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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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seines Stuhles gerutscht. »Und dann? Haben Sie ihr die Pläne gezeigt?«
    »Ich sagte ja, ich
hatte Mühe, sie zu finden, und genau das Blatt, das sie interessiert hätte, das
gab es nicht.«
    »Damit wir uns recht
verstehen. Wir reden von den Aufzeichnungen über Drainagen, die wahrscheinlich
um 1920 ausgeführt worden sind?«, hakte Volker nach.
    »Ja, natürlich reden
wir darüber, aber über diesen so genannten Obermeier-Boden gibt es keine
Aufzeichnungen.«
    »Und das heißt …«,
rief Volker triumphierend.
    »… dass der Boden,
sofern da Drainagerohre drinliegen, schwarz drainiert wurde«, ergänzte das
Pferd und fuhr fort: »So ungewöhnlich ist das nicht, ich hab die ganze
Aufregung nicht so ganz verstanden. Vor allem, weil dann auch noch dieser
Journalist gekommen ist.«
    »Ein Journalist?«
Volker geriet in Hochstimmung.
    »Ja, dieser Marcel
Maurer, der immer als ›mm‹ in der AZ schreibt, der hat sich auch brennend für die Pläne interessiert! Ich weiß ja
nicht, was das alles soll.« Die Sachbearbeiterin zupfte ein welkes Blatt vom
siebten Weihnachtsstern in der Reihe und schaute Volker Reiber fragend an.
    Aber von dem kam
wenig Hilfe. Er war schon aufgesprungen, hatte seine Hose in Fasson gezupft,
bedankte sich und flog die Treppen geradezu hinunter. Mit quietschenden Reifen
startete er zum Tourismusbüro nach Immenstadt.
    Als er dort ankam,
hatte er ein eiskaltes Gesicht aufgesetzt. Passend zu den Temperaturen, denn
der angekündigte Frühling ließ sich bitten.
    Patrizia Lohmeier
stand am Tresen des Büros und versuchte gerade, einem Ehepaar – der Sprache
nach aus dem sehr hohen Norden – klarzumachen, dass sie nun mal keine
Wettergarantie geben könne.
    »Ich kann Ihnen gern
die Beförderungsbedingungen der Bergbahnen vorlesen: Schneefall ist kein Grund,
einen Skipass zurückzugeben. Im Gebirge ist nun mal mit Schneefall zu rechnen.«
Sie konnte sich die Anmerkung offenbar nicht verkneifen. Ihre Laune schien weit
unter null zu liegen.
    Das Ehepaar stieß
noch ein paar wüste Beschimpfungen aus und ging.
    »Puh!« Patrizia
Lohmeier atmete tief durch und maulte vor sich hin: »Da kommen die aus
irgendwelchen norddeutschen Tundren kurz vor der Packeisgrenze und wollen
schönes Wetter gebucht haben. Himmel!«
    Sie wappnete sich
vor dem nächsten Kunden und schaute Volker Reiber durchdringend und alles
andere als beeindruckt an. »Sie schon wieder. Ich nehme nicht an, dass Sie auch
einen Skipass retour geben wollen?«
    »Weniger«,
antwortete Volker, »ich muss Sie wegen des Mordes an Herrn Rümmele noch mal
sprechen.«
    »Ich habe Ihnen doch
schon gesagt, dass ich mit Peter Rascher heimgefahren bin und keinen Grund
gehabt hätte, Herrn Rümmele zu ermorden.« Sie sah Volker weiter herausfordernd
an.
    »Das bezweifle ich«,
sagte Volker und bemühte sich um einen strengen Tonfall, »nicht, dass Sie mit
Herrn Rascher heimgefahren sind, aber ich bezweifle, dass Sie keinen Grund
gehabt hätten, Herrn Rümmele zu ermorden.«
    »Wieso? Was soll das
heißen?« Patrizia Lohmeier hob die Hand zu einer laschen Bewegung, die Volker
bedeutete, zu ihr hinter den Tresen zu kommen. Sie schob ihm einen Drehstuhl
hin und ließ sich auf einen anderen sinken.
    Volker setzte sich
und blickte sie lange durchdringend an. Dann entfaltete er langsam und
provozierend einen Zettel. »Hier steht, dass Sie auf der ehemaligen
Obermeier-Wiese ein Grundstück gekauft haben. Von der Rümmele-Bau.«
    »Wenn das da steht,
wird es ja wohl stimmen«, blaffte Patrizia Lohmeier ihn an, »und was soll das
mit dem Mord zu tun haben?«
    Volker ignorierte
ihre Frage. »Außerdem waren Sie im Wasserwirtschaftsamt und haben sich nach
Plänen Ihres Grundstücks erkundigt.«
    Patrizia wurde blass
und schwieg.
    »Da Sie wahrscheinlich
kein archäologisches Interesse getrieben hat, sage ich Ihnen jetzt mal, was es
war. Sie haben von Herrn Rümmele einen Bauplatz gekauft, der sich als Moorgrund
entpuppt hat. Sie wollten herausfinden, ob Herr Rümmele Sie wissentlich
übervorteilt hat. Da aber keine Pläne existieren, der Boden also schwarz
drainiert wurde, ist die Beweisführung ungleich schwieriger. Sie hätten viel
mehr Geld gebraucht, das haben Sie aber nicht. Sie sind wütend geworden und
haben Herrn Rümmele umgebracht.«
    Patrizia Lohmeier hatte
Tränen in den Augen und suchte nach einem Taschentuch. Volker gab ihr eins,
weiß, mit Monogramm.
    Sie schnäuzte sich.
»Das mit dem Boden stimmt. Er ist schwarz drainiert worden, und die

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