Schummeln fuer die Liebe
viel zu tun. Da entwickelt sich jetzt einer der berühmten Kräche zwischen Papa und Mama. Dauert mindestens zwei Stunden und löst sich dann in Luft auf. So ist es jedenfalls meistens. Ich nehme Tonkibei der Hand und gehe mit ihr aus der Gefahrenzone. Wir setzen uns vor die Glotze und mampfen Haferflocken mit Milch. Diese blöden Chicken McNuggets halten einfach nicht allzu lange vor.
Ich bin richtig froh, dass ich am nächsten Morgen wieder in die Schule darf. Es ist gnadenlos anstrengend. Die Haferkamp läuft zu absoluter Hochform auf, wir schreiben eine Bio-Ex und in Chemie fängt was völlig Neues an, bei dem ich nur Bahnhof verstehe. Recht so, denke ich, endlich füllt sich mein Kopf mal wieder mit einigermaßen normalen Gedanken. Und zwar bis zum Rand. Wunderbar!
Auch Flo und Baxter sind von der Schule völlig in Beschlag genommen. Die Woche flutscht nur so dahin. Am Freitag werden wir noch in Erdkunde geprüft, ich komme natürlich dran. Vier minus. Es ist zum Aus-der-Haut-Fahren.
Aber ich habe nicht lange Zeit, mich darüber aufzuregen. Jetzt kommt das Wochenende und da ist jede Menge los. Es fängt mit Johanns Geburtstagsfete heute Abend an und hört am Sonntag mit unserem
Tag der offenen Tür
auf. Also null Zeit für die Schule. Teresa ist schon den ganzen Vormittag völlig von der Rolle. Sie will Flo am Abend mit einem komplett neuen Outfit überraschen.
»Der muss doch endlich mal merken, dass ich ein Mädchen bin!«, sagt sie und rutscht auf ihrem Stuhl hin und her.
Es ist die letzte Stunde und die haben wir ausgerechnetbei der Haferkamp. Sie nimmt Teresa zweimal dran. Jedes Mal ist es eine Katastrophe.
»Die gönnt einem auch nicht das allerkleinste Vergnügen, die alte Trockenpflaume!«, flüstert Teresa mir zu und kriegt prompt eine Strafarbeit aufgebrummt.
Hat die etwa verstanden, was Teresa gesagt hat? Ich beobachte den alten Drachen genau. Aber sie sieht aus wie immer. Normal genervt halt. Ob die Haferkamp einen Freund hat? Darüber habe ich mir bis jetzt noch nie Gedanken gemacht. Wer könnte zu so einer passen? Ich versuche, mir einen Mann vorzustellen, der dieses Etwas in dem sackartigen braungrünen Hosenanzug in den Arm nimmt, zärtlich durch die rausgewachsene Dauerwelle streichelt und einen Kuss auf den ständig schlecht gelaunten, verkniffenen Mund drückt. Mir fällt keiner ein. Nicht mal Latein-Schäfer mit den vorsintflutlichen Pullundern kommt infrage. Ich kneife die Augen ein bisschen zusammen und versuche, mir auszumalen, wie sie mit einer anderen Frisur aussehen würde. Was sie wohl für eine Figur unter der Kartoffelsackkleidung hat? Und wenn sie lächeln würde? Hm! Ich glaube, mit ein bisschen Mühe könnte sogar die Haferkamp einigermaßen gut aussehen.
»
Miss Lohmaier!
« Ich zucke zusammen. Die schneidende Stimme kann man jedenfalls nicht ändern. Als ich ihre Frage wie aus der Pistole geschossen beantworte, fallen ihr fast die Augen aus dem Kopf. Irgendwie bin ich in letzter Zeit besser in Englisch. Woran das wohl liegt? Ich grinse und die Haferkamp durchbohrt mich mit ihrem Blick. Statt sich zu freuen, echt!
Wolke sieben wohnt im Keller
Als es endlich bimmelt, haben wir das Gefühl, wir hätten es auch keine Millisekunde länger ausgehalten. Teresa und ich gehen gleich von der Schule aus in die Stadt. Wir müssen noch einiges besorgen. Zuerst ein Geschenk für Johann. Ich schlage vor, dass wir ihm zusammen eine CD kaufen. Wir gehen in ein großes Medienkaufhaus. Da kann ich mir unauffällig alles über
Brit-Pop
,
Grunge
und
Indie-Labels
erklären lassen. Ich stelle mich ein bisschen blöd und Teresa erklärt und erklärt. Was für ein Glück, dass sie so gern plappert.
Dann brauchen wir noch ein bisschen was zum Verschönern von uns selbst. Wimperntusche und all so was.
»Du wirst heute Abend superschön sein!«, sagt Teresa entschieden. »Vielleicht triffst du ja einen netten Jungen und kommst endlich über diesen Raoul hinweg.« Sie guckt mich dabei nicht an, sondern fummelt an dem Ständer mit den Lidschatten herum. Sonst würde sie sehen, dass ihre Freundin die Farbe vollreifer Tomaten annimmt. Als sie sich endlich umdreht, sehe ich längst wieder normal aus.
»Lass mich mal deine Augen sehen!«, sagt siefachmännisch und inspiziert meine Pupillen wie ein Augenarzt.
»Hier, probier mal das!« Das Zeug ist grün. Ich habe Angst, dass ich damit aussehe wie ein Papagei. Aber Teresa hat wirklich Geschmack. Sie trägt es mir auf. Nicht zu wenig und nicht zu
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