Schussfahrt
Rümmele-Bau
behauptet, davon nichts gewusst zu haben. Ich habe die Sache meinem Anwalt
gegeben, eigentlich wollte ich vom Kauf zurücktreten. Mein Anwalt versucht, das
durchzudrücken. Wegen verdeckter Mängel oder so. Aber deswegen ermorde ich doch
Herrn Rümmele nicht!«
»Zumindest haben Sie
den Fall an die Presse gegeben«, rief Volker.
Sie begann schon
wieder zu weinen.
»Stimmt es denn
nicht, dass sich ein Herr Marcel Maurer auch für die Pläne interessiert?«,
insistierte Volker.
Patrizia Lohmeier
schnäuzte sich noch mal. »Ja, schon, Marcel ist mein Freund und hat das alles
natürlich mitbekommen.«
Volker war wieder
auf die Stuhlkante gerutscht. Wie sich doch eins zum anderen fügte, dachte er.
»Und der Herr Maurer witterte natürlich sofort einen Skandal und ist mit
journalistischem Feuereifer an die Recherche gegangen. Vielleicht hatte Ihr
Freund ja einen Grund, Herrn Rümmele zu ermorden?«
Sie hielt mitten im
Schnäuzen inne. »Marcel? Marcel! Der ermordet doch niemanden, bloß weil seine
Freundin betroffen ist.«
»Aber er kannte
Herrn Rümmele?«
»Ja, und wenn Sie es
genau wissen wollen, er mochte ihn nicht. Herr Rümmele hat öfter Marcels
Recherchen erschwert. Aber das tun viele. Dann müsste er ja dauernd jemanden
ermorden.«
»Es soll schon
vorgekommen sein, dass der Leidensdruck irgendwann zu hoch wird. Sie kennen das
Sprichwort mit dem Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt?«, fragte Volker
provokant.
Sie war wieder in
ihren Stuhl zusammengesunken.
»Frau Lohmeier, ich
würde Sie bitten, mich um fünfzehn Uhr im Präsidium aufzusuchen und Herrn
Maurer mitzubringen. Sollte er nicht kommen, lass ich ihn holen. Das ist mein
Ernst. Punkt fünfzehn Uhr!«
Volker Reiber
verließ grußlos das Büro, und wieder fuhr er im Kavaliersstart an, Schneematsch
und Kieselsteinchen wie eine Salve auf das Fenster des Tourismusbüros
abfeuernd. Er war überaus aufgeräumt. Nun kam doch Schwung in die Sache. Beim
Wort »Journalist« hatte sich das Buch der Erinnerungen prompt auf der richtigen
Seite geöffnet. Er wusste sofort, dass Frau Rümmele neben diesem Ökolehrer
Rascher und dem Bauerntrottel Obermeier auch die Presse der Feindschaft
bezichtigt hatte. Das wollte er doch noch mal genauer hören.
Als er vor dem
Anwesen der Rümmeles hielt, war Denise Rümmele gerade dabei, in ihren Fiat
Barchetta zu steigen, was angesichts des superengen Rocks zur akrobatischen Leistung
gedieh. Als sie Volker aussteigen sah, beendete sie ihre erfolglosen
Bemühungen, unters Lenkrad zu gelangen.
»Das passt mir
etzdala gar nicht«, schmetterte sie Volker entgegen, und den beiden Minihunden
passte es wohl auch nicht, denn die umkreisten wild kläffend Volkers Beine. Sie
überkugelten sich vor lauter Eifer, das Frauchen zu beschützen.
»Rattenpack!
Ungeziefer«, stieß Volker aus, aber so, dass es Denise Rümmele nicht hören
konnte.
Er inszenierte
seinen schönsten Augenaufschlag. »Gnädige Frau, entschuldigen Sie, dass ich Sie
inkommodieren muss, aber es dauert nur wenige Minütchen.«
Denise Rümmele
schaute ungnädig und lehnte sich dann malerisch an das Hardtop ihres Cabrios.
Sie trug ein Kopftuch im Grace-Kelly-Look und eine diamantenbesetzte Sonnenbrille,
mit der sie an der Côte d’Azur auf jeden Fall Ehre eingelegt hätte. Volker nahm
zumindest an, dass die neckisch funkelnden Steinchen keine Glasperlen waren.
Auch das kurze Pelzjäckchen befand sich mit Sicherheit in der Preislage eines
Kleinwagens.
»Gnädige Frau«, hob
Volker an, »Sie hatten doch erwähnt, dass neben Herrn Rascher und Herrn
Obermaier auch ein Journalist …«
Denise Rümmele
entledigte sich der Brille und strahlte Volker Reiber an. »Hanoi, es geht gar
nicht um mich. Ja denn, nein wirklich, es passt ganz ausgezeichnet. Für Sie
doch immer, gell. Maurer sage ich nur, Maurer heißt dieser Schmierfink.
Widerlich, diese Schreiberlinge. Schreibt der doch seit Wochen über das Event
Castle und behauptet, dass mein Mann«, sie schniefte theatralisch, »Gott hab
ihn selig, nur Zulieferfirmen mit ins Boot geholt hätte, die Schmiergelder
bezahlt haben. Des geht doch net!«
»Das hat er wirklich
so geschrieben?«
Frau Rümmele verzog
das Gesicht angewidert. »Hanoi, was weiß denn ich, ich lese so was doch net.
Jedenfalls sinngemäß hat er das gemeint, und außerdem war er bei uns hier zu
Hause. Stellen Sie sich vor, kommt der einfach unangemeldet her und ist
regelrecht eingedrungen. Mein Mann – Gott hab ihn selig –
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