht nicht mehr verstummen.
Als ich am nächsten Morgen aus unruhigem Schlaf erwachte, konnte ich kaum glauben, dass ich noch immer am Leben war. Die Monster schienen mein Versteck nicht entdeckt zu haben. Ich stärkte mich mit etwas Zwieback und Wasser und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.
Goldstein, Eisley und Bilk hatten allem Anschein nach aus freien Stücken unser Versteck verlassen – genau wie Tage zuvor Ringsberg, Clegg, Wylde und Anne Klein. Es musste demnach irgendeine Gemeinsamkeit geben, die ihr rätselhaftes Verhalten erklärte. Ich zermarterte mir den Kopf doch ich stieß auf keine Übereinstimmung.
Oder doch?
Meine Gedanken kehrten zurück zu jenem Zeitpunkt vor fast drei Wochen, als wir die tote Kreatur im Eis gefunden hatten. Anders Ringsberg hatte sie ausgegraben, wobei zwei Männer ihm zur Hand gegangen waren: Calvin Wylde und ich. Anschließend hatten wir den Kadaver in eines der Zelte geschafft, wo Dr. Clegg ihn wenig später untersucht hatte – unter tatkräftiger Mithilfe von Anne Klein, die zwar keine Biologin war, zu Beginn ihres Studiums aber zwei Semester Medizin studiert hatte.
Ringsberg, Wylde, Clegg und Klein … Alle waren in direkten Kontakt mit dem fremden Organismus gekommen!
Viel weiter brachte mich diese Erkenntnis jedoch nicht. Sie stellte lediglich eine Gemeinsamkeit zwischen den vieren dar, die während der Herfahrt verschwunden waren. Nach wie vorgab es keine Parallele zu Goldstein, Eisley und Bilk. Außerdem hatte auch ich den Kadaver des grauen Wesens während der Bergung berührt. Und ich war nicht willenlos ins ewige Eis hinausspaziert.
Ich grübelte weiter. Und plötzlich, mit der Wucht eines Faustschlags, wurde ich mir einer anderen Übereinstimmung bewusst: Sowohl Dr. Eisley als auch Brian Bilk und Sasha Goldstein waren
Weitere Kostenlose Bücher