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Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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Hunderttausende von Jahren zurückverfolgen.«
    »Die Proben werden mit einem Hohlkernbohrer heraufgeholt.« Dr. Golitzin richtete sich auf. »Ein armdickes Rohr, das sich unter ständigem Drehen durch das Eis in die Tiefe fräst. Holt man es wieder herauf, findet man im Innern Eis aus tieferen Schichten, den sogenannten Bohrkern.«
    »Dieses Eis ist höchst aufschlussreich für die Gewinnung von Klimadaten«, übernahm der Professor erneut. »Im Eis können Luftbläschen eingeschlossen sein, Luft, die Hunderttausende von Jahren alt ist und etwas über die Zusammensetzung der Atmosphäre zur damaligen Zeit verrät. Oder Feststoffe, die in der jeweiligen Epoche durch die Atmosphäre schwebten. Asche aus einem Vulkanausbruch beispielsweise …«
    »Oder Dinokacke!«, stieß Lincoln prustend hervor. Die Vorstellung, der Hohlkernbohrer könnte statt eines Eiskerns ein gefrorenes Saurierhäufchen ans Tageslicht befördern, schien ihn ausgesprochen zu erheitern.
    »So weit in die Vergangenheit reicht der Blick der Glaziologen dann doch nicht«, entgegnete Golitzin kühl. »Die ältesten auf diese Weise gewonnenen Daten sind neunhunderttausend Jahre alt. Das betreffende Eis wurde in der russischen Wostok-Station aus rund dreieinhalbtausend Metern Tiefe heraufgeholt.«
    »Das Eis ist so dick?« Beeindruckt starrte Henry den Boden zu seinen Füßen an.
    »Stellenweise misst der Eisschild mehrere Kilometer.« Golitzin ließ seinen Blick nachdenklich über den kleinen Platz schweifen, auf dem nur ein paar Tage zuvor noch das Camp von Donald Wilkins gestanden hatte.
    »Das wäre aber ’ne ganz verteufelt große Menge Wasser«, stellte Lincoln ungläubig fest.
    »Zweiundzwanzig Billiarden Tonnen, um genau zu sein. Im antarktischen Eis sind achtzig Prozent des Weltsüßwassers gebunden.« Der Russe machte keinen Hehl daraus, dass ihm Lincolns respektlose Art auf die Nerven ging. »Mehr als in sämtlichen Seen und Flüssen zusammen. Würde es komplett abtauen, stiege der Meeresspiegel auf der ganzen Erde um sechzig Meter.«
    Diese Vorstellung war derart apokalyptisch, dass sie offenbar sogar Lincoln zu denken gab. Zumindest hielt er fürs Erste den Mund.
    »Aber was haben die norwegischen Forscher da unten gefunden, das Dad so interessierte?« Henry trat an die Bohröffnung und versuchte, in die Tiefe zu spähen. Doch nach knapp einem halben Meter war das Loch mit Schnee verstopft.
    »Laut der Meldung, die damals auf verschiedenen wissenschaftlichen Websites gepostet wurde, waren die Glaziologen unerwartet auf Grundgestein gestoßen«, erinnerte sich Professor Albrecht. »Eine Felsschicht mit eigenartigen, auf künstlichen Ursprung hindeutenden Markierungen.«
    »Wie wollen sie die denn gesehen haben?« Henry zeigte auf das Loch. »Die Öffnung ist doch viel zu klein, und da unten ist es stockfinster.«
    »Möglicherweise haben die Norweger eine Kamera mit eigener Lichtquelle hinabgelassen«, vermutete Eileen. »Dann dürfte der Fels aber nicht allzu tief gelegen haben.«
    »In der Pressemeldung war von rund hundert Metern die Rede«, erinnerte sich der Professor.
    Golitzins Augen hinter der Schutzbrille verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Hundert? Das ist unmöglich. In dieser Tiefe können sie nicht auf Fels gestoßen sein.« Als er die fragenden Blicke der anderen bemerkte, räusperte er sich. »Das Grundgestein der Antarktis liegt im Schnitt eintausendachthundert Meter über dem Meeresspiegel. Laut Höhenmesser befinden wir uns zurzeit zweieinhalbtausend Meter über Normalnull. Das bedeutet, zwischen unseren Stiefelsohlen und der nächsten Gesteinsschicht befindet sich mehr als ein halber Kilometer klares, uraltes Eis. Es sei denn …«
    »Es sei denn was?«, hakte Eileen nach.
    »Einige Geologen vermuten, dass unter den antarktischen Eismassen noch ganze Gebirgszüge verborgen liegen könnten, die bisher niemand entdeckt hat.« Der Russe starrte das Loch zu seinen Füßen an. »Die Stelle, an der der Bohrer der Norweger auf Stein traf, könnte der Gipfel eines Berges gewesen sein. Oder eine einzelne, frei stehende Erhebung, eine Art Felsnadel.«
    »Die Geräte, die ich für Donald aus Kanada mitbringen musste, lassen vermuten, dass er genau das überprüfen wollte«, erklärte Professor Albrecht. »Einige der Apparate können zum Scannen tiefer Bodenschichten verwendet werden – oder auch tiefer Eisschichten.«
    »Hätte jemand was dagegen, diese Unterredung im SnoCat fortzusetzen?«, erkundigte sich Lincoln, der

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