Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis
Antarktis geologische Voraussetzungen für die Bildung derart gigantischer Steinpfeiler vor. Faktisch dürfte es dieses Gebilde also gar nicht geben. Und doch ist es da.
Ich bin gespannt, was Burton und Dr. Aksel aus den Mustern machen …
22. März 2013 (morgens)
Aufbruch in aller Frühe, nach Unterredung mit Burton und Dr. Aksel. Muster im Stein lassen sich tatsächlich als eine Art Sternkarte lesen, wenngleich die abgebildeten astronomischen Konstellationen seit Jahrmillionen nicht mehr am südlichen Firmament zu sehen gewesen sein können. Laut Dr. Aksel basiert die Darstellung auf unbekannten Symbolen, nichtsdestotrotz gibt es verwirrende Übereinstimmungen mit neuzeitlichen Sternkarten. Er glaubt, dass einige der eingeritzten Linien als Wegmarkierungen oder Bewegungsvektoren interpretiert werden können, ähnlich den Richtungsangaben auf einem Lageplan; als Orientierungspunkte dienen bestimmte Fixsterne. Wenn er recht hat, weisen alle Linien auf einen Punkt rund zweihundertdreißig Kilometer südöstlich von hier, 73 Grad südlicher Breite, 115 Grad östlicher Länge. Laut unseren Karten handelt es sich um einen weitgehend unerforschten Abschnitt von George-V-Land. Dort dürfte sich eigentlich nichts befinden außer Eis.
Nervosität im Team, seit klar ist, dass nach menschlichem Ermessen weder Felssäule noch Sternkarte existieren dürften. Letztere müsste in prähistorischer Vorzeit, lange vor der Ankunft des Menschen, in den Fels gehauen worden sein, was Nahrung für errege Diskussionen bietet. Großteil der Mannschaft vermutet, wir könnten einem geschickten Fake zum Opfer gefallen sein, eingefädelt von den norwegischen Kollegen, die uns eins auswischen wollen. Ein solcher Betrug wäre allerdings nur mit absurd hohem Aufwand zu realisieren. Darüber hinaus ist mir schleierhaft, welches Interesse jemand daran haben sollte, ein kanadisches Forscherteam hereinzulegen. Außerdem: Selbst wenn die Chance, dass wir auf ein echtes Rätsel aus der Frühzeit der Erde gestoßen sind, nur 0,01 Prozent betrüge – wir wären erbärmliche Wissenschaftler, wenn wir nicht versuchten, mehr darüber herauszufinden! In Ermangelung zusätzlicher Geräte, mit denen wir die Umgebung der Bohrstelle durchleuchten können, gibt es leider nur eine Möglichkeit, dies zu tun …
Hilmar wird mit dem angeforderten Material frühestens in einer Woche in McMurdo landen. Ich habe daher beschlossen, unser Lager hier vorläufig abzubrechen. Die Koordinaten der Stelle, die Aksel ermittelt hat, sind ins Navigationssystem eingegeben, Treibstoff ist ausreichend vorhanden.
Wir fahren nach Südosten! Entweder ist dort nichts als Eis, und wir stellen fest, dass man uns zum Narren gehalten hat –, oder wir finden einen weiteren Mosaikstein auf der Spur eines unvorstellbaren Mysteriums.
22. März 2013 (abends)
Den ganzen Tag gut vorangekommen. Gegen Abend Lager im Schutz einer halbkreisförmigen Felsformation aufgeschlagen. Nervöse Erregung innerhalb der Crew hält an, aber alle arbeiten zuverlässig, sind gut aufeinander eingespielt.
Beim Abendessen im Hauptzelt fragte ich Li nach ihrer persönlichen Meinung. Sie gestand, ratlos zu sein, was den Ursprung der Felsnadel sowie der Markierungen auf deren Spitze angeht. Ich hatte den unbestimmten Eindruck, dass sie den Gedanken an einen Fake weitaus angenehmer findet als die Möglichkeit, es könnte sich um etwas Reales handeln. Ihr Gesichtsausdruck, als sie sich nach unserem Gespräch in ihr Zelt zurückzog, machte mich nachdenklich.
Li ist eine toughe Frau, sie hat etliche Expeditionen mitgemacht und viel von der Welt gesehen. Aber als sie mir Gute Nacht sagte, sah ich Angst in ihren Augen.
23. März 2013 (morgens)
Große Aufregung! Nachdem ich Befehl zum Abbau des Lagers gegeben hatte, entdeckte Anders Ringsberg, einer der beiden schwedischen Fahrer, die uns begleiten, unter seinem Zelt einen sonderbaren Umriss im Eis. Am Abend zuvor, als er den Schnee an der betreffenden Stelle weggefegt hatte, war das Licht offenbar nicht mehr gut genug gewesen. Erst jetzt machte er darunter einen dunklen Schemen aus, der von einer dicken Eisschicht bedeckt ist. Viel ist nicht zu erkennen, das längliche Ding könnte alles Mögliche sein: ein abgestorbener Baum, eine tote Robbe oder auch ein großer menschlicher Körper.
Das einzige Problem ist, dass es hier auf dem antarktischen Festland nichts von alledem gibt.
Habe angeordnet, das Lager vorerst an Ort und Stelle zu belassen, und
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